Magerkeit, die körperliche und geistige Schlappheit, das Linkische und Ungewandte und die Steifheit nenne, ein ganz vortreffliches und, richtig angewandt, nie schädigendes Mittel sein. M. Stern.
Die Obmännertagung in Braunschweig.
Nach einem Bericht von Fritz Simon.
Tagung! Menschen kommen einen oder mehrere Tage zusammen. Nur Tage. Was aber kann man in Tagen vollbringen, wenn man Fragen klären will, die, ich glaube nicht zuviel gesagt zu haben, von Weltbedeutung sind. Wohl spricht man, solche Fragen können in einer glücklichen Sekunde, in einem Traum gelöst werden. Ja, sie können — — — wenn das Schicksal es fügt. Es wäre nun eine ganz feine Sache, könnte man die Hände in die Taschen stecken und warten, bis uns das Schicksal erfreut,
In der Bar-Kochba-Bewegung hat man Warten, G. s.. I). verlernt. Dem Worte Bewegung würde dies auch widersprechen. Das Warten ist unseren Führern wohl auch mit der Zeit ungemütlich geworden, als das Schicksal sie nicht erfreute. —
Der Dezember-Nummer des „Hammakkabi" gab man die Prägung einer Jugendnummer und rief auf J4 Tage später die Obmännertagung ein. In einem Tag" wollte man die wichtigste aller Fragen der B. K. - Bewegung, die Erziehungsfrage lösen. Welch geniale Menschen .müssen unsere Führer sein, wenn man, als man in Braunschweig war, sich dahin einigte, daß einige Stunden für dieses Thema genügten.
Fi'itz Simon sprach von einem großen Erfolg dieser Tagung und als Beweis sagte er, daß man keine Beschlüsse faßte, von denen man nicht die G-ewißheit hatte, daß die Beschlüsse in die Tat umgesetzt werden können. Gewiß eine sehr erfreuliche Nachricht, ein lobenswerter Vorsatz. Doch kann man nun von Erfolg sprechen, wenn man, um dem Vorsatz treu zu bleiben, keine Beschlüsse faßte.
Ich merke, der Leser wird ungeduldig und möchte wissen, was war in Braunschweig; wurden wirklich keine Erfolge erzielt? Doch, aber sachte, nur sachte, ich muß Aveiter ausholen, um sie zu finden.
Neue Gedanken brachte man nicht mit nach Braunschweig. Der Hammakkabi hat ja auch erschöpfend viel gebracht, Es war Ehrmanns Artikel, der die Braunschweiger Gemüter zur Aussprache reizte, d. h. man beschäftigte sich mit den Gedanken, den Ideen dieses Aufsatzes. Die andern waren ja wesenlos, inhaltslos; sie schöpften aus Historik, oder feststehenden Tatsachen.
Zusammenfassung der Jugend in einem Makkabi Hazair war der Leitgedanke im Aufsatz von Franz Ehrmann. Jugend! Was ist Jugend? Wer gehört zur Jugend. Wer ist im Makkabi die Jugend und wer das Alter? Gehört nicht der Makkabi mit allen Vereinen und Abteilungen zur Jugendbewegung? Seit wann gibt es in der Jugendbewegung eine jüngere Jugendbewegung? Wen will man denn trennen? Wie will man trennen? Eine Altersgrenze festsetzen? Gewiß, wir haben Herren- und Jugendabtei-
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hingen. Aber in beiden Abteilungen sind Menschen mit jugendlichen Sinnen, aber auch Menschen mit sehr alten Gedanken, die denen" der Seelenprivatiers und Fromel- sophisten gleichen: Und doch will man trennen. Man gibt einem Teil der Mitglieder einen anderen Namen und
hofft, auch andere Menschen zu finden. Weit gefehlt. Oder wollen wir uns berauschen lassen vom Sinnesteufel und glauben, mit der Spaltung Makkabi-Erziehung geleistet zu haben. Wir leben doch in einer Wirklichkeit, unsere Idee kämpft für eine Wirklichkeit, so müssen wir selbst Wirklichkeit halten, und einen Weg finden, sämtliche Mak- kabim zu erziehen.
Der Referent ist der letzte, der eine Spaltung ängstlich bekämpft, ich begrüße sogar eine Spaltung, denn sie spornt beide Parteien an. das Beste zu schaffen. Die Leistungsfähigkeit wird gesteigert.
Eine Spaltung muß aber von selbst kommen. Sie muß die Forderung derer werden, die sich vom alten trennen. Es muß das glühendste Bedürfnis und heftigste Verlangen der betreffenden Menschen sein, sich zu trennen, dann wird sich das Gesagte bestätigen.
Im Makkabi versucht man künstlich den Trieb zu einer Spaltung zu nähren. Sehnsüchte- und hoffnungsvoll wartet man auf eine Spaltung. Mit Freude würde sie begrüßt werden, ja, man soll sich mit diesem Wunsch getrennt haben. — Ich frage: bat man Stellung genommen und ist man sich darüber klar geworden, wen von wem man trennen, und wie die Trennung sein sollte; was die Tätigkeit dieser neuen, man sagt und schreibt, Jugendgruppe sein soll, und wie sich das Ergebnis im günstigsten Fall auswirken könnte.
Ich glaube nicht, ich konnte auch aus dem Referat von Fritz Simon (der Tagung beizuwohnen war mir leider nicht möglich), nichts entnehmen, was meine Fragen beantwortet. Das Fazit der Tagung war also, daß man Ehrmanns Artikel befürwortete, mit dem Wunsch, daß die Jugend — ich wiederhole: wer gehört zur Jugend? —
ihn ausführen wird. Das Ergebnis der Tagung----
kann man suchen, und glücklich der, der es findet, denn zu obigem Ergebnis hätte die Zeitung wahrlich genügt.
Da ich Ehrmanns Artikel in so ergiebiger Form zitiert habe, sei mir gestattet, noch einiges zu sagen. Ehrmanns Ideengang leidet an dem, woran wir alle leiden. Er zeigt uns eine Form, aber nicht den Inhalt dieser Form. Form aber schafft man erst, nachdem man den Inhalt bat. Erst schreibt man ein Buch, dann läßt man es drucken. Erst kommt der Gedanke, dann die literarische Form. Ehrmann gibt uns die Form, Makkabi Hazair, was aber soll der Inhalt sein? Was die Tätigkeit dieser Jugendgruppe? Wie will man Jugenderziehung im Makkabi Hazair gestalten. Vielleicht läßt Franz Ehrmann darüber noch hören. —. ff.
Paulus unter den Juden.
(Dramat. Legende in 6 Bildern.)
Franz Werfel, ein Jude, schrieb dieses Stück. Es ist selbstverständlich, daß Werfel keine Legende im dogmat, christl. Sinne schrieb, kein Erbauungsstück, in dem Paulus die Zuhörer mit schönen Reden fesselte. Er hat auch kein Paulaus-Drama im höheren künstlerischen Sinn geschrieben. Sondern wie uns der Titel schon andeutet, will Werfel den Paulus als einen unter vielen darstellen; nicht er ist der, trägische Held, sondern in der Masse spiegelt sich die Tragik. Diese Masse ist das jüdische Volk.
Man mag in den Zeitungen, insbesondere in den jüdischen Zeitungen, nachlesen, daß Werfel die damalige Zeit durch eine schlechte Lupe gesehen habe. Auch wir dürften uns mit diesem Drama nicht zufrieden geben, wenn wir nicht wüßten, daß Werfel mehr wollte als den Augenblick zu gestalten, in dem sich das Christentum von seiner Mutterreligion, dem Judentum, lossagte. Es ist im übrigen keine leichte Aufgabe, jenen tragischen Augenblick im Drama zu gestalten.
Aber in diesem Stück pulsiert eine Idee. Und diese Idee läßt es uns gleichgültig werden, wie das Leben der Juden und der Christen jener Zeit in Wirklichkeit gewesen ist. Ob das Wesen der Menschen anders war, als sie uns in Werfeis Stück entgegentreten. Es ist das Recht des Künstlers, nicht des Historikers, manches fallen zu lassen aus Leben und Werk, was sich der Gesamtheit nicht fügt, anders herauszumeißeln, um seine Idee in lebendig-