Vierteljahresaboimemciit durch die Post: NM 0,80. Inserate au Buchdruckerei Albert Loeweuthal (Inhaber Richard Ehrlick))

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Inserate an Buchdruckerei Albert Loeweuthal (Inhaber Richard Ehrlick))

Nr. 13

Oktober 1936

10. ZahrglUlg

Oie Israelitische Waisenknabenanstalt zu Posen.

Zu ihrem 100 jährigen Bestehen. / Von Dr. David Rettig.

It, (Schluß).*) einer höheren Schule gedacht. Bei der Auswahl de-.-

Der tägliche Gottesdienst in der Anstaltssynagoge konnte seit 1922 nicht mehr aufrechterhalten werden. Leit 1994 wurden bei besonderen Anlässen Gottes­dienste abgehalten. Seit etwa einem Jahre finden an Sonnabenden und Feiertagen wieder regelmäßige An­dachten statt. Ebenso werden die Jahrzeitfeiern durch Lichtanzünden und Kaddischsagen seitens eines Waisenknaben begangen.

U. a. sah man sich veranlaßt, den Tätigkeitsbereich der Anstalt weiterzuspnnnen. Da die jüdische Be- völkerung der Provinz Posen stark zusammengeschrumpft ist, müssen wir unsere Tore auch Waisenknaben aus anderen Gegenden des Polnischen Reiches offenyalten, was praktisch schon längst durchgeführt war. Außerdem sind 1934 drei Kinder eines in Deutschland lebenden polnischen Bürgers ausgenommen worden.

Die Verpflegung der Knabelt erfolgte in der ersten Zeit durch Lieferung eiiles Unternehmers. Sie war recht ärmlich. Auch an Kleidung nnb Wäsche wurde gespart.

Die Beaufsichtigung und der Religionsunterricht der Knaben lag in dieser Zeit dem Talmudgelehrten Lewy H i r s ch b e r g ob. Den allgemeinen Unter­richt erhielten die Kiilder in öffentlichen Elementar- und Bürgerschulen. Die Anstaltserziehung war in religiösem Geist.gehalten: rituelle Speisung, regel­mäßiger Besuch dös Gottesdienstes, Sabbathruhe waren Vorschrift. - Am Sonnabendnachmittag durften die Knaben ihre Verwandten besuchen, falls sie solche am Orte hatten.

Ursprünglich war die Fürsorge der Anstalt nur für das Knabenalter gedacht. Bald stellte sich jedoch die Notwendigkeit heraus, die materielle wie die geistige Fürsorge auch auf die Lehrzeit auszudehnen.

Auch in.bezug aus das Erziehungsziel ist ein allmählicher Wandel festzustellen. Das ursprüng­liche, statutarisch festgllegte Ziel ging dahin, die Zög­linge nach, der Schulentlassung einen handwerklichen oder landwirtschaftlich>n Berns erlerneil zu lassen. Bei besonderer Begabung war auch an den Bestich

*) Der erste Abschnitt.erschien in Nr. 12 vom September 1936.

Handmerkszweige gab es gewisse Einschränkungen; ill erster Reihe sollten solche Berufe berücksichtigt werden, die bei den Juden der Provinz wenig oder garnicht verbreitet waren. Von diesen Prinzipien mußte mau im Laufe der Zeit abgehen, da sie sich als hemmend tlnd undurchführbar erwiesen. Zwar wurde auch später und nach bis auf den heutigen Tag- handwerklicher Ausbildung den Vorzug gegeben; wc jedoch kaufmälmische Neigung und Anlage vcrhandeu sind uild sich die Gelegenheit zu entsprechender Be-, tätigung bietet, wird diese nicht von der Hand ge. wiesen. Die spätere Entwicklung hat dieser Auffassung Recht gegeben. Unter den vielen ehemaligen Zögl lingen gibt es neben guten Handwerkern auch viele, die im Kaufmannsstande Tüchtiges leisteten und zu Wohlstand und Ansehen gelangt sind.

Mit der Uebersiedlung der Anstalt in das neue Haus traten manche Verbesserungen im Verpflegungs- inld Vekleidungssystem ein. Das hängt mit der Ein­führung derEhrenmütter" zusammen. Indem dem weiblichen Element der ihm gebührende Anteil ein­geräumt wurde, war in der Leitung des Hauswesens eine wesentliche Lücke ausgefüllt. worden. Als erste E h r e n m ü t t e r " werden in der Chronik folgende Damen genannt: Bertha Kaskel,. Sara Briske, Char­lotte Sander und Helene Lipschütz. 1850 erfolgt Ab­schaffung der bis dahin üblichen Rationenlieferung und Einführung einer eigenen Wirtschaft in Form eines großen selbständigen Haushalts. Damit ist auch eine qualitative Verbesserung der Ernährung verbunden.

Im Jahre 1847 trat der Pflegevater Lewy Hirsch- berg von seinem Amt zurück, das für kurze Zeit Lehrer. Meyer verwaltete. Bald aber wurde diese Stelle dem pädagogisch gebildeten Privatlehrer M a n a s s e

Der lautende Jahrgang den Blätter des Verbandes Jüdischer Iieimatvereine schliesst mit dem Kalenderjahr 1936. Das Inhalts­verzeichnis den Blätter erscheint in den Dezembernummer.

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