Jüdisches Gemeindeblatt

für die Israelitischen Gemeinden In Württemberg

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Angemeldet beim Sonderbeauftragten dea Reichs­ministers für Volksanfklirung und Propaganda betr. L'eberwachung der geistig nnd kulturell Hilgen Juden Im deutschen Reichsgebiet

XIV. Jahrgang

Stuttgart, den 16. Januar 1938

Nr. 20

Getrost zum strahlenden Licht!

Zum ..Neujahrsfest der Bäume" am 17. Januar

Lautlos rinnen die kurzen Tage, tauchen aus langem Morgendämmern auf, gleiten in frühes Abendgrau zurück, viele und immer einander gleich, bis es uns scheint, das win­terliche Leben sei rascher als das geworden, das uns der Sommer geschenkt hat.

Da bleibt mitten zwischen dem Kerzenglanz der Chanukkah-Abende und dem dankbaren Jubel der Megillah ein Tag stehen, rührt un­sere Augen an, heißt uns sehen: das ist C h a- m i s c h o h o s s o r b's c h w a t die Bäume spüren den Segen des Safts. Diesmal ist es am 17. Januar.

Sie spüren ihn früh. Lange, ehe wir noch die ersten Knospen gewahren, kommt ihren harten, winterstarren Zweigen die Stunde des Wachseins. Der Tag kommt, der ihnen sein Bereitet euch!" zuruft; ihre schlanken Ger­ten dehnen sich, ein rötlicher Hauch läuft über sie hin, im Winterdunst atmen sie schon ein Kommen und ein seliges Sollen. Lange vor uns.

Ist es darum, weil sie lange vor uns auf die junge Erde gerufen wurden, weil schon der dritte Schöpfungstag ihnen die Gnade des Lebens brachte? Drei unendlich große Tage früher als uns erkannte sie Gott als sein Werk an und sah, daß es gut war:. . . Frucht­baum, der nach seiner Art Frucht trägt." So kam der Baum zu seinem eigenen Gesetz; so wurde auch er verpflichtet, seinen Dienst zu tun und aus seinem eigenen, ihm zuge­drängten Leben auf dieser Erde zu sein. Die Weltfrühe der Schöpfung rührt uns im Win­tertag aus seinem Sich-Bereiten an.

Und wenn wir das ganze Jahr hindurch blind an den Zeugen lebendigen Da-Seins auf Gottes Erde vorübergingen, und wenn wir vor Blütenzweigen und schweren Frucht­ästen nichts spürten als nur, daß sie schön zu sehen und gut zu essen sind einmal Em Jahre, an diesem Tag des Säftesegens halten uns die Bäume die große Predigt vom Leben, wie es gelebt werden soll. Da steht so ein Baum, tief ruhend auf seinen Wurzeln und weiß, daß er sich selbst vernichten müßte, wenn er von diesen Wurzeln wegwollte; auf seinen Wurzeln steht er, sie halten ihn in der Schicksalsstunde des Sturms, wenn es an sei

Zum 15. Schewat

Wenn es draußen auch noch kalt,

und gefroren Feld und Wald,

träumet doch schon mancher Baum

einen wonnig, süßen Traum.

Ja. er träumt die schönsten Träume

von dem Neujahrsfest der Bäume.

Und er fühlt schon in dem Innern,

wie sich drinnen etwas regt,

das ihn leise läßt erzittern,

das ihm neue Kraft zuträgt.

Und er träumt von Laub und Früchten,

die so gern er tragen will, '

und von schönen Sommertagen

und von Sommernächten still.

Und da streckt die kahlen Aeste

wie zum Himmel er empor

so, als ob er schauen möchte

ob der Vollmond kommt hervor.

Läßt mit seinem hellen Schein

endlich wieder Schewat nun sein

und Erfüllung seiner Träume,

bringt das Neujahrsfest der Bäume!

Marga Karle.

nen Aesten reißt, wenn Blätter und Zweige, wenn Blüten vielleicht oder auch schon Früchte ins Nutzlose weggerissen werden. Die Wurzeln halten ihn die Wurzeln trö­sten ihn, sie verheißen ihm immer wieder Saft und Nahrung, dcJi er wieder neue Zweige, Blätter, Blüten, Früchte treiben darf, nach seiner Art und also unsterblich im wei­ten Gang des Lebens. Die Würzein, dunkel, unsichtbar, aber voll geheimnisvoll sich er­neuernden Lebens, senden immer neu die Kraft hinauf, daß der Baum sein eigenes Le­ben haben darf, sein Glück in dem nährenden Licht, seine sinnvolle Last, wenn die Tage der Frucht gekommen sind, und den Schmerz des Hergebens denn wissen wir, wie weh am Ende dem Baum die Hand tut, die seine Früchte vom lebenden Zweige bricht?

Und wenn Glück und Not vorüber ge­rauscht sind, wenn das langsame Sterben kommt, wenn sich die Winterstarre, der

scheinbare Tod über das Leben der Bäume streckt was dann? Die Wurzeln liegen immer gleich tief im mütterlichen Erdreich, so tief, daß kein Frost sie erreicht. Die Wur­zeln trösten den Baum:(ich schlafenal­lem Lebenden tut im Wechsel seiner Zeit die Ruhe not, die Stille, das Schweigen geh schlafen und glaube :.n das Kommende." Da schläft der Baum ein. getrost. Und" schläft, bis der stille graue Festtag kommt, der ihn" mit neuem Saft segnet, der ihm zuruft:Be­reite dich". Vom 15. Schwat ab lebt der Baum wieder und tut seinen Dienst, dessen Ziel ist: Fruc.ht haben.

Um seines Dienstes willen geht über den Baum der Wechsel seiner guten und schlim­men Tage; um seines Dienstes willen trägt er die Winterhärte, um seines Dienstes wil­len hält er sich bereit.

Chamischoh ossor b'schwat legt uns mitten in den grauen Wintertagen die Hand auf die Augen und heißt uns selten, uns, die wir auch aus uralt starken Wurzeln wachsen und uns bereiten, ihre Säfte in gute Frucht zu ver­wandeln, wenn, wir dazu gesegnet werden. Wir lauschen in den Wintertag des Frühlings­wunders hinein, still, fromm, und bitten um solche Geduld, um solches Wartenkönnen ...

Martha Wertheimer.

jüdisches Leben in Australien

Aus dem neuen Korrespondenzblatt des Hilfsvereins der Juden in Deutschland".

Die Stellung der Juden in Australien ist ähnlich ihrer Stellung in den übrigen engli­schen Dominions. Sie werden als loyale Staatsbürger empfunden, aber man tritt ihnen mit einem gewissen Gefühl der Fremdheit entgegen, was sich nicht in ihrer Stellung im öffentlichen Leben, wohl aber in ihrem gesell­schaftlichen Ansehen und im sozialen Ver­hältnis zur Umwelt auswirkt.

Für die willige und weitgehende staatsbür­gerliche Einordnung der Juden ist der hohe Prozentsatz der jüdischen Frontkämpfer Au­straliens ebenso bezeichnend, wie die Tat­sache, daß der Höchstkommandierende der

Iftre Schiffskarten Reisebüro Siegfried Schwarzschild, SM. ^r.^, r**,»»«

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