SCHRIFTLEITUNG: Hannah Karminski und Mariha Ollendorif, Berlin

Organ des Jtidfscticn Frauenbundes von Deutschland

Anfragen, Bestellungen und Einsendungen sind zu richten an H. Karminski, Berlin, Oranienburger Sfraße60-63 Fernruf: Norden Nr 7199

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DieBlätter des Jüdischen Frauenbundes" erscheinen in der 1. Hälfte jedes Monats. Redakfionsschlub am 20. jeden Monats Bezugspreis: Einzelnummer 0.25 M., vierteljährlich 0.75 M., jährl 3. M Postscheckkonto Frau Helene Meyer, Berlin 96802 Die dem Jüdischen Frauenbund angeschlossenenVereine erhalten ein Gralisexemplar jeder Nr. Nachdruck allerVeröffentlichungen nur mit Quellenangabe gestattet u erwünscht

NUMMER«

BERLIN, IM MAI 1925

1. JAHRGANG

Ädrcssen des eng Frau Bettina Brenner, Leipzig, Ferd. Rhodestr 22, 1 Vors. Frau Paula Ollendorif, Breslau, Zwingerplatz 2, 2 Vors. Frau Henriette May, Berlin, Gieselerstraße 16 1. Schriftlühr. Frl. Hannah Karminski, Berlin, Oranienburgerstraße 60-63 2. Schriftführerin.

eren Vorstandes:

Frau Helene Meyer, Charlottenburg, Wielandstr 15, Schatzm. Frau Ernestine Eschelbach er, Berlin, Oranienburgerstr. 68 Frau CJementine Krämer, München, Trautenwolffstraße 4 Frau Dr. Edith Hirsch, Halberstadt, Richard Wagnerstr. 26 Frau Clara Samuel, Elberfeld, Kastanienstraße 32

' . AUS DEM INHALT DIESER NUMMER:

Von den Arbeitsnachweisen des Jüdischen Frauenbundes (Frieda Kahn-Elberfeld) / Berufsbilder: Die Gewerbelehrerin (Frau Stern, Rheyd) Die Krankenpflegerin (Frau Rosenthal-Köln), Die Hausbeamtin (Hedwig Großmann-Berlin), Kochkurse, Frau Gallewski, Berlin / 2 Organi­sationen des Zusammenschlusses, 1. Fortsetzung (Frau Esdielbacher-Berlin) / Aussprache. / Verschiedenes.

Von den Arbeitsnachweisen

Arbeit ist die Grundlage allen menschlichen Lebens in wirtschaftlicher und sittlicher Hinsicht; sie bildet das Fun­dament, auf welchem sich eine Gemeinschaft überhaupt erst aufbauen und dauernd erhalten kann. Die Ursachen aller HUf^bedürjiigkeit ^ wurzeln Jetzten. Endes in. der Arbeits r ^cslgfieif! ', ? mre'; v ErsbheihüiTgsfp7rrien> r : Xd>eit'sffiangi,' !5 ' Är-r heitsscheu und Arbeitsunfähigkeit sind nie ganz zu bekämpfen. Wohl kann , durch systematisch durchge­führte Vermittlungstätigkeit zwischen Angebot und Nach­frage die Arbeitslosenzahl stark vermindert werden. Arbeit ist besser als Almosen,.Vorbeugen besser als heilen! Aus die­sen bewährten Grundsätzen heraus ist die Tätigkeit der Ar­beitsnachweise so hoch zu bewerten und sind sie unentbehr­liche, wertvolle Glieder in der Organisation der Wohlfahrts­pflege geworden. Vom Gesichtspunkt der Prophylaxe be­trachtet, sollten da, wo sie noch nicht bestehen, die Orts­gruppen des Jüdischen Frauenbundes als praktische Arbeit die Arbeitsnachweis- und Berufsberatungstätigkeit aufnehmen. Hier bietet sich ein Arbeitsfeld, das dem nicht caritativen Wesen einer Ortsgruppe entspricht. Sie soll keine Fürsorge treiben, wie sie sich die Frauenvereine zur Aufgabe ge­macht haben. Arbeit vermitteln, heißt Vorsorgen. Aus diesem Gedanken der Vorsorge scheint mir die Ortsgruppe als ge­geben, den Arbeitsnachweis in die Hand.zu nehmen, denn er soll streng getrennt sein von jeder Wohltätigkeit nie darf ihm das Odium der Fürsorge anhaften. Als Stelle der Vor­sorge, der Verhütung von Hilfsbedürftigkeit bedeutet der Ar­beitsnachweis eine Ergänzung, ja sogar Entlastung der für­sorgenden Frauenvereinsarbeit. Lassen sich beide Frauen­organisationen von diesen Oedanken leiten, dann können sich harmonisch Wechselbeziehungen herausbilden. Schon die äußere straffe Organisation muß jeden Begriff der Wohltätig­keit ausschalten. Jede Vermittlung muß durch den Arbeits­nachweis gehen. Vermittlungenunter der Hand oder ..ge­legentlich sind zu vermeiden. Diese Art hat oft, da in dem Arbeitgeber das Bewußtsein des Wohltäters erweckt wurde, zu unerquicklichen und unerfreulichen Verhältnissen geführt.

Der jüdische weibliche Arbeitsnachweis ist neben dem öffentlichen notwendig, aus religiösen, ethischen, erziehen* sehen und soziologischen Gründen.

Wenn wir an die Schwierigkeiten denken, die auch heute noch die Frau irn Berufsleben zu überwinden hat, so sind die­selben bekanntlich für die jüdische Frau besonders groß, sie muß sich als Frau und Jüdin behaupten. Hier gilt es ratend und helfend einzugreiten, Verbindungen mit Arbeitgebern ;m- zukniipfen und schon bei der Berufsberatung alle die Schwie- tigkeiten zu zeigen, die der jüdischen Frau insbesondere er-

des Jüdischen Frauenbundes

wachsen. Aufgabe des A.-N.' ist es auch, einen Ueberblick über den Arbeitsmarkt zu behalten, um die jüdischen Mäd­chen in die Berufe zu bringen, die ihnen wirtschaftlich eine auskömmliche Existenz bieten und ihrer Frauenart ent­sprechen. sowie <ler Nachfrage gerecht werden. Gerade bei den '^jüdischer?- t .

daß sie, die durch Tradition und in gewissem Sinne «jtach durch Gesetz fast nur für sich den Beruf als Hausfrau und Mutter kannten, den intellektuellen Berufen zügewandert sind. Die Folge ist z. B. ein außerordentlich ßtarker Mangel an guten jüdischen hauswirtschaftlichen Kräften und jüdischen Kran­kenpflegerinnen, während andererseits viele Büroangestellte arbeitslos sind. Ganz besondere Aufgaben erwachsen den weiblichen A.-N. und Berufsberatungsstellen für die Jüdinnen, die auf gesetzestreuem Boden stehend, sich für einen Beruf vorbereiten wollen und erst recht, wenn sie später eine An­stellung suchen. ln letzter Zeit wmrde von Arbeitnehmern häufiger Klage geführt, daß die jüdischen Arbeitgeber wenig geneigt seien, Glaubensgenossen anzustellen, während auf dem Lande und in den kleinen Plätzen es kaum gelingt, jüdi­sche Arbeitskräfte zu erhalten. Hier sieht sich der jüdische A.-N. vor Aufgaben gestellt, die seine Mitarbeit dringend * eifordern und ihm Möglichkeiten geben die Pläne und Ziele der Berufsumschichtung zu verwirklichen.

Kommt man von den großen, weiten Gesichtspunkten, von denen der weibliche jüdische A.-N. geleitet und getragen werden soll, zu seinerheiligen Kleinarbeit, so beweist sie täglich seine Notwendigkeit. Ist Arbeitsvermittlung an sich, und vor allem die Berufsberatung eine schwere, verantwor­tungsvolle Tätigkeit, so verlangt die Arbeit der nichtöffent­lichen Arbeitsnachweise die jüdische insbesondere in erhöhtem Maße unser ganz persönliches Einsetzen für den einzelnen Menschen. Alle diejenigen, die den Weg zum öffent­lichen Arbeitsamt nicht finden, da sie fürchten in der Masse zu verschwinden, begrüßen es freudig, wenn ihnen der jüdi­sche A.-N. Gelegenheit gibt, ihre Sorgen, ihre Nöte, ihre Wünsche der jüdischen Schwester mitteilen zu können, von der sie mehr erwarten, mehr erhoffen, der sie mehr \ er­träumt. Die Konstellation der Juden (z. B. Ein Wanderung aus dun Osten) bringt es mit, daß gerade zu uns auch weniger eualifizierte Berufsarbeiter kommen, daßirgend etwas nicht stimmt, das erschwerend bei der Suche nach einer Stelle ins Gewicht fällt.

Wird von Arbeitsnachweisfragut gesprochen, so kann die fa's.tJie des Aufbaues Frez Israels mag jeder persönlich Liuzu stehen wie er will,-- nicht übergangen w 7 erden. Vielfach sind cs doch junge Mädchen, die beraten sein wollen in der