Leopold Silberberg s. A.
Wer kannte ihn nicht in religiösen Kreisen? Aber auch in nichtreligiösen Familien war er wohl gekannt durch die Ausübung der “Brith Mila” auch ausserhalb Breslaus. Er übte dieses Amt nur ohne Bezahlung aus und manche spendeten einen Baum oder Baustein — wie es s.Zt. üblich war — für Erez Israel auf seinen Namen. Leopold Silberberg wurde in Kempen Provinz Posen geboren. Schon in seiner Jugend interessierte er sich für allerlei Wissenschaften und so kam es vor, wenn er sich mit Ärzten, Rechtsanwälten unterhielt, dass diese ihm sagten: “Ich wusste nicht, dass Sie Medizin oder Jura studiert haben”. 1882 heiratete er die in Breslau geborene ihm an Geist und Frömmigkeit gleichstehende Clara Fränkel. Der Vater von Frau Silberberg, Herr Fränkel fuhr nach dem Tode seiner Frau, ihren letzten Wunsch erfüllend, im Jahre 1891 nach Erez Israel, damals noch eine sehr schwierige Schiffsfahrt. Hier hat er grosse Spenden für Moschaw Sekenim und Bikkur Cholim gegeben und befreundete sich sehr mit Rabbi Chajim Sonnenfeld s.A. Er heiratete nochmals, eine Tochter von Chatam. Sofer. Er liess sich eine Wohnung bauen in den Ungarischen Häusern (No. 4). Im Jahre 1899 wurde er auf dem Oelberg beerdigt. Sein Grab ist jetzt wiedergefunden. Das Fundament ist weggetragen, doch die Mazewa liegt auf der Erde. Die Sehnsucht seiner Tochter, Frau Silberberg, nach Erez Israel zu fahren ging nicht in Erfüllung. Doch seine Urenkel leben hier in der Medinath Israel und so ging die alte Sehnsucht in Erfüllung.
Im Hause Leopold Silberberg’s in Breslau gab es keinen Schabbath ohne Gast. Menschen, die aus Polen geflüchtet waren, verhalf er zur Pamassa, sodass sie ihre Familie haben nachkommen lassen können und sich in Breslau niederliessen. Als Vorstand im Verein “Schomre Schabbath” ging er abwechselnd jeden 3. Monat Freitag Abend in die Küche für Armen Verpflegung, um zu sehen, dass jeder, besonders die von auswärts Kommenden und fremd waren, seine Mahlzeit bekam. An den langen Winter Freitagabenden lernte er anschliessend an den Gottesdienst einen Schiur in der Synagoge. 2 Mal wöchentlich war abends ein Schiur in seiner Wohnung. Als grosser Gelehrter bekannt, kamen oft Rabbanim aus Ungarn oder Polen, um mit ihm zu lernen oder sich zu beraten.
Der alte Gerrer Rebbe pflegte manchesmal nach Bad Reinerz zu fahren und mietete dort mit seinen Chassidim ein Haus am Wege zur Schmelze. Einmal besuchte ihn Herr Silberberg. Die Chassidim guckten auf ihn — a moderner Daitsch mit an strohenen Hut und sagten: “Der Rebbe ist vernummen, er schloft”. Herr Silberberg sagte “Ich will nicht stören”, gebt über a Gruss von Silberberg. Oi sagten die Chassidim. “Ihr seid Silberberg, der Rebbe wart takke schon auf Euch”.
Als Vorsteher des Hamburger Speisevereins fuhr er öfters in die Badeorte Schlesiens, das Kaschruth in den Koscher Pensionen zu kontrollieren. Wer errinert sich noch an das Vorbeten in der Sklower Schul in der Goldenen Radegasse am S“chor Brith”, an den “Jomim Noraim”! Die schönen Melodien mit heller angenehmer Stimme vorgetragen von Herzen kommend. Was von Herzen kommt geht zu Herzen.
Noch im letzten Jahre kurz vor seinem Ableben liess er sich diese Mitzwah nicht entgehen. Kol Nidre betete er in der Fuchsschen Schul, Ne- ilah in der Pinchas Synagoge, die später auf die Höfchenstr. verlegt wurde.
Am 20. Marcheschwan 1919 hauchte er seine reine Seele aus.
Die grosse Beteiligung an seiner Lewaja trotz des meterhohen Schnees und der schlechten Verkehrsverbindung war ein Beweis für die Grösse seiner Persönlichkeit.
Margarefte Waldstein s.A.
(geb. Waldstein)
Am 2. Januar 1968 verschied im Pflegeheim “Noam” in Raanana, in dem sie die letzten vier Jahre ihres Lebens zugebracht hatte, Frau Mar- galith (Margarethe) Waldstein geb. Waldstein (Petach Tikwah — Kfar Saba). Sie war in Gne- sen (Prov. Posen) geboren, von wo ihre Eltern Emil Waldstein und Flora geb. Kroner im Jahre 1906 nach Breslau übersiedelten. Hier nahm Emil Waldstein in der Jüdischen Gemeinde, die damals schon über 20.000 Seelen zählte, bald eine führende Rolle ein, er wurde stellvertretender Vorsitzender ihres Vorstandes und erhielt den Ehrentitel “Gemeindeältester”.
Die Tochter Margarethe wurde nach Beendigung ihrer Schulzeit im Jüdischen Krankenhause in Breslau und in der Röntgenabteilung des Wenzel Haneke-Krankenhauses ebenda als Laborantin und Röntgenschwester ausgebildet und arbeitete als solche in beiden Krankenhäusern eine Reihe von Jahren. Anfang 1919 übernahm sie die technische Leitung eines von den Breslauer Fachärzten Dr. Schiller, Prof. Dr. Heimann und Dr. Schäfer neu gegründeten grossen Röntgeninstitutes, die sie bis zu ihrer Verheiratung mit dem Rechtsanwalt Martin Waldstein in Oels im August 1920 beibehielt. Nachdem dieser seinen Beruf im Jahre 1933 eingebüsst hatte, wurde sie als Sekretärin der neue eingerichteten Beratungsstelle (Wirtschaftshilfe) der Synagogengemeinde in Breslau angestellt, wo sie bis zu ihrer Auswanderung nach Palästina im April 1940 tätig war. Der Weg dorthin — inzwischen war der Krieg ausgebrochen — konnte nur noch durch illegale Transporte über die Donau und das Schwarze Meer durchgeführt werden. Am Ende ihrer langwierigen und gefährlichen Reise stand die Katastrophe der “Patria” am 25. November 1940, zu deren Opfern — über 250 — auch viele Breslauer gehörten. Zu den wunderbarerweise Geretteten gehörten auch Margalith und ihr Mann, die nach der Internierung im Lager Atlith im September 1941 endlich freiwurden. Das Haus der Geschwister Dr. Markus und Dr. Julie Freund geb. Waldstein in Kfar Abraham (Petach Tikwah) bot ihnen Zuflucht. Margalith nahm jede Arbeit an, die sich ihr bot, und trotz aller Schwierigkeiten der ersten Jahre war sie immer zufrieden und guter Laune. Im Jahre 1944 fand sie endlich den Weg zu ihrem angelernten Berufe zurück: nach längerer Probezeit, in der sie sich bewährte, wurde sie dann anfang 1945 von der Kupath Cholim angestellt, und zwar als Röntgenschwester in der Röntgenabteilung der Zentral Poliklinik Za- menhoff in Tel Aviv. Hier arbeitete sie bis zum 1. Juli 1958, von Ärzten wegen ihrer Tüchtigkeit und Gewissenhaftigkeit geschätzt, beim übrigen Personal wegen ihrer Kameradschaftlichkeit und ihres heiteren Naturells beliebt, von den vielen Patienten wegen ihres freundlichen Wesens und ihrer grossen Hilfsbereitschaft geradezu verehrt.
Ihr war kein allzu langer Ruhestand beschie- den. Im Jahre 1963 erkrankte sie an Alterserscheinungen, die es schliesslich notwendig machten, sie in die Heimfürsorge zu bringen, die sie dann nicht mehr verlassen konnte.
Wir werden dieser immer freundlichen, hilfsbereiten und von allen, die sie kannten, geliebten Frau, ein dauerndes Gedenken bewahren.
Leopold Silberberg war eine markante Figur im Leben der einst grossen Gemeinde Breslau. Wer sich auf ihn erinnern kann, wird diesen grossen Gelehrten und ausserordentlich bescheidenen Mann nicht vergessen.
Martin (Mosche) Friedländer s.A.
TEL AVIV — BNE BRAK
In denselben Tagen, wo sein alter Freund Leo Friedmann heimging, ist durch einen tragischen Unglücksfall Martin Friedländer hier in Tel Aviv ums Leben gekommen. Uber 80 Jahre alt war er geistig und körperlich von einer Jugendlichkeit, die ihn befähigte bis ins hohe Alter zu arbeiten. Von seiner Jugend an lernte er, nahm ständig an Schiurim teil und besass ein grosses jüdisches Wissen. Seine Lehrer Elieser und Markus Pinczo- wer verstanden es, in dem jungen Mann eine grosse Liebe zum überlieferten Judentum und seiner Lehre einzupflanzen. Seine Erscheinung strahlte etwas aus, das jeden, der ihn kannte, in den Bann zog und ihm Verehrung zollte. Seine Gattin eine geborene Herzog aus Wien, Tochter des bekannten Wiener Rabbiners, stand ihm in allen seinen Bestrebungen zur Seite. Seine Kinder sind so wie bei der Familie Friedmann dem überlieferten Judentum treu geblieben und arbeiten an grossen Jeschiwoth als Rabbiner bezw. Direktor einer bekannten religiösen Schule.
Martin Friedländer wird bei uns nicht vergessen.
Unsere Teilnahme gilt der Gattin und der Familie.
E. L.
Leo Friedman s.A. new york
Vor kurzer Zeit verstarb in New York Leo Friedmann früher Breslau Getreide Grosshandelsagentur, der sich wegen der Lauterkeit seines Charakters, seiner wahren Frömmigkeit und der Bescheidenheit seines Wesens auszeichnete. Er verwarf alle Geschäfte, die nur den Anschein einer evtl. Unreelität hatten. Der Unterfertigte lernte in seiner Firma und war dort ca. 5 Jahre tätig. An der Breslauer Getreidebörse wurde er hochgeschätzt und diese Anerkennung hatte er in New York, wo er in einem anderen Fach arbeitete.
Wir sprechen seiner Gattin Lea Friedmann geb. Freund — einer bekannten Breslauer Familie entstammend — Frau Friedmann war vor ihrer Verheiratung Inhaberin der bekannten jüdischen Buchhandlung (Kultus und Judaika) von Wwe. Mayer am Carlsplatz- und den Kindern unsere innigste Teilnahme aus.
E. L.
STEFFY PREUSS GEBORENE GUTMANN s.A.
TEL AVIV
Wer kennt nicht als alter Breslauer unseren hochverehrten Dr. Max Preuss, den bekannten Orthopäden. Leider müssen wir ihm und seine Söhnen von dieser Stellte aus unsere Teilnahme zum Heimgang seiner Gattin und Mutter Steffy Preuss ausssprechen. Bei der Beerdigung empfanden wir die Wertschätzung, die diese bescheidene Frau genoss. In Deutschland im Reichsvorstand für Jugendalijah und Mitglied des Breslauer Com- mittees des “Keren Hajessod” tätig, hat sie hier ihre Kraft dem “Mossad Abrahams” gewidmet, der segensreich für verkrüppelte Kinder arbeitet und diesen “Behinderten” durch Schulung und Erlernung eines Handwerks oder sonst den Fähigkeiten des Kindes entsprechend ihnen einen Weg weist und sie so schult, dass sie dem schweren Leben gewachsen sind.
Steffy Preuss arbeitete im Stillen und trat nie hervor.
Die jahrelange Hausangestellte sprach unter Tränen: “Eine solche Frau sei ihr im Leben noch nie begegenet.”
Möge ihr die Erde unseres Landes leicht werden.
E. L.
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