Legende aus dem Posener Ghetto
Auch die Judcnstadt von Posen besitzt ihre Sagen und legenden. Dwsc baden sich in der SltniO'Splum' des Ol bet tos um ^ntzchehnisse, die für seine Bewohner von höchster Bedeutung waren, gebildet. Auch das Wirten berühmter Rabbiner bot reiches Material, aus den: die Phantasie jene Erzählungen formte. ^ Nur ein kleiner Teil ist uns bis heute erhalten geblieben.
'Einst lebte in Posen zu St. Adalbert ein Probst, der den Juden feindlich gesinnt war. Dies war für sie insofern schlimm, als er auch zaubern konnte. Sobald sie einen Toten zum Friedhof trugen, mußten sie mit der Leiche an der Wohnung des Probstes vorbei. Diesen Umstand benutzte der Probst, um den Juden zu schaden. Kam ein Leichenzug an seinem
Fot. Georg Asch
Grabstein auf dem bübischen Friedhof in Posen, haliidaufch Arje Leib Lalvary
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Hause vorbei, so öffnete er das Fenster, sprach ein Zauberwort, und der Zug blieb auf der Stelle stehen. Dann sprang der Sargdeckel auf, der Tote richtete sich, auf, raufte sich die Haare und begann seine während seines Erdenwallens begangenen Sünden aufzuzählen. Die Begleiter erschraken heftig über diesen Vorgang, doch blieb ihnen kein Ausweg, sie mußten dem Zauberer eine größere Geldsumme erlegen, damit er den Bann löse. Erst dann konnte der Zug seinen Weg fortsetzen. \
Da starb eines Tages ein armer, ehrenhafter Mann. Seine Freunde dachten mit Schrecken an das, was an der Probstei geschehen werde. Sie wandten sich deshalb au den Rabbiner, der dem Verstorbenen gewöhnlich eine kurze Strecke das Geleite gab, und baten um seinen Rat. Er beruhigte sie und empfahl ihnen, mit dem Toten am Tempel vorbeizuziehen; auch er würde sich dem Zuge anschließen. Der Probst gewahrte schon von fern den Zug und öffnete wie immer das Fenster. Als er mm seinen Kopf heraussteckte, wuchs ihm zu seinem großen Entsetzen ein mächtiges Hirschgeweih aus denl Kopfe, sodaß er ihn nicht mehr zurückziehen konnte. , Dadurch vergaß er, seine Zauberformel zu sprechen, und der Leichenzug konnte un
gehindert passieren. Inzwischen versuchte der Probst vergebens, sich der Hörner zu entledigen. (Tr konnte sich aber, trotz seiner Zauberkunst, nicht helfen. Freunde des Geistlichen baten den Rabbi um die B Heiligung des ungewöhnlichen Schumckes. Erst als sie allcs Geld, das der Probst durch seine Zaubermacht aus den Juden herausgelockt hatte, herbeigeschafft und sich verpflichtet hatten, den Juden niemals Unrecht zu tun, fiel das Gehörn von seinem Kopfe.
' Von da ab war es im Posener Gherto Sitte, den Toten auf seinem letzten Wege an der Synagoge vorbeizuführen.' Felix Asch sei. a.
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In diesen Tagen fährt sich zum 200. Male dcr Tag, an dem der Darschan Arje Löb, der bis 1736 lebte, in Posen das Zeitliche segnete. Arje Löb war eine der markantesten Persönlichkeiten aus dem großen Kreise von Gelehrten, die schon vor zweihundert und mehr Jahren im Posenschen wirkten. Er wurde nach seinem Tode im jüdischen Volksnmnd ,',Der Heilige" genannt, lieber ihn und seinen Mörtyrertod finden sich u. a. auch genauere Angaben bei Heppner- Herzberg „Aus der Vergangenheit und Gegenwalt der Juden und der jüdischen Gemeinden in den Posener Landen" (Kofchmin, Broniberg 1914].
Jubiläumsfeier der Israelitischen Knabenwaisenanstalt in Posen
Die Hundertjahrfeier wurde durch- einen Freitagabendgottesdienst am 23. Oktober festlich eingelntet. Die Festpredigt hielt der Anstaltsleiter, Rabbiner Dr. T. R e t t i g. 90 Personen waren versammelt. Am Tage darauf wurde der Sabbatgottesdienst abgehalten. Die Feierstunde am Nachmittag wurde mit Liedvorträgen von Frau Witkowsky, begleitet von Fräulein A n t m a n n, eingeleitet. Es folgte eine Ansprache durch einen Waisenknaben. Der Chor sang hebräische Lieder. Das mit viel Spannung erwartete Märchenspiel „Vor 100 Jahren", verfaßt von der Ehrendame der Anstalt, Frau Brandt, wurde dank der guten Inszenierung und Ausstattung durch Frau Bambergec, Frau Dr. C o h n und Frau Witkowsky begeistert auf» genommen. Diesem Spiel liegt die Legende von des Idee zugrunde, die den Gründer, Baron von Kottwitz, vor 100 Jahren veranlaßte,. 5000 Taler den Posener Juden zwecks Gründung einer Waisenerziehungsanftalt zur Verfügung zu stellen. Der Abend vereinte 80 Per» sonen um eine festlich geschmückte Tafel. 31 a. waren anwesend Herr Neustadt (Warschau), Direktor der „Joint" und Direktor Goldyn („Centos"), aus Berlin Dr. Franz Kantorowicz und' Frau Justizrat Schönlank. lieber 40 Spender zeichneten sich in die ausliegende Liste ein. Der Vorsitzende des Kuratoriums, Leo C h o n e, wurde durch einen neu geschaffenen, von seinen Fremden und Geschwistern ausgebrachten Fonds zur Unterstützung schul, entlassener Zöglinge, die „Leo Chone-Stistung", geehrt
L. G.
Gruppe Tessen-Hrepstadt. Da ein geeignetes Lokal für den ans den 24. Oktober festgesetzten Gruppen-Abend nicht zu bekommen- mar, mußte der Abend auf bcu 14. November abends 20 x j 2 Uhr, im Nestanrant Kaufmann,- Kleiststraße 14, verschoben werden. Der angelündigtc Vortrag des Obmannes findet an diesem Abend statt.