Die Tagung des Administrative Committee der Jewish Agency in London

Vom 23. bis zum 27. März d. J. fand in London die erste Tagung des Administrative Committee der Jewish Agency seit Zürich statt. Da außerordentlich bedeutsame Punkte auf der Tagesordnung standen, war die Beteiligung der nichtzionistischen und der zionistischen Mitglieder groß. Leider lag der Bericht der Untersuchungskommis­sion, über den wir unsere Leser an anderer Stelle dieser Nummer informieren, noch nicht vor, so daß er bei den politischen Resolutionen noch nicht berücksichtigt werden konnte. In der Tat hatte das Administrative Committee diesmal den Hauptteil seiner Arbeit organisatorischen und kolonisatorischen Fragen zuzuwenden. Man muß bedenken, daß die Erweiterte Jewish Agency erst ein halbes Jahr lang bestand, so daß weder die notwendige organisatorische Durchgliederung erfolgen, noch eine konsolidierende Tra­dition entstehen konnte.

Die noch junge Erweiterte Jewish Agency hatte in diesem halben Jahr manche Prüfungen zu bestehen. Bald nach der Züricher Tagung verstarb der Führer des amerikani­schen Judentums und Präsident des Council der Jewish Agency, Louis Marshall. Die August-Ereignisse in Pa­lästina ließen es zu einem allmählichen Einspielen der Kräfte nicht kommen: sie beschworen politische Dis­kussionen herauf, stellten sogleich starke Anforderungen an alle Mitarbeiter. In den ersten Wochen wurde ein Hilfsfonds für die Unruhen - Geschädigten (Emergency Fund) aufgebracht, der die stattliche Summe von fast 600 000 Pfund erreichte, eine Sammlung, unter der aller­dings die Geldaufbringung für das normale Kolonisations- Budget des Keren Hajessod leiden mußte. Der Börsen­krach von New York hatte ohnehin zu einer Verschiebung des Beginns des amerikanischen Drives zur Aufbringung der Mittel des regulären Keren Hajessod-Budgets geführt.. In dieser Situation trat das Administrative Committee

zusammen.

Die Tagung wurde von Felix M. Warburg geleitet. Die Eröffnungsrede des Vorsitzenden und das ausführliche po­litische Referat des Präsidenten der Jewish Agency, Dr. Weizmann, sind bereits in der Presse veröffentlicht wor­den. Drei Kommissionen bearbeiteten die Fragen der Or­ganisation (Vorsitzender: Dr. Halpem), der Finanzen und Kolonisation (Vorsitzender» Oscar Wassermann) und der Politik (Vorsitzender: Leo Motzkin).

Wenn es Menschen gab, die der Meinung waren, die oben erwähnten Momente würden der neuen Agency un­überwindliche Schwierigkeiten bereiten, so hat der Verlauf der Beratungen in den Kommissionen und das durch die gefaßten Beschlüsse herbeigeführte Ergebnis der Tagung gezeigt, wie falsch solche Prognosen waren. Nachstehend soll über diese Ergebnisse kurz berichtet werden.

Orgäflisation.

Die durch Ableben des ersten Vorsitzenden des Council, Mr. Louis Marshall, freigewordenen Äinter wurden auf folgende Weise besetzt: Vorsitzendej^des Council wurde Lprd Melchett, Joint-ChairmJn des*'Council wurde Dr. Cyrus Adler. Nach den Züricher AbnfecLmgen sollten in diesen Frühjahr vier nichtziöüistische Mitglieder (an Stelle von vier zionistischen) in die Exekutive einrücken.

Das Administrative Comittee wählte in diesem Sinne die Herren Dr. Maurice B. Hexter, Dr. Werner Senator und Julius Simon und bestimmte Ing. P. Rutenberg zum Be­rater der Exekutive. Es wurden ständige Subkomissionen für Politik (Vorsitzender: Lord Melchett, Stellvertreter: Dr. Cyrus Adler) und für Finanzen und Budget (Vorsitzender: Oscar Wassermann, Mitvorsitzende: Dr. Bernhard Kahn und Simon Marks) eingesetzt. Aus Deutschland ge­hören dem PolitischenKomiteeals Mitglieder an die Herren Oscar Wassermann, Kurt Blumenfeld und Dr. Nab um Goldmann, als stellvertretende Mitglieder die Herren Dr. Bernhard Kahn, Dr. Georg Halpem, Dr. Georg Landauer und Dr. Max Soloweitschik, der Finanz- und Budgetkommission als Mit­glieder die Herren Dr. Aron Barth, Dr. Georg Halpem, Salman Schocken, Dr. Max Soloweitschik und Bruno Asch (Frankfurt a. M.), als stellvertretendes Mitglied Herr Kom­merzienrat Gerson Simon. Ferner wurden beratend^ Kommissionen für landwirtschaftliche Kolonisation, füi Handel und Industrie, für Immigration und Arbeit, für Gej sundheit, für Erziehung und für soziale Wohlfahrt ein­gesetzt. Es wurde festgestellt, daß der Vorsitzende des Administrative Committee in der Zeit zwischen den Sitzun­gen des Administrative Committee die Ausführung seiner Beschlüsse zu überwachen hat. Darüber hinaus steht |em Vorsitzenden des Administrative Committee ein von'Ihm im Einvernehmen mit dem Präsidenten der Jewish Agency auszuübendes Einspruchsrecht gegenüber Beschlüssen der Exekutive in besonderen Fällen zu.

Budget.

Wir erwähnten bereits, daß die Aufbringung des Hilfs­fonds, dessen Gelder für Zwecke bestimmt sind, die das Agency-Budget nicht vorsieht, und die Verhältnisse in Amerika die Sicherstellung des in Zürich angenommenen Palästina-Budgets für das laufende Arbeitsjahr in Höhe von 750 000 Pfund gefährdet haben. Nach eingehenden Beratungen stellte jedoch das Administrative Committee fest, daß trotzdem dieses Jahresbudget in vollem Umfange im Interesse der Konsolidierung der Siedlungen aufge­bracht werden müsse, und traf verschiedene Maßnahmen, um dies sicherzustellen. Um eine zunehmende Verstärkung der kolonisatorischen Tätigkeit der Jewish Agenzy zu er­möglichen, sollen mit den interessierten Organisationen Verhandlungen über die im Rahmen des Gesamtbudgets vorhandenen PostenErziehung undGesundheitswesen geführt werden, die eine Verringerung der Zuschüsse der Jewish Agency zu diesen Posten ermöglichen, voraus­gesetzt, daß eine Übertragung des Erziehungs- und Ge­sundheitswesens auf andere Körperschaften graduell und unter der Kontrolle der Jewish Agency erfolgen kann.

Neukolonisation.

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Das Administrative Committee erklärte es für die wichti gste Aufgabe der nächsten Zukunft, mit der Besiedlung der im Besitz des Keren Kajemeth (des Bpdenkauffonds) befindlichen freien Böden zu beginnen^ Gegenstand der Debatte war ein großzügiges Kolo­nisationsprojekt, das von Herrn Dr. Ruppin vor-

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