SCHRIFTLEITUNG: Hennah KarmfnskI und Martha Ollendorlf, Berlin
Organ des Jücilsdien fraocnftiindcs von Dcntsdilanfl
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. Fernruf: Norden Nr 7199
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Die „Bläffer des Jüdischen Frauenbundes" erscheinen in der 1. Hälfte Jedes Monats. Redaktionsschluß am 20. jeden Monats • Bezugspre : s: Einzelnummer 0.25 M. ( vierteljährlich 0.75 M , Jährl 3.-M. Postscheckkonto Frau Helene Meyer, Berlin 9r8o2 • Die dem Jüdischen Frauenbund angesdilossenenVereine erholten ein Gratisexemplar jeder Nr. • Nachdruck allerVeröffentlichungen nur mit Quel'enangabe gestattet u erwün cht
NUMMER 5
BERLIN, IM FEBRUAR 1925
1. JAHRGANG
Adressen des engeren Vorstandes:
Frau Bettina Brenner, Leipzig, Ferd. Rhodestr. 22, 1. Vors. Frau Helene Meyer, Charlottenburg, Wielandstr 15, Schatzm.
Frau Paula Ollendärff, Breslau, Zwingerplatz 12, 2.Vors. Frau Ernestine Eschelbacher, Berlin, Oranienburgerstr 68
Frau Henriette May, Berlin, Gieselcrstraße 16 1. Schriftführ. Frau Clementine Krämer, München, Trautenwollfstraße 4.
Frl. Hannah Karminski, Berlin, Oranienburgerstraße 60-68 Frau Dr. Edith Hirsch, Halberstadt, Lindenweg 29
2. Schriltlührerin. . Frau Clara Samuel, Elberfeld, Kastanienstraße 32
AUS DEM INHÄLT DIESER NUMMER:
Das Wahlrecht der Frau nach dem füdisdien Gesetz (Frau Anna Neumann-Leipzig) / Der Gedanke der Toleranz in der deutschen Geistes- geschichte (Dr. Gertrud Bäumer-Berlin) / Tätigkeitsbericht des Hausbeamtinnenvereins / Von der Vorsfandssitzung des J. F.-B. / Frauen- * arbeit anderer Länder und Organisationen / Aus der Arbeit der angeschlossenen Vereine.
Das Wahlrecht
der Frau nach dem jüdischen Gesetz
in denen die traditionstreuen Juden nach- Zahl und Ansehen eine maßgebende Rolle spielen, sitzen Frauen bereits im Gemeinderat, zum ’ Teil 'sogar Frauen, die persönlich der konservativsten Richtung angehören. Heißt es nun nicht offene Türen einrennen, wenn man jetzt noch Beweise vorbringt, daß es ein ausdrückliches Gesetz gegen das Frauenwahlrecht ebenso wenig gibt, wie gegen die Telefon- oder Radiobenutzung? Und doch soll, muß hier der Beweis in aller Ausführlichkeit erbracht werden, nicht im Interesse der Frauen und des Frauenwahlrechts, sondern im Interesse des Gesetzes und seiner Träger. Gibt es doch leider soviele Männer und Frauen, denen das jüdische Gesetz terra incognita ist. Diese könnten aus der Tatsache, daß das Frauenstimmrecht sich gegen den Einspruch eines Teiles der Orthodoxie so schnell durchgesetzt hat, den falschen Schluß ziehen, man brauche bei anderen Fragen des jüdischen Lebens die Meinung der Gesetzestreuen und Gesetzeskundigen garnicht zu beachten. Nichts wäre aber weniger im Sinne des jüdischen Frauenbundes, der es als heilige Aufgabe betrachtet, die Autorität
'das' Haus; Von* Ihrem F1 eißrihr tr~ Gelst:hiCktlc h Keif hängt der Wohlstand der Familie ab, hängt es ab, ob ihr Mann würdig gekleidet sich unter 'die Vornehmen, die Aeltesten des Landes setzen kann. Die national- ökonomischeWichtigkeit der Frauenarbeit, nicht Geringschätzung der geistigen Gaben der Frau, veranlaßt unsere Weisen zu dem Ausspruch: Es gibt keine Weisheit für die Frau außer in der Spindel. Das Verlassen des Hauses bedeutet Pflichtversäumnis, Liederlichkeit, — für die jüdische Frau in heidnischer Umgebung außerdem noch eine ernste sittliche Gefahr.
Die jüdische Frau, die neben den vielen materiellen noch ideelle Pflichten als Gattin, Mutter und Hausfrau hat, z. B. die Wahrnehmung der Reinheitsund Speisegesetze und die Sorge um die Kinder- erziehung, ist besonders stark an das Haus gebunden, doppelt und dreifach belastet. ' Das Religionsgesetz befreit sie deshalb ausdrücklich von vielen Gebeten, die an eine bestimmte Zeit gebunden sind. Gäbe es also in Bibel und Mischna ein Gebot, zur Wahlurne zu schreiten, so wäre consequenterweise die Frau davon befreit, wie vom Gebote, in der Sukkoh zu sitzen
des jüdischen Gesetzes zu stärken, jüdische Sitte und jüdischen Brauch zu Ehren zu bringen.
Das Reich der Frau ist im Altertum bei allen Völkern ausschließlich das Haus. Das bedeutete damals durchaus nicht Beschränkung, sondern großen Macht- und Wirkungskreis. Die gesamte Nahrung und Kleidung der Familie wird von der Frau im Hause erzeugt. Sie muß in Flachs und Wolle arbeiten, spinnen und weben und die Mägde und Sklavinnen dazu anhalten. Die Klugheit der Frau baut
usw. Natürlich ist von einem demokratischen Wahlrecht im modernen Sinne im jüdischen Schrifttum niemals die Rede. Im 5. Buch Mosis Kap. 17 Vers 14 heißt es blos: „WennDu in das Land kommst, das der Ewige, Dein Gott Dir gibt. Du nimmst es ein, hast es in Besitz und sprichst: Ich will einen König über mich setzen wie alle Völker um mich her tun, so sollst Du einen König über Dich setzen, welchen der Ewige, Dein Gott, alsdann erwählen wird usw.“ Im Sifri, einer Sammlung von Midraschim