NUMMER 23 5. MÄRZ 1947 . 1. JAHRGANG

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PURIM 5707

Rundfunkansprache, gehalten am 5. März 1947 von Rev. A. Carlebach von der Jewish Relief Unit

Wir Juden feiern heute abend und morgen unser Purim­fest. Die Punmgeschichte, die wundersame Erzählung von Esther und. Mordechai, finden wir im biblischen Buche Esther, der berühmtenMegilla, die heute abend'und mor­gen früh in allen Synagogen vorgetragen wird. Sie sollte jeder für sich lesen, im Wiedererzählen könnte diese Novelle' voll unerhörter Spannung nur verlieren. Wie der persische König Achaschwerpsch, im 5. Jahrhundert vor der üblichen Zeitrechnung, seine Königin Waschti absetzte und an ihrer Stelle Esther, die Nichte und das Mündel Mordechais, des Juden, unter den schönsten Jungfrauen des Landes, zur Königin seines Reiches und seines Herzens machte. Wie Haman, der Ameleksprößling, zurh höchsten. Staatsamt em-

und wenn der Name des Schurken Haman fällt, dann scharren die Kinder mit den Füßen, rattein und schießen voller Spott und Verachtung. Printen-Hamänner und Mohnkuchen, sogenannte Hamantäs'chen erinnern an den Bösewicht. Wir halten ein fröhliches Mahl, Freunde be­schenken sich gegenseitig mitschlachmones, : und der Arme weiß, daß er an diesem Tage besonders Anspruch auf die Wohltätigkeit seiner Brüder hat. Das Fest wird zum Karneval und Mummenschanz. An diesem Tage wird der Jude, der sonst seine Feste \yohl freudig-heiter aber doch würdig und gemessen feiert, an diesem Tage wird er übermütig und ausgelassen, und er, der sonst sprichwörtlich nüchtern und dem Trünke abhold ist, trinkt und trinkt und

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Megilla (Das Buch Esther)

Pergament mit farbigen Bildern aus dem 16. Jahrhundert

porstieg und aus vom Mordechai gekränkter Eitelkeit, die Vernichtung aller Juden Persiens wohl der 1 Großteil der damaligen Judenheit beschloß und die Zustimmung des Königs hierzu erhielt. Purim, das persische Wort für Los, fiel auf den 13. Adar, den Stichtag zur Lösung der persisch- medischen Judenfrage. Wie dann auf Mordechais Drängen Königin Esther, von deren jüdischer Abstammung man nichts wußte, bei Achaschwerosch intervenierte und den Plan Hamans vereitelte. Haman endet am Galgen und Mordechai wird des Königs Erster Minister.

Seit mehr als zwei Tausend Jahren feiern die Juden der Welt dieses Fest. Sie lesen die Megilla in ihren Synagogen,

trinkt, oder sollte es wenigstens tun, was manchem from­men Juden schon schwer gefallen ist. Am Purim lacht der Jude und amüsiert sich, . Er lacht über diesen allergrößten, wenn auch allertragischsten Witz der Weltgeschichte: den Judenhaß. Haman ist das Vorbild dieser immer wieder­kehrenden, lächerlichen unä jämmerlichen Erscheinung des Judenhassers und Hetzers. Aus niedrigen und persönli­chen Motiven, aus berechtigtem oder unberechtigtem Haß gegen einen Juden, benutzt er seine Machtstellung, um alle Juden zu treffen.

Und es schien verächtlich in seinen Augen an Mordechai allein die Hand zu legen, denn sie hatten ihm das Volk