Wechselbalgerei verschlingt alles Jntnesse. Es tagen bereit» ge- wissenhafte Prüfungskommissionen zur Feststellung jener dunklen Vorgänge, die ganze Familie Ahlwardt ist mit der Herbeischaffung von Beweis-Akten unermüdlich beschäftigt. Für einige hervor- ragende Männer stehen erftculicherweisr schon Resultate ziemlich sicher. Noch werden Namen wie Pickenbach, Liebrrmann. Schönerer, Elias Kohn, Hugo Löwy, Seemann durcheinander genannt. Stöcker besinvet sich bereits auf der Reise nach Amsterdam, wo die Voranstalten getroffen werden, die jetzt für ihn erforderlich sind, da er an die Stelle des Rabbiner» Hildesheimer rücken muß. Herr von Hammerstein har die Redaktion des Berliner Tageblatts übernommen und ist schon mit seiner ganzen Mischpoche nach der Jerusalemerstraße gezogen. Er ist ganz trunken von seinem neuen Glücke und soll davon sogar auS dem Schlaf mauscheln׳

Unter der jetzigen energischen Regierung in Konfusien ist überhaupt viel geschehen zur Lösung der Judenfrage sowohl wie der Antisemitenfragc. Es steht zu hoffen, daß die Juden aus ihren Ghetto'»: Börse. Medizin. Jurisprudenz, Litteratur u- s w. befreit werden, und daß die Antisemiten ihnen endlich das Recht zugestehen, daß auch unter ihnen, unter den Juden. Schwindler und Spitzbuben sich besindcn dürfen.

König Crisnan Schlaume hat strenge Vorickristen erlassen, welche den Verkehr zwischen den feindseligen Klassen regeln sollen. Sehr verdienstvoll ist z B. die endliche Feststellung des Gebrauchs der vielumstritteneu Worte ״Jsralit" und ,^Jude", die am besten dura, ein Beispiel deutlich werden dürfte: Geld pumpen kann man in Konfusien voa einen Israeliten, zurück de- zahlen aber muß man's dem Juden.

Da die Judenftage ganz wesentlich eine N a s e n f r a g c ist. so tagt zur Leit in unserer Hauptstadt ein medizinischer Kongreß, welchem geeignete operative Eingriffe in jene hervorragende Or- gane des auserwählten Volkes zur Aufgabe gestellt find. Der Zudrang zu den Korrektions-Pollik-Kliniken soll ein außerordent- sicher sein. Leider ist aber bis jetzt noch kein Versuch geglückt, so daß bereits viele der Professoren selbst mit langen Nasen, wie sie sic vordem auch trugen, wieder abgezogen sind.

Es sind Mauschelschulcn für jüdische Kinder unter der Leitung bewährter Ansisemiten gegründet worden- Dadurch wird ein ein großes Hindernis hinweggeräumt, welches bisher noch der Verständigung beider Parteien im Wege gestanden hat. Die Unterschiede in der Aussprache werden auf dieser Art allmählich ausgeglichen. Es har sich nämlich im Laufe der Zeit als ein fühlbarer Mangel geltend gemacht, daß während die gebildeten Ansisemiten sich durchweg des echten nnd edelsten Kehlkopfjargons erfreuen, dieser bei den jüdischen Kindern der Heranwachsenden Generatton leider mehr und mehr verloren geht. Zur Ausfüllung dieser Lücken in der Bildung war die Errichtung des Mansche- l e u m S ein sehr glücklicher Gedanke. Für solche Sinder, die in den richsigen Schwingungen der Daumen zurückgeblieben sind, finden an jedem Schabbesnachmittag besondere Uebungskurse statt. Es verlautet, daß. damit auch dem sirchlichen Sinne Rechnung getragen sei. zur Oberleitung der ganzen Anstalt ein bekannter Geistlicher aus der Muckermark berufen werden solle, der sich schon früher große Verdienste um jüdische Kinder er- worben hat.

Ebensoviel Nutzen wirken dürfte die Handelsschule, welche ursprünglich lediglich für ansisemisisch« Kinder gegründet worden ist und die von einigen zurückgekommenen Kassierern geleitet wird. DaS treffllchc Programm geht aus von dem praktischen Grund- satze. daß der Mensch zum Handeln geboren ist. ES wird sorg- fälliger Unterricht erteill in allen Fächern des Börsenspiels, des Kurstreibeus, Schreien», PrügelnS, der Schiefbcinigkeit. de» flegeligen Droschkenfahrens, der Plaiten und des Durchbrennen», des routtnirten UnauskchlichseinS Nnd der chronischen Tattlosig- krit- Alle Arten von Reisenden werden binnen kürzester Frist ausgedildet- Noch Verlauf von acht Tagen besitzt man die Fähigkeit, sich für jede Firma rausschmeißeu zu lasten, in drei Stunden lernt mau ferttg beschummeln. Da in letzter Zeft auch viele jüdische Kinder sich zur Vervollkomung ihrer Fähigkesteo tu

jj diese« Institut hineindrängen, so wird man demnächst einen ein- j, wandsreien Simultanbetrüger an die Spitze stellen- In allen Städten des Reiches sind große öffentliche Speise» anstasien errichtet worden, in denen streng jenseits von koscher und trsfe gekocht wird. Man hofft von dieser Maßregel besonderst viel zur Aussöhnug der Gegensätze.

Nützliche Schriften, welche zur Aufklärung des Volke» l dienen können, werden bei uns energisch vertrieben- Zur Zeit jj werden an deu Straßenecken Albert Träger'» Gedichte heran»- gegeben unter Aussicht des OberrodbinatS, fcilgeschriecn und jede« verstockten Antisemiten mit hämischem Grinsen entgegenhalte». Die gleiche Praxis wird den Juden gegenüber mit antisemittschen Schriften geübt, allerdings mit mehr Erfolg, da die Juden im allgemeinen doch noch immer leichter zu erkennen sind wie die Antisemiten.

Sehr viel Aufsehen erregt hier jetzt schon eS ist erst vor vierzehn Tagen erschienen das neueste Werk des Reftor» Ahlwardt. Die Arbeit, welche den Titel führt ״Das Eozooa Canaillen»!", ist in der gewohnten Gründlichkeit, Gewiffcnhafttg- keit und Klarheit abgefaßt, welche dem berühmten Manne eigen sind. Mit hochherzigem Sinn und glühend vom heiligen Eifer der Wahrheit wendet er sich gegen den Antisemitismus Er de» streitet auf das entschiedenste, jemals mit demscloen zu thu» gehabt zu haben, er trägt Sack und Asche auf dem Haupte wegen der boshaften Gerüchte, die in dieser Hinsicht über ihn im Umlauf sind. Seine unermüdlichen Forschungen haben ihn zu dem Re- sulrate geführt, daß alle Menschen ohne Ausnahme von Jude« abstammen- Dirett von deml->>rooo Canaillen»! sei der Menschenaffe erzeugt, dessen ursprünglicherName nicht Orangutang,sonder» Aron Utang gewesen sei- Der Affe habe sich erst in spätere« Jahren taufen lassen. Tie Ansicht einiger seiner Kollegen, wonach auch noch Simon Pavian und Mausche Gorilla als Urväter zu nennen wären, wird von dem vorsichtigen Forscher als zu weit- gebend abgcwiesen- Ahlwardt sucht seine Behauptungen auf Grund Darwinisch-Häckel'scher Prinzipien zu erweisen und durch Thatsachen de» AttevismuS, welche an den heute lebenden Jude« noch oiefach beobachtet werden, zu erhärten- Zum Schluß de» Buches graluliert er zu Weihnachten.

Die Veröffentlichung des Werkes hat übrigens noch eine andere interreffante Erscheinung zur Folge gehabt, von der ich noch in möglichster Kürze berichten will. Kaum nämlich war« von dem Ahlwardt'schen Buche die Rezensionsexemplare versandt ׳ als auch schon eine gehässige antisemitische Broschüre erschieß welche von haarsträubenden und aberwitzigen Verdächtigung» - gegen den ehrwürdigen Gelehrten sttotzte und den LUel führt«:! ״Ahlwardt und Gegengift!" Der Urheber der genialen Hypothese - vom Aron Utang wurde darin als ein konzentrierter Hebräer ׳ dargestellt, er gehöre zur Sette jener Juden, denen die Zahl. Sieben heilig sei. weil sie verpflichtet find, an jedem Tage steb« ׳ besondere Schändlichkeit« auszuführen, auch habe die ,.Staats bürgerzeitung" jüngst die Enthüllung gebracht, daß er in seinerI Gemeinde für den beliebtest« Ritualmörder gelte. Was ab«, seinen ftintmden Synagogeagesang von der einheitlichen jüdisches Abstammung de« Menschengeschlecht» andelange, so sei da» da] teufflicher Lug, und die Wissenschaft habe die heilige Verpflichtung^ sich von der Berührung mit dm Pestbeulen solch« Irrlehren' fern zu halte». Mit all« Entschiedenheit wendet sich d« 8a* j fass« d« Streitschrift man v«mutet in ihm d« UnerschroLeM heit d« Rede halber einen gewiss« Hartwig gegm dasz Canailleue. Was die Erzeugung der Juden audetreffe. so neige, er sich all«ding» d« Ansicht zu. daß sie vom Nashorn sei, d«M sei im Grunde auch gegen die Affen nicht» einzuwend«. Wer! ab« ein Gleiches vou d« Herkunft der Antisemit« zu behauUe» wage, verdime au» d« menschlichen Gesellschaft auSgemeckt W w«d«. Er. der Verfasser d« Broschüre, habe längst die kunft d« Antisemit« mit unumstößlich« Sich«Heft feftges für keinen Dmkenden könne e» ferner auch nur dm» gai«! Zweifel unterliegen. daß sie in Wahrheft abstammt« von