DER JUDENSTAAT - NR. 1Z . SEITE 2

England sabotiert...

Völkerbund und Transjordanien

Genf, Ende Juii.

Am 8. Juli ist die Diskussion in der Permanenten Mandatskommission des Völkerbundes geschlossen wor­den. Diese Diskussion wickelte sich wie immer hinter versperrten Türen ab. Die Protokolle der Kommission und der Bericht an den Völkerbund werden erst in der zweiten Septemberhälfte veröffentlicht werden. Aber über den Verlauf der Palästina-Debatte, sind jetzt schon genauere Nachrichten vorhanden. Sie bewegte sich in der Hauptsache um die Kolonisierung Transjordaniens, die wirtschaftlichen und Zoll-Privilegien Englands an Palästina, Immigrationserleichterungen für die deu­tschen Juden nach Palästina und ähnliches und hatte den Bericht der Mandatarmacht für das Jahr 1932 zur Grundlage.

Die Fragen, die die einzelnen Mitglieder der Man­datskommission stellten, wurden von M. A. Young, der bis Juni 1933 das Amt des Generalsekretärs der Pa­lästinaregierung bekleidete, im Namen Englands be­antwortet. t

Einige Mitglieder der Kommission schnitten die Frage der Kolonisationsmöglichkeiten in Transjordanien an. Sie betonten, daß Emir Abdallah und der Ge­setzgebende Rat Transjordaniens positive Stellungnahme zu den Kolonisationsprojekten zeigten und richteten an Young die Frage, ob die englische Regierung diese jüdischen Kolonisationsprojekte zu untenrstützen die Absicht habe. Youngs Antwort lautete dahin, daß die englische Regierung sich gegen diese Projekte aus­spreche. Er wies darauf hin, daß die Bestimmungen des Palästina betreffenden Mandates nicht auf Transjor­danien Bezug haben und daß die englische Regierung es für unmöglich halte, die jüdische Kolonisation in Trans jordanien zu unterstützen. Auf eine weitere Frage eines Kommissionsmitgliedes, ob die englische Regie­rung auch dann gegen eine Kolonisierung Tronsjor- daniens wäre, wenn es sich um Ansiedlung von pa­lästinensischen Arabern handelte, (Transjordanien sei ja wenig bevölkert), meinte Young, daß die englische Re­gierung diese Angelegenheit sorgfältig untersucht habe und zur Ueberzeugung gelangt sei. daß man aus Gründen der allgemeinen Sicherheit die jüdische Kolo­nisation Transjordaniens nicht befürworten könne. Was eine Kolonisierung von palästinensischen Arabern in Transjordanien betrifft, so müsse er feststellen, daß es eine solche Bewegung gar nicht gebe. Uebrigens' gebe es in Transjordanien keine kolonisierbare Ge­genden, wiewohl das Land so dünn besiedelt ist.

Der Vizepräsident der Kommission, der Holländer Van Rees machte Young darauf aufmerksam, daß das Mandat es weder dem Emir noch den Scheichs! Trans jordaniens verwehren könne, freiwillig Boden an Juden zu Kolonisationszwmcken zu verkaufen. Van Rees berief sich in diesem Zusammenhang auf Nach­richten der palästinensischen Presse und betonte, daß der Emir Abdallah und die Scheichs Anhänger der jüdischen Kolonisationsidee in Transjordanien seien. Warum, fragte der Vizepräsident, ist also gerade nur die Mandatarmacht gegen das jüdische Projekt? Es ist wahr lautete die Antwort Youngs daß das Man­dat eine jüdische Kolonisation in Transjordanien nicht verbieten kann. Trotzdem sei die englische Regierung der Ueberzeugung, nachdem sie die lokalen Stimmungen und das öffentliche Sieherheitsproblem kennengelernt habe, es verlohne sich nicht, eine jüdische Kolonisa­tion durchzuführen. Van Rees aber ließ nicht locker. Er stellte fest, daß Transjordanien 43.000km 2 umfasse, also zweimal so groß wie Palästina sei und nur 300.000 Einwohner zähle, während die Einwohnerzahl Palästi­nas bereits eine Million übersteige. Der Emir und die Scheichs wollen ihren Boden an Juden verkaufen. Es sei daher sehr zweifelhaft, ob die Mandatar­macht eine kluge Politik betreibe, wenn sie sich gegen solche Bodentransaktionen stelle. Young, in die Enge getrieben, verlegte sich nun auf den Nachweis, daß ein großer Teil Transjordaniens eine Wüste sei. Zum Schluß wiesen die Mitglieder der Kommission darauf hin, daß für alle Mandatarmächte däs Prin­zip der wirtschaftlichen Gleichberechti­gung verpflichtend sei und formulierten deshalb die folgende Frage: «W.ürden Bürger anderer Staa­ten außer Palästina auch nicht das Recht genießen, Boden in Tr ans jordanien zu er­werben und würde man einem jüdischen Bürger eines europäischen Staates Hinder­nisse beim Bodenkauf in Trans jordanien in den Weg legeg, nur aus demGrunde, weil er Jude sei? Young mußte sich zur Antwort be­quemen, daß die Rechte von Bürgern anderer Staaten überhaupt nicht begrenzt werden. Die englische Re­gierung müsse sich aber gegen jede Art von Kolonisie­rung Transjordaniens aussprechen.

Professor Rappard gab sich mit den Antworten Youngs nicht zufrieden und bemerkte, daß ihm in der ganzen Angelegenheit eines nicht ganz klar sei: den Informationen zufolge hat sich die Mehrheit der Ein­wohner Trans jordaniens für Bodenverkauf an Juden aus­gesprochen, die englische Regierung aber gebe vor, sich auf das Argument der «öffentlichen Sicherheit Trans jordaniens» stützen zu müssen. Und ist überdies, fragte Rappard, das Bodenverkaufverbot an Juden im

Mandatsgebiet Transjordaniens nicht gegen die Be­schlüsse des Völkerbundes?

Diese Frage brachte Young in große Erregung. «Ich weiß nicht antwortete er wieviel Mitglie­der des Gesetzgebenden Rates in Trans jordanien sich zugunsten des Bodenverkaufs an Juden ausgesprochen haben. Ich kann nur hinzufügen,'daß die englische Re­gierung keine starken Tendenzen, Boden an Juden ver­kaufen zu wollen, festgestellt habe».

Professor Rappard ließ sich durch den erregten Ton Youngs nich beirren, setzte seine Fragestellung fort und konstatierte, daß sich in Palästina schwächere

Der Mord in Nahalal

Eine arabische Terroristenorganisation

Am 26. Juli begann der Prozeß gegen die fünf Araber des Dorfes S a p b u r i a, die be* schuldigt werden, das Bombenattentat in Nahalal, das dem jüdischen Kolonisten Josef Jakobi und dessen siebenjährigem Söhnchen David das Leben kostete, ausgeführt zu haben.

Im Laufe der Gerichtsverhandlung kamen einige überraschende Tatsachen zur Kenntnis.

Die als Zeugen vernommenen Polizeioffiziere Miller und Cosgrave erklärten nämlich, bei den verhafteten Arabern Haüsdurchsungen vorgenommen zu haben, wobei bei dem einen der Verhafteten, Mustapha Ali Achmed, ein Revolver und Patronen sowie eine komplette Bombe vorgefunden wurden, deren Spreng* material genau dem jener Bombe entspricht, mit der das Attentat auf Jakobi durchgeführt wurde.

Mustapha Ali Achmed legte ein Geständ. nis seiner Beteiligung am Attentat ab und nannte die Namen der übrigen vier Mitbeteiligten.

Der Zeuge Polizeisergeant Achmed N a i p h erklärte, daß er am 15. Juni im Polizeiarrest von Nazareth, wo sich die Angeklagten da* mals befanden, ein Gespräch des Verhafteten Achmed Abdul Kader mit seinem Verteidiger, einem arabischen Advokaten mitangehört habe.

Der Verhaftete erklärte dem Advokaten, daß es in Sephuria eine geheime arabische Terroristenorganisa- tion gebe, zu der die wegen des Attentats in Nahalal Angeklagten gehören.

Am 21 . Juli ging das Verhör zu Ende. Die fünf Araber sind dem ordentlichen Gericht mit der Beschuldigung des vorsätzlichen Mordes übergeben worden. Während des Verhörs wurde auch festgestellt, daß alle An* geklagten Mitglieder des muselmani* sehen Jugendverbandes sind, die am Tage des Mordes in Nahalal die Moschee auf* suchten, wo ein Gottesdienst abgehalten wurde.

Tendenzen für den Bodenverkauf gezeigt haben als in. Trans jordanien. Young verlor völlig die Fassung und erklärte, er wolle seine Antworten lieber allgemein halten und beabsichtige nicht, auf Einzelheiten einzu­gehen.

Damit war die Debatte über die transjordanische Frage beendet.

Wie hier verlautet, wird im Bericht der Mandats­kommission an den Völkerbundrat diese überaus interes­sante und hochwichtige Debatte nicht einmal er­wähnt werden.

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Palästinafragen vor dem Unterhaus

Auf der letzten Sitzung des englischen Parlaments wurde eine Reihe von Anfragen über Palästina-Ange­legenheiten gestellt. Abg. Jänner (liberal) fragte, ob Bestimmungen vorgesehen sind, um eine gerechte Ent­lohnung* bei jenen Arbeiten zu gewährleisten, die durch die Palästina-Anleihe durchgeführt werden. Der Kolo­nialminister erwiderte, Arbeitsbedingungen würden noch in Erwägung gezogen.

Abg. Jänner: Wird das Unterhaus noch Gelegen­heit haben, die im Gesetz enthaltenen Bestimmungen zu (diskutieren?

Auf eine andere Frage desselben Abgeordneten erklärte der Vertreter des Departemnts für den U e b e r- seehandel, daß die englischen Firmen, die an der kommenden Levante-Messe in Palästina Anteil neh­men zu einer Beratung zusammentreten werden.

Am Schluß beantwortete der Kolonialminister noch zwei Anfragen über die Luft-Verbindung mit Palä­stina.

Frau Persitz beim englischen König

Die bekannte zionistische Führerin Palästinas Frau Schoschanah P e r s i t z weilt seit einigen Tagen in Lon­don, um für den Fond zur Ansiedlung deutscher Juden in Palästina zu wirken. Bei dieser Gelegenheit wurde Frau Persitz, die bekanntlich dem kleinen judenstRatle- rischen Flügel der palästinensischen Allgemeinen Zio­nisten angehört und im Tel-Aviver Stadtrat das Für­sorgereferat innehat, auf die Fürsprache des Kolonial­ministers Cunliffe-Lister hin vom englischen K ö n i g s p a a r im 1 Londoner Buckingham-Palast zu län­gerer Audienz empfangen.

Frau Persitz gab dem englischen Königspaar eine ausführliche Schilderung vom 1 jüdischen Aufbauwerk in Palästina.

Von der revisionistischen Kongreßfraktion

<Aufruf des Präsidenten der revisionistischen Weltorganisntion)

Auf Grund eines einstimmigen Beschlusses des Exekutiv-Sekretariats bin ich als Präsident der revi­sionistischen Weltunion bevollmächtigt worden, folgen­de Wendung an alle revisionistischen Kongreßdelegierten zum XVIII. Zionistenkongreß zu richten:

Am 19. August windsich in P r ag, die Vorkonferenz der revisionistischen Kongreßfraktion versammeln, um über ihre Kongreßtaktik zu beschließen, eine Kongreß­leitung zu wählen und Vertreter für das Kongreßprä­sidium und für alle Kommissionen zu bestimmen.

Die Grundlinien unserer Kongreßaufgaben bleiben dieselben, wie sie vor und im Verlauf der Kongreß­wahlen proklamiert wurden. Wir werden für unser Programm, das durch alle unsere Weltkonferenzen fest­gestellt worden ist, und für eine Leitung von Juden- staatlem kämpfen. Wir werden uns am Kongreß un­ter allen Umständen bis zu seinem Schluß ^beteiligen.

Welchen Ausgang der XVIII. Zionistenkongreß auch nehmen mag, die Vorkonferenz wird über keine Fragen in Bezug auf die zukünftige Taktik des Revisionismus zu beschließen haben, da alle solche Fragen nicht zur Kompetenz der Fraktion, sondern ausschließlich zur Kompetenz einer ordentlichen Weltkonferenz der re­visionistischen Weltorganisation gehören, die nach dem Kongreß einberufen werden wird.

Ich wende mich deshalb an alle revisionistische Delegierten zum XVIII. Ziq^istenkongreß, ohne Unter­schied der Liste, auf welcher sie gewählt wurden und lade sie ein, sich an der Vorkonferenz der revi-) zionistischen Kongreßßdelegierten am' 19. August in Prag zu beteiligen, um zusammen eine einheitliche revisionistische Kongreßfraktion zu bilden.

Im Bewußtsein des großen Ernstes der Situation, fordere ich alle revisionistischen Delegierten auf, alle unsere innerlichen Konflikte auf die ganze Dauer des 1

Kongresses beiseite zu schieben und eine Einheitsr front für unsere Kongreßaufgaben zu bilden. '

Allen Beteiligten wird eine mehr als gerechte Ver­tretung der Minderheit in allen Körperschaften und Delegationen, die von der Kongreßfraktion gewählt wer­den müssen, zugesichert, und wir werden uns ehrlich bemühen, unser altes traditionelles Prinzip des Aus­gleiches in allen innerlichen Streitfragen zu er­neuern und durchzuführen. Es ist aber klar, daß in allen denjenigen Fällen, wo es eventuell doch nicht gelingen w r ird, einen einstimmigen Beschluß zu fassen, natürlich die Abstimmung zu entscheiden haben wird. Deshalb muß als Vorbedingung für die Beteiligung an der Vorkonferenz für alle Delegierte ohn Ausnahme, selbstverständlich die Verpflichtung gelten, die in al­len Organisationen üblich ist: die Verpflichtung eines jeden Delegierten, sich den Beschlüssen der Fraktions­mehrheit zu unterwerfen. 1 :

Es ist die Pflicht eines jeden Revisionisten, die Einheitlichkeit unseres Kongreßkampfes für die Ideale, die wir mit sovielen Opfern im Verlauf von 10 Jah­ren ununterbrochen gemeinsam vertreten und unter den Volksmassen verbreitet und vertieft haben, sichern zu helfen. VI. J a b o t i n s k y.

Anm. d. Red.: Auf diese Aufforderung des Prä­sidenten derWeltunion, eine einheitliche Front auf dem Kongreß zu bilden, ist wie die jüdischen Blät­ter Warschaus berichten, von seiten Meir Großmanns ein absagender Bescheid erteilt worden. Die Erklärung dieses Führers der sogenannten «demokra­tischen revisionistischen Liste» legt wieder die altq. Walze von der Wiederherstellung der «Legalität» ein, ein Argument, das heute angesichts des Wahlausgangs, der einen eindringlichen Beweis dafür, wo sich die überwältigende Mehrheit der Revisionisten befindet, ge­liefert hat, mehr als komisch wirken muß.