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OES VERBANDES

Vierteljahresabonnement durch die Post RM 0,80. - Manuskripte an die Redaktion, Berlin W15 Emsec 8P 42>v Inserate an die Buchdruckerei Albert Loeweülfiai (Inh. Richard Ehrlich), Berlin NW 40, Wilsnacker Straße 1, Tel.: 35 38 /4

Nr. 8

August 1938

12. Jahrgang

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Provinz und Stadt

Die' Neueinteilung der Wojwodschaften hat in unserer alten Heimat wesentliche Veränderungen her­vorgerufen. Die Städte Bromberg, Inowroclaw, Nahe! u. a. gehören nunmehr der Wojwodschaft Thorn an, während Kalisch, Kolo, Kon in-mit Umgegend der Wojwodschaft P.osen eingegliedert worden sind. Nach der Stadt Posen hat der Zuzug von Juden aus den kleinen Provinzstädten stark zu­genommen, so daß die jüdische Gemeinde Posen jetzt etwa 3500 Seelen zählt; das bedeutet eine Zunahme um etwa 15 v. H. gegenüber dem Stand vor etwa einem Jahr.

Die Unwetterkatastrophe, die im Juli über die ganze Wojwodschaft Posen niederging, hat über­all bedeutenden Schaden angerichtet. In Posen wur­den zahlreiche Häuser beschädigt, u. a. auch das FabrikgebäudePebeco". Aus der Gegend von Schrimm wird ein Gesamtschaden von etwa 250000 Zloty gemeldet. In Lissa, Wongrowitz, Wöll­stein, Neutomischel und umliegenden Ortschaf­ten haben die orkanartigen Gewitterstürme schwere Schäden verursacht, in Samt er hat das Unwetter den Klosterturm beschädigt und den Wasserkühlturm in der Mühle Gebrüder Koerpek eingerissen. Die Schäden sind, soweit es sich nicht um Flurschäden handelt, bereits behoben.

Ueberall in Stadt und Provinz werden umfang­reiche Bau arbeiten ausgeführt. Großzügig sind die Baupläne in der Stadt Posen, in deren Rahmen auch an der Schaffung zusammenhängender Grün­anlagen gedacht ist. Beim Ausschachten am Wilhelm- platz, wo ein neuzeitliches Bankgebäude erstehen soll, sind übrigens wieder Grabsteine gefunden worden, die vom alten Judenfriedhof herrühren und nun dem Großpolnischen Museum in Posen zugeführt worden sind; dort befindet sich bereits eine Sammlung solcher Grabsteine. Gegenüber der Akademie wird ein Ge­bäudekomplex niedergelegt, um einem Neubau' der Staatlichen Agrarbank Platz zu machen. Der Durch­bruch der Breslauer Straße und damit die Anlage einer neuen Verkehrsstraße zum Bernhardinerplatz ist be­reits im Stadium der Ausführung, und der Bau einer Zentralmarkthalle mit angeschlossener Kühlhalle ist beschlossen. Besondere Erwähnung verdient die end­gültige Regulierung der Warthe durch Schaffung eines neuen Flußbettes oberhalb der Wallischeibrücke; das bisherige Flußbett von der Wallischeibrücke bis zum Berdychower Damm soll zugeschüttet werden. Damit wäre der Anfang zum Bau des Kanals WartheGoplo- SeeWeichsel als Verbindungsweg zur Ostsee gemacht.

Später wird noch über die erst kürzlich begonne­nen Ausgrabungsarbeiten auf der Dom-In sei in Posen zu berichten sein. Man ist bereits in der Nähe

/ Neuigkeiten aus der Heimat

des Doms auf sehr interessante Funde gestoßen. In einer Tiefe von etwa zwei Metern konnte ein Teil einer Holzstraße freigelegt werden; allerhand Geräte und Werkzeuge sind der Universität zur genauen Prü­fung zugewiesen worden. Die bisherigen Ausgrabungs­erfolge haben zu der Ueberzeugung geführt, daß seit dem 10. Jahrhundert am Dom eine Burg gestanden hat, die zum Schutz der Einwohner mit einem Stein­wall umgeben war.

Aus der jüdischen Sozialarbeit sei er­wähnt, daß es in diesem Sommer wieder möglich war, einer größeren Anzahl jüdischer Kinder Ferienerholung außerhalb der Großstadt zu verschaffen. G. A.

Jisrael Isserl

Uber einen Schokkener Juden aus der ersten Hälfte des 18 . Jahrhunderts

Vor den Teilungen Polens waren die spätere Provinz Posen und ihre Nebengebiete Teile Polens und die dortigen Juden wenig anders als die Juden in Groß- und Klein- Polen. Natürlich gab es immer ein Hin- und Herüber­wechseln, so daß auch der Unterschied zwischen die­sen Juden und ihren Brüdern in der östlichen Hälfte Deutschlands unwesentlich war. Ueber das Leben der > Juden gibt es viele Quellen. Aber es ist auch ganz inter­essant, in ihr Familienleben zu blicken. Dazu geben uns neben vielen anderen wichtigeren Quellen die Lebens­erinnerungen, die Mosche Wasserzug als kleines hand­schriftliches Heft in spät-rabbinischer hebrä­ischer Sprache hinterlassen hat, und die er selbst betitelt hatLebenserinnerungen von Mosche Wasserzug und die edle Gesinnung seines Vaters R. Isserl sei. An­denkens. Was er über, seinen Vater dort sagt, soll hier in ungelenker deutscher Uebersetzung, aber getreu wiedergegeben werden:.

Mein Vater R. Jisrael Isserl und meine Mutter Frau Zippora gesegnet sei das Andenken der From­men zogen mich auf und schickten mich zur Schule, dort die Lehre Gottes zu lernen, - Und ich wuchs zum Mann heran. Und als ich 18 Jahre alt war, gaben sie mir zum Weibe die Frau Keile, Tochter des ge­ehrten Herrn Jizchak, des Sohnes Abrahams sei. And., und ihr Verdienst schützte uns und unsere Familien und alle Kinder Israels. Amen. Und auch nach der Heirat ließen sie nicht nach, mich beim Studium der Lehre zu erhalten, während ich bei dem dortigen Stadt­rabbiner lernte und aus seinem Brunnen Wasser schöpfte, das Wasser der Lehre, meinem Verständnis gemäß.

Und nun, lieber Leser, will icli Dir über Wesen und Wert meines verstorbenen sei. Vaters berichten:

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