Reichsbote*.

Nr. 19.

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Phantasie sic nicht schrecklicher hätte erdenken können. Wir hörten auch jene tief ergreifenden Klagen des auf den Trümmern der Gottesstadt trauernden Propheten ob des Sturzes der Tochter seines Bolkes, aber wir vernehmen auch den Trostesruf! Tröstet, tröstet mein Volk, spricht euer Gott.

Nicht ziemt es dem starken Geiste, sich dem Mißgeschicke in fatalistischer Resignation zu beugen. Die Stürme ziehen vorüber, der grollende Donner verhallt und wieder wird die Sonne den Muthigen lächeln und den Gottvertrauenden. So nur Nacht und Nebel ist um uns, aber nicht auch in uns, so unser Geist sich erhebet, unser Wille läutert, unsere Thatkraft stählet, unser Herz empfänglich, erschlossen bleibt dem Glauben, der Wahrheit, dem Rechte, der Er­kenntnis, insolange hat das Verhängnis keine Macht über uns Wir können du eine Gottes­stadt erbauen, schöner, herrlicher, mächtiger als cs je eine gegeben, daß keines Riesen Gewalt sie je bezwingen, keine Ilebermacht sie je be­wältigen kann. Wo edler Sinn und fromme Sitte wohnet, da wohnet auch der Geist Gottes. Und ich werde ihm sein eine Feucrmauer," spricht der Herr. Nicht Mauern aus mächtigen Steinen, nicht Thüruie aus gewaltigen Quadern, einen Flammengürtel soll die Gottesstadt habe», das Feuer der Begeisterung für das Er­habene und Edle muß in ihr wohnen, dann ist sie unbezwingbar.

Tröstet, tröstet auch mein Volk," so er­tönet uns am heutigen Tage, dem Geburtstage unseres erlauchten Fürsten, von höchster Stelle der Trostesruf. Vom häßlichen Gekrächze der finsteren Volksverderber lasset euch nicht ent- mnthigen, es findet dort, wo nur die Webe und die Milde thronet, auch nicht das schwächste Echo. Fürchtet diese Nachtvögel nicht sie sind die Boten der Lüge und des Hasses und sie werden versinken in dem Sumpf, dem sie ent­stiegen. Durch den Mund eines der höchsten Dignilärc des Reiches an der der Wissenschaft geweihten Stätte, durch seinen Stellvertreter hat der erhabene Herrscher allen Wohlgesinnten, alle» Patrioten erhebende Worte der Liebe und Milde verkünden. Wir begrüßen dieselben zu­gleich noch besonders, als Worte des Trostes.

Möge der Allmächtige den erlauchten, edlen Monarchen unter seinen besondern Schutz nehmen, als den Hort des Rechtes, als den Spender der Liebe und des Trostes, zum Heil und Segen seiner Völker, zum Ruhm und zur Ehre Oesterreichs.

Die Ethik im Talmud.

(Pirk© Aboth).

Bon Rabbiner H. L. Reich.

XV. lNaihdriick mbttcn.)

Die hebräische ist wie die orientalischen Sprachen im Allgemeinen und namentlich wie die arabische, reich an solchen Wärtern, die in ihrer Bedeutung zu anderen ihnen oft vollkommen gleichlautenden, das gerade Entgegengesetzte aus- drücken.Oaaauk" bedeutetsammeln, versammeln, zusammenrufen" und auch .fortschaffen, aufreiben, hinwegnehmen":boraued" heißtsegnen, hin­knien, preisen, grüßen" aber auchfluchen oder lästern";nogauaed"sich nähern" undnogauaa" drängen, bedrängen, mahnen";acrauch"leuch­ten, strahlen" undaaoruuod"verderben, übel riechen" u. ä. m.

Der Ausspruch Hillel's:Das Streben nach Namensglanz bringt oft Namensverlust" ist eine Variation des bekannten Ausspruches:Wer nach Ehr und Würde sucht, den fliehen sie" [Erub. 13.] Dasnegid" hier ist von dem Worteuagiä" Fürst, Anführer, Hervorragender abgeleitetnegid achema", wer seinen Namen zu einem hervor­ragenden machen will,ahad schemeh" dessen Name verschwindet. Der Glanz des Namens schma" macht oftschmeh" Seinen Namen, den Namen Gottes vergessen. Wo man nicht hin- zuthutmauaaik", dort nimmt es ab,joaaik", sagt Hillel, denn jeder Stillstand ist ein Rückschritt, wie es im Midrasch heißt: sblidr. 8er. 8. 41] lieberall wo von Unthätigkeit vonjeachiboh" in der hl. Schr. erzählt wird, dort folgt Zer­rüttung. So heißt es beim Thurmbau: Und sie fanden eine Ebene im Lande Schinear und sie blieben daselbstwajeschwu" [Gen. 11. 2.]; eben­so heißt es von den Brüdern Josef's, nachdem sie ihn verkauft hatten:wajeachwu" und sie