Ein Wort an unaere Glaubensgenossen. 9

dem andern haben eie sich vom Kampfplatz und vom öffentlichen Leben zurückgezogen, und fast aus­nahmslos mit Unehre, zurückgezogen. Wenn Ver­worfenheit und sittlicher Defekt der Urheber ein Beweis für die Schlechtigkeit der Sache ist, so sollte der Antisemitismus gerichtet sein, und nur noch der Geschichte der menschlicher Verirrungen an­gehören. Und bei oberflächlicher Betrachtung scheint es in der Tat, als ob die Zeit einer solchen Auffassung nicht mehr fern wäre.

[_Aber es scheint auch nur so. Jene Hetzer konnten in der Tat gehen, denn sie hatten ihre Schul­digkeit nur zu gut getan. Der Same, den sie aus­gestreut hatten, ging auf und schlug Wurzel im deutschen Volke es bedurfte keiner weiteren Pflege mehrj So erklärt sich einfach der Gegen­satz zwischen der Beruhigung der Oberfläche und der Gährung in der Tiefe: der geräuschvolle Appa­rat konnte wegfallen, denn er hatte seinen Zweck erfüllt. f

/JDaß aber wirklich durch jene fanatischen Leh­ren das ganze Volksleben vergiftet ist, daß Haß und Neid unsre Schritte verfolgen, daß wir Juden in weiten Kreisen der Bevölkerung verachtet, ge­haßt, mindestens, aber als-Fremde und nichtals - ebenbürtige Mitbürger betrachtet werden, darüber können wir uns keinem Zweifel hingeben; mit Schmerz aber sehen wir diese Gefühle gerade bei den gebildeten Ständen sich kundgeben. J