Herausgegeben von den Mitgliedern der Jewish Agency und dem Präsidium des Keren Hajessod (Jüdisches Palästinawerk) E. V. in Deutschland
Nummer 6 bis 10 4. Jahrgang Juni/Oktober 1932
Inhalt dieses Heftes:
Unsere Arbeit im neuen Jahr
Dt. A. Ruppin, Neue Entwicklungsphasen des Palästina-Aufbaus L. Jaffe, Der Keren Hajessod und die Stadt Der Touristenverkehr Palästinas
Interview mit Lord Reading Die Staatsfinanzen Palästinas 1931 Die Schulen der Jewish Agency 5692 Flugdienst Deutschland-Palästina
Aus der Tätigkeit des Keren Hajessod — Bilderbeilage
Unsere Aufgabe im Jahre 5693
Das neue Jahr, dessen Beginn wir am Rosch Haschanah festlich begangen haben, findet Judenheit und Judentum in einer Situation, die die Existenzfragen unserer Gemeinschaft mit einer Stärke stellt, wie sie die letzten Generationen nicht gekannt haben. Auch in Deutschland muß die Judenheit heute mit Kraft und Leidenschaft der täglichen Bedrohung ihrer Ehre, dem Kampf um ihre bürgerliche und wirtschaftliche Existenz, der Gefährdung ihrer Kultur und ihrer Zukunftshoffnung entgegentreten. Das Bewußtsein der Verantwortung für die jüdische Gesamtheit und ihre Zukunft muß den deutschen Juden die Kraft zu diesem Kampf geben und — eingedenk der großen Gesamtheitsideen der jüdischen Geschichte — sollten sie in einer solchen Zeit über die Schranken aller Parteirichtungen hinweg in jüdischem Gemeinschaftswerk zusammenstehen.
Für die Erhaltung und die Zukunft des Judentums ist unser Kampf gegen die Bedrohung der jüdischen Gegenwart aber nur dann sinnvoll, wenn zugleich die Anstrengungen verdoppelt werden, die wirtschaftlichen und kulturellen Fundamente des neu§n jüdischen P a 1 ä s t i n a zu festigen und auszubauen, wenn also in immer steigendem Maße die Judenheit die Bedeutung des Palästinagedankens
für das Judentum erkennt und den Aufbau des jüdischen Palästina als die bedeutendste alle Parteigrenzen überschreitende Gegenwartsaufgabe der Gesamt judenheit begreift. Deshalb müssen wir das neue Jahr mit dem dringenden Appell an alle unsere Freunde einleiten, dem Keren Hajessod, dem Kolonisationsinstrument der Jewish Agency, der die Aufbauarbeit in Palästina in Stadt und Land zu tragen hat, die Treue zu halten und ihm durch Verbreitung des Palästinagedankens in immer weiteren Kreisen der deutschen Judenheit neue Freunde zuzuführen.
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In einem kaum faßbaren Kontrast zu allem, was Juden heute hier erleben und empfinden, stehen die Berichte über die Stimmung, die in diesem Jahre in Palästina herrscht. Hatten schon die großen Massenveranstaltungen und Festlichkeiten des Frühjahres, über die wir berichtet haben, — „Purim in Tel-Awiw“, die Makkabiah, die Levante-Messe — einen gewaltigen Touristenstrom ins Land geführt und eine enge Verbindung zwischen Palästina und den jüdischen Zentren in der Welt hergestellt, so hat die im Laufe dieses Jahres sich dauernd verstärkende