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_ tinien nicht glückten, ist neben mancherlei sonstigen Ursachen vor AlleTn darauf zurückzuführen, dass man ohne gehörige Sichtung und zwar in nicht geringer Anzahl Leute zuliess. die ^r Klasse der Abenteuerer und schlauen Berufsbettler zuzuzählen waren und zu nichts weniger berufen erschienen, als efne neue Aera jüdischer Ackerbau-Kolonien einzuleiten. Von solchem Material war nichts anderes zu erwarten, als gründliche Niederlage! — Aber in welchem' Stamm, in welcher Rasse, in welchem Volk, in welcher Klasse giebt es solche Elemente nicht? Es war die Schuld derer, die fco schlecht Auswahl zu treffen wussten. — Sie machten den weiteren Fehler, an die Spitze der Administration Männer zu berufen, die sprachlich kaum mit. den Einwanderern sich '■zu w:->:ändigen vermochten., sowie über deren Anschauungen und Gewohnheiten völlig im Unklaren sich befanden. — Das sind so schwerwiegende Fehler, dass man über mangelhafte Kulturenpfleu r e. und was sonst etwa verabsäumt wurde, gar nicht erst nachzudenken braucht. — Nachdem geeignetes Menschen-Material an Stelle des früheren zugelassen worden und die Verwaltung zweckmassiger arbeitet, wurden inzwischen bessere Resultate erzielt.
In Beziehung: auf missglückte Siedlungen in Dacota muss hervorgehoben werden, dass_ auch dieses Ergebniss vorauszusehen war und selbst dann eingetreten wäre, wenn statt der hergelaufenen Sammelschaft nur ernsthafte Kolonisten -zugelassen worden wäfceri. — Ich habe in. einem Werke, das zu anderen Zwecken geschrieben worden ist.*) bereits 18.S») u. A. bereits gesagt: ..Der technische Vorsprung, den .Nordamerika gewann, ist nicht auf Charaktereigenschaften der Bewohner und auf das Klima allein zurückzuführen. Die geringere Dichtigkeit der Bevölkerung war hierbei von hervorragendstem Einfluss. Weil die Handarbeiter fehlten, verschaffte man sich die eisernen Sklaven und ermöglichte auf diese Weise die Massenproduktion des Korns, die Bewirtschaftung der weiten Länderstrecken. Henry George zeigte, dass während vor wenigen fahren ein Gut von 320 Morgen in-der Union als ein grosses betrachtet wurde, es jetzt in Kalifornien Landgüter.(keine Viehweiden) bis zu 60.0 "> Morgen gäbe "und die Normalgrösse in Dacota 1O0.' 'i)' > Morgen betrage. "Gegen solchen maschinellen Grossbetrieb kann die herkömmliche, manuell betriebene Landwirtschaft nicht autkorrjmen. so wenig wie Handweber gegen mechanische Webereien, wie Schuhmacher gegen Stiefelfabriken". Seit einem- Jahrzehnt haben sich die Zustände noch weit mehr Zugespitzt. Nicht also ist es zu verwundern, -dass dem maschinellen Grossbetrieb und Gross- kapitalismüs gegenüber laeuangesiedelte Kleinbetriebe zu Grunde gehen mussten. • Die russisch-jüdischen Emigranten würden, wie gesagt, dort selbst dann nicht aufgekommen sein, wären sie auf dem Lande und "in der Land wir thschaft aufgezogen gewesen.
Kopflose Unternehmungen besitzen keinen Anspruch auf Erfolg. Aber man darf daraus kein Unheil über den Befähigungsgrad der israelitischen Bevölkerung zum Ackerbau ableiten: Die s<[uatters, die in der Geschichte Amerikas und seiner Entwickelung sicherlich einen bedeutsamen Platz einnehmen, zogen einsam in den Urwald. Unter den __ :
•) Gustav Tuch, Der erweiterte Deutsche Militärstaat in seiner socialen Bedeutung. Leipzig. Dur.cker u. Humblot.
schwersten Entbehrungen, im^Kampf mit wilden Stämmen, mit Thieren und mit der Natur, haben sie allmählig das Land für die KuUur errungen, dessen wirtschaftliche Bedeutung heute in erster Stelle steht. Aus ihnen ist eine machtvolle, hochragende, freie Bevölkerung hervorgegangen. Nicht die ersten Pioniere schufen dies Werk; indess immer stärker wurde der Nachwuchs. Den unausweichlichen Opfern, die gebracht werden müssten, entsprach der von der Intelligenz, dem Willen und der Kraft der Menschen * errungene Sieg. Das sind ganz andere Leistungen, als was hier in Deutschland gesehen soll. Solchen Vorbildern gegenüber wollen einige Schwachmüfhige uns einreden, israelitische Deutsche besässen nicht so viel Widerstandskraft, um im eigenen Vaterlande die Scholle bearbeiten zu können! Bereitet ihnen etwa das Klima Schwierigkeiten, die Un- wirthlichkeit der Berge und Thäler und Wälder, schrecken sie die Hindernisse der reissenden Ströme und Schluchten, oder die Bekämpfung des Wildes u. dgl. m.?
Zwar dies Alles kommt nicht in Betracht: dennoch ruft man: ..Verhältnissmässig Wenige von ihnen sind bisher als praktische Landwirthe thätig gewesen; die Anzusiedelnden kennen die Art der Arbeit und des Betriebes nicht." — Wir wollen es einmal annehmen. Aber diese Thäligkeit, lässt sich erlernen und die geistigen Vorbedingungen zur Erlernung und zweckmässigen Verwerthung des Erlernten sind bei den Unsrigen in vollem Maasse vorhanden. So ganz
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gering ist die etliche Tausejnde umfassende Zahl der jüdischen Landwirthe, Bauern und Hilfsarbeiter übrigen's doch nicht.
Und wenn von diesen und mit ihrer Hilfe allein die Ueber-
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leitung weiterer Kräfte zur Bodenbearbeitung nicht stattfinden kann, so wird es unter der Führung nichtjüdischer Deutscher geschehen können. Von besonderer Wichtigkeit ist aber, dass wir in Ahlem bei Hannover eine israelitische Erziehungsanstalt- besitzen, die junge Leute zur Gärtnerei, zur Obstkultur, zum Ackerbau ausbildet. In Anlehnung an dieses vorzügliche Institut, in der Zusammenwirkung mit ihm, das schon jetzt Vorarbeit für innere Kolonisation leistet, und in der Fühlung, die wir mit verschiedenen Kreisen des Gross-, des mittleren Grundbesitzes und der Kleinwirtschaft besitzen, besteht für uns die Gewähr, dass die systematisch geleitete Sesshaftmachung eines weiteren Theiles unserer Stammesgenossen,auf deutscher Erde erfolgreich sein muss.
Nun taucht jedoch ein neues Bedenken auf. Man solle, so wird gesagt, allenfalls der Gärtnerei sich zuwenden, die Theilnahme am Ackerbau aber auf spätere Geschlechter vertagen. — Insofern Gärtnerei in ihren verschiedenen Zweigen, eben' so. gut wie Obstkultur und Weinbau, zur Landwirthschaft gehört, und insofern Deutschland einer Vermehrung und der vernunftgemässen Obstkultur dringend bedarf, sind wir gewiss einverstanden, dass unsere jüdische Bevölkerung an diesen Arbeitszweigen entsprechend sich betheilige. Wenn man aber verbreiten will, wir bedürften dieser Durchgangsetappen zu den schwereren Leistungen des Ackerbaues, so weisen wir diesen leichthin gethanen Ausspruch zurück. Wenn schon jetzt mehrere Tausende im Hauptberuf als Landwirthe selbstständig, sowie als Beamte und-Hülfsarbeiter beschäftigt sind, während auf die Heranziehung zu diesen Leistungen überall kein Einfluss geübt wurde, so ist damit volJgütig bewiesen,' dass es nur der aufmerksamen Umschau und Leitung bedarf, um eine
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