— 384 — sind. Es gelang den Forschern, auf ihrer viermonatigen Reise die Ruinen von elf Synagogen genau zu untersuchen, ihre Grundrisse aufzunehmen und eine- grosse Zahl von hochinteressanten Resten der diesen Monumenten eigentümlichen Ornamentik im Bilde festzuhalten, von der mehrere den Berichten beigefügte Ab¬ bildungen Proben geben. Eines der wichtigsten Ergebnisse der Forschungsreise war die Feststellung der typischen Giundrissform dieser unter römischer Herr¬ schaft und römischem Einfluss entstandenen jüdischen Bauwerke; entgegen den früheren englischen Forschungen, die bei einigen Ruinen drei bis vier Säulen¬ reihen im Innern feststellen zu können meinten, ist bei sämtlichen untersuchten Synagogen ein breites Mittelschiff mit einem Säulenumgang auf drei Seiten, der eine Empore trug, jetzt mit Sicherheit nachgewiesen worden. — In den Berichten über die Grabungen in Babylon meldet Dr. Koldewey einen neuen für die Topographie der Stadt und Burg Nebukadnezars überaus wichtigen Fund, nämlich die Auffindung des öfter in Inschriften genannten Kanals Arachtu. — Auch von den Grabungen in Assur wissen die Briefe des Expeditionsleiters Andrae wieder erfreuliche Fortschritte zu melden. Die Arbeit konzentrierte sich auf die völlige Freilegung des Anu- und Adad-Tempels, die nun zu Ende geführt ist und reiche Ergebnisse an in schriftlichen und archäologischen Funden gebracht hat. So wurde u. a. der Kopf eines jener überlebensgrossen Stiere mit Menschenhaupt gefunden, wie sie an den Eingängen assyrischer Paläste zu stehen pflegen, ferner eine archaische lebensgrosse Statue aus basaltartigem Stein, leider ohne Kopf, die vielleicht aus der Zeit um 2000 v. Chr. stammt. Ein jüdisches Grab aus der Zeit Christi. Auf dem Gebiet des syrischen Waisenhauses in Jerusalem wurde im März, dieses Jahres eine mit einem grossen Stein verschlossene Grabhöhle gefunden,, deren genaue ausführliche Beschreibung wir in der von dem syrischen Waisen¬ hause herausgegebenen evangel. Quartalschrift vom Mai 1905 „Der Bote aus Zion u lesen. Die Grabhöhle enthält eine durch einen Stein verschlossene Kammer mit Steinbänken und fünf Schiebgräbern, die ebenfalls durch Steinplatten ver¬ schlossen waren. Drei der Schiebgräber waren leer, zwei enthielten drei mit Steindeckeln versehene Steinsärge, während zwei weitere Steinsärge in der Kammer selbst standen. Die hübsch verzierten Särge enthielten menschliche Gebeine und auf dreien fanden sich griechische und hebräische Schriften: Papias kai Salome Skythopoleitai, Ammia Skythopoleitissa, Anin Skythopoleites, dann Padias habbesani, Ammia habbesani, Charin habbesani, Joseph bar (Sohn) Charin. Es handelt sich also um Sachen aus Besani (Bethsean), aus Sauls Geschichte bekannt, das in der Makkabäerzeit bereits griechisch Skythopolis hiess. Man muss nach den Namen und den aramäischen Schriftzeichen jedenfalls auf ein jüdisches Grab schliessen; das Grab scheint vor dem Jahre 70 n. Chr. absichtlich verdeckt worden zu sein, um es vor Entweihung durch die heranziehenden römischen Heere zu schützen. Doch ist für das Grab der wohl aus Besan nach Jerusalem übergesiedelten Familie ein Spielraum von 150-200 Jahren rückwärts von 70 n. Chr. zu rechnen.—Der Prozess der Beisetzung ist so zu denken, dass die Leiche in Tücher gewickelt, in ein zu vermauerndes Schiebgrab gelegt und bis zur voll¬ ständigen Verwesung gelassen wurde. Nach ungelähr zwei Jahren wurden dann die Gebeine gesammelt und in Steinsärge gelegt, die oft die Gebeine mehrerei- Verstorbenen enthielten. Verantwortlich für den redaktionellen Teil von »Altneuland" Dr. S. Soskin, Berlin. Druck von Pass & Garleh G.m.b.H., Berlin W. 35, Steglitzerstr.il. |