BERLIN, im August 1897.

Bericht der Grossloge für

u. o. B. B.

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Nachdruck sämmtlicher Artikel aus diesen Berichten- v-er b p t e ji.

Fernsprecher: D. Wolff, VI, No. 4619, Wilhelmstrasse 118.

Innere Kolonisation.

Mit kurze/Zusammenfassung der Beweggründe, die der deutschen Judenschaft es zur dringenden Ehrenpflicht machen, die Sesshaftmachung jüdischer Landwirthe auf vaterländischem Boden nach Kräften herbeizuführen, wie ich sie früher bereits eingehender geschildert habe, muss ich wieder beginnen

So sehr Selbstgefühl und Selbstachtung von uns heischen, dass wir gegenüber der ebenso schmerzvoll von uns empfundenen, als unverdienten Zurücksetzung im politischen und gesellschaftlichen Leben strenge Zurückhaltung üben, so gebieterisch muss sich andererseits die Xothwendigkeit von der Erfüllung unaufschiebbarer Obliegenheiten uns auf­drangen. Die verfassungsmässig verbrieften Rechte legefn selbst dann, wenn bekannte^ Strömungen in der Praxis. sie zum grossen Theil illusorisch machen, es -uns auf, dass wir - auf illen Arbeitsgebieten derNation uns betheiligen. Besondere trifft dies dort zu, wo es die Hauptbeschäftigung unseres Volkes gilt, die Arbeit, die sein Lebensnerv ist und immer bleiben wird. Das ist die Landwirthschaft.

Neben der patriotischen Erwägung entsteht dieselbe Forderung aus wirtschaftlichen Gründen. Die Ernährungs möglichkeit wird den Juden überall verkümmert und abge schnitten. Wenn die Masse von ihnen nicht physisch und moralisch" herabgedrückt werden soll, müssen anderweitige Erwerbszweige, als die bisherigen, für sie eröffnet werden Hier hilft nicht einmal das Ueberläuferthum.

Der zu beschleunigende Uebergang zum Landbau is^ endlich für uns efti soziales Gebot; denn städtische und ländliche Interessen, städtische und ländliche Anschauungs­weise^ weichen naturgemäss von einander ab. .Tritt noch die Unterscheidung nach der religiösen Auferziehung hinzu, so istileicht erklärlich, dass die in überwiegender Anzahl in Stäkten wohnenden Juden der ländlichen Bevölkerung als fremde, nicht zur Nation gehörige, drohnenhafte Elemente dargestellt werden können. Wenn man erwähnt, die judenhassende Bewegung mache in ihren widerlichsten Formen doch gerade in den ^Grossstädten sich geltend, so ist darauf zu erwiedern, dass die Einwohnerschaft dieser Städte zu einem hohen Bruchtheil vom Lande aus sich ergänzt. Namentlich nehmen die Städte auch solche Offiziere, Geistliche, Beamte, Lehrer in sich auf, die dorthin mit in der Jugend auf dem Lande gewonnenen Eindrücken und. Vorurtheilen gelangen, oder, die sich dem Dunstkreis der Ueberhebung und des Machtgelüstes nicht zu entziehen vermögen, der in dem sie umgebenden Milieu vorherrscht.

Dem dreifachen dem. patriotischen,: yirthsthaftlich'en sozialen Gebot, das uns auf Bodenkultur und jdie zuge­hörigen Gewerbe hinweist, tritt nun der Kleinmuth entgegen.

Da wurde gesagt: Die Juden, waren so lange den Beschäftigungen der Landwirthsch'aftt entzogen, dass) sie nach Generationen erst darauf vorbereitet' und dazu geeignet sein dürften. Demgegenüber wird auf - die Lebenskraft des jüdischen Stammes verwiesen, gegen die Bedrückungen, Verfolgungen und Niedermetzelungen in Jahrtausenden nichts auszurich ten vermochten. : Hiermit ausgerüstet sollte die Stärke des gegenwärtigen Geschlechts nicht ausreichen man beginnt doch nicht glöich..mit .Massen-Siedelungen zunächst eine kleine Zahl deutscher Juden der Landbebauung zuzuwenden? Man sehe doch nach Osteuropa ! Dort ist ein überwiegeider Theil der israelitischen Bevölkerung als Z-ounerleute, Maurei, als Lastträger.-Fühi feute und in anderen derartigen Berufen beschäftigt. In Deutschländ sind jüdische Handwerker erst in diesem Jahrhundert zugelassen. * Unter­scheiden sie sich etwa , von alnderen Handwerkern in Tüchtig­keit und Leistungsfähigkeit?" Und darin. 6ÖOO Menschen, die in änderen Lebensstellungen uqd'Arbeitszweigen in anderen Ländern thätig waren, haben,'nach anderthalb Jahrzehnten in 25 palästinensischen Dörfern.' einen, Beweis erbracht von Ausdauer. Kraft und Hingebung, der überall Bewunderung hervorrief. Ein Werk wurde mit Beseitigung unausgesetzter Schwierigkeiten von elementarer " Gewalt, hergerichtet, das siegereich dafür zeugt: - Israel ist, ."wie in * alten Zeiten so auch heute, in bevorzugter Weis«'für Agrikultur-.und Horti- kultur-Arbeit jedweder'Art geeignet, rr- \ c *

Nun sagen die Kleinmü'thigeh.:. Dje "stärke Beteiligung am Handwerk u. w. dgl. üi. ist. freilich Thatsache und auch in Deutschland stehen die jüdischen Gewerbtreibenden ihren Kollegen in nichts nach- Mleiti für die Landwirthschaft ist der Hinweis auf das, was russische, rumänische und einge­borene Israeliten in PalästinaTeteten, noch nicht maassgebend. Denn wir sehen, dass in Argentinien, die Sache nicht so rasch vorwärts ging. Erst in neuerer Zeit läuten die Berichte von dort befriedigender. Und die Versuche mit Einwanderern in den Vereinigten Staaten und Canada, haben noch keine glänzenden Ergebnisse gezeitigt. Endlich beweisen die in Noth und Drangsal aufgewachsenen osteuropäischen Israeliten noch nichts für die unmittelbare " Befähigung der Deutschen zur Landarbeit. " '*..>» " ;

Indess diese Einwände müssen wir doch der Reihe nach

- . . * > .>-"'" » zerpflücken. Dass die ersten Unternehmungen m Argen-