Bit Leit unterer Freude „Lerne dich freuen! Aber glaube mir: Wahre Freude ist eine ernste Sache." Seneca. Es ist ein Eigentümliches der jüdischen Religion, daß alle ihre Feste auf den Gedanken der Erinnerung gestellt sind. Soll das Passa-H- Fest die Erinnerung an den Auszug aus der ägyptischen Knechtschaft im Volke wachhalten, Schabuoth die Gesetzgebung am Sinai dein Ge¬ dächtnis unverlierbar einprägen, so will das Laubhüttensest Israel immer wieder erinnern an die sorgende Vaterhand Gottes, der in der schweren Zeit der Wüstenwanderung sein Volk behütet hat vor Not und Gefahr. Selbst das Neujahrsfest, dem keinerlei historische Er¬ innerung Zugrunde liegt, wird als ein „Tag des Erinnerns" in einem nach innen gewandten Sinne gedeutet. Während aber das Neujahrs¬ fest und der ihm zugehörige Versöhnungstag als Erinnerungszeit an unsere eigene menschliche Schwäche und Abhängigkeit von tiefstem und feierlichstem Ernst erfüllt sind, trägt das Laubhüttensest einen durch¬ aus anderen Charakter. Schon das Neilah-Gebet des Jom kippur, der göttlichen Gnade nach schmerzlicher Buße gewiß, bereitet als Ab¬ schluß des heiligen Tages durch seinen Inhalt und seine Musik auf die Stimmung des kommenden Laubhüttenfestes vor. „Die Zeit unserer Freude" aber nannte fromme Dankbar¬ keit unserer Alten die ganze Kette der dem Versöhnungssest folgenden Feiertage: die Herbsternte war beendet, der Sogen der Felder ein- gebracht in die Scheuern, Keller und Höfe füllten sich mit den Gaben der Natur — da brach Jubel aus in den Herzen der Menschen und trieb sie Zu freudiger Andacht in die weitgeöffneten Gotteshäuser. Als ein „Fest des Einsammelns", als Erntedankfest, feierte man dieseTage voll bacchantischer Lust, mit heiterem Spiel und festlichen Tänzen, mit Gelagen und Umzügen, mit nächtlicher Beleuchtung und Fackeltanz. Doch richtete die Freude und Dankbarkeit sich immer wieder auf Gott, den Spender und Urheber alles Guten. Nicht blinde Verehrung der Natur und ihrer Kräfte allein konnte auf die Dauer Sinn des Festes sein; derselbe Gott, der den Menschen den Sogen der Natur bereitet, mußte zugleich als der Go t t d e r G e s ch i ch te erwiesen werden, der feinem erwählten Volke Zur Seite gestanden in den Tagen feiner beschwerlichen Wüstenwanderung. So wandelte sich zwar die gedank¬ liche Begründung des Festes — zum Dank für die Gaben der Natur / Letrschtung»um Lsubhüttenkelt Van Sr. Rar! ffiofrntljai (Lrrlin). gesellt sich der Dank für die göttliche Führung — aber es bleibt sein froher Charakter: „Singet und jubelt zur festlichen Zeit!", das ist die Stimmung dieser Tage. Verflogen ist der Ernst des Jom tippur, Freude ist der Sinn des Festes. Es würde aber dem ganzen Charakter der jüdischen Religion widersprechen, wenn die Freude nur als egoistische- Freude des ein¬ zelnen erlebt würde. Im Judentum kann es keine Freude für den Menschen geben, die nicht zugleich zur Mitfreude wird für die anderen. ,Mahre Freude ist eine ernste Sache" — sie läßt uns nicht nur an uns selber denken, sondern auch an die anderen. „Ein Fest der Hütten sollst du dir feiern sieben Tage, wenn du einbringst aus deiner Tenne und deiner Kelter; und freue dich an deinem Feste, du und dein Sohn und deine Tochter, und dein Knecht und deine Magd, und der Levite und der Fremdling, und die Waise und die Witwe in deinen Toren." (5. M. 16. 13 s.) Erst die Freude, die wir andern bereiten, läßt uns die Seligkeit eigener Freude ganz empfinden. Darum lenkt das Judentmu den Blick des Menschen gerade im Augenblick der höchsten Freude auf die Nöte und Sorgen der anderen: weil bu im Glücke bist, gedenke der Darbenden. Es gibt eine Fröhlichkeit, die voll tiefen Ernstes ist — die Fröhlich¬ keit der Wissenden wie es einen Ernst gibt voll innerster Heiterkeit. Wie recht hatte darum Seneca: „Wahre Freude ist -eine ernste Sache." Man darf das Judentum die Religion der Freude nennen; aber es liegt ein elegischer Klang in dieser Freude, weil sie erfüllt ist von dem Wissen um Menschennot und Menschenschicksal. Das „Dienet dem Ewigen mit Freude!" bedeutet uns darum nicht die rauschende Freude primitiver Lebenslust. Hinter der Freude steht der Ernst der Verantwortung. Aus solchem Denken heraus ist es zu begreifen, daß unsere Alten für die „Zeit der Freude", für die Tage des Hüttenfestes die Lektüre des Buches Kohelet anordneten, des großen Skeptikers, der das Leben liebte wie wenige, der die Freude pries als ein Glück des Daseins und dennoch das Dasein in seiner ganzen hohlen Nichtigkeit erkannte, um zuletzt zur tiefsten Erkenntnis unserer menschlichen Bestimmung Zu kommen: „Fürchte Gott und halte seine Gebote — denn dies ist der ganze Mensch!" Präsidentenstuhl frei ist, auch Reichspräsident. Erzberger und Rathenau sind nicht ermordet, son¬ dern getötet worden. Die Täter sind keine Mörder, sondern ganze Kerle." Der „Illustrierte Beobachter" vom ^.Ok¬ tober schließlich veröffentlicht auf seiner letzten Seite, die „Das Ende . . überschrieben ist, vier Bilder zu Stresemanns Tode. Eine Aufnahme zeigt das französische Außenministerium in Paris mit schwarzer Fahne auf Halbmast. Die Unterschrift dieses Bildes heißt: Ein sehr bedenkliches Zeichen!! Am Quai d'Orsay (französisches Außenministerium) wurde, ebenso wie aus den Gebäuden der französischen Besatzungsarmee im Rheinland, die Trikolore auf Halbmast gesetzt. Sollte Frankreich einen guten Freund verloren haben?? Das größte Bild zeigt den toten Außen¬ minister in dem blumengeschmückten Sarg. Es trägt die Unterschrift: Auf dem Totenbett: Doktor Gustav Strefe¬ mann, dessen Namen die Verträge zur restlosen moralischen Entwaffnung des deutschen Volkes und des Verzichtes auf eine Wiedergutmachung des uns im Versailler Diktat angetanen Unrechts tragen, starb rund 50 Jahre alt. Fast ebenso lang soll nach seinem letzten Werk, dem Young-Plan, das deutsche Volk der Börse fronen. Zum Schluß sei noch die „Deutsche Wochen¬ schau" genannt, die in ihrer Nummer vom 12. Oktober einen „Stresemanns Vermächt¬ nis" überschriebenen Leitartikel mit den Worten einleitet: „Strefemann ist nicht mehr, er hatte das Glück, eines natürlichen Todes zn sterben." Nachdem der Verfasser dann feststellt, daß man über einen Toten nichts Schlechtes reden oder gar schreiben dürfte, beginnt er mit der Kritik an dem toten Staatsminister: „Wer war denn dieser Tote, der da mit üppigerem Pomp beigeseht wurde als Wilhelm I. und Bismarck?" Aus der langen Liste der Vorwürfe, die er dann er¬ hebt, seien nur folgende Stellen wieder¬ gegeben: „Es merkt dabei nicht und will es nicht sehen, daß Strefemann in seiner ganzen Politik nichts weiter war als Werkzeug und Beauftragter überstaatlicher Mächte. Es ist bekannt, daß er, bevor er Reichskanzler wurde, erst Freimaurer werden mußte und kurz vorher in die Loge Friedrich der Große* eintrat, wo er in auf¬ fallend kurzer Zeit höhere Grade erstieg. . . . Wir wissen ferner, daß sein Gegner, Minister Vriand, ebenfalls Freimaurer ist. Was beide wiederholt auf jenen berühmten Frühstücken ohne Zeugen verhandelten und beschlossen, weitz niemand und darf rüemand wissen, da es Freimaurergeheimnis ist. Daß es stets zum Unglück Deutschlands ausschlug, kann Wohl nicht gut bestritten werden. . . . . . . Negieren heißt führen, Führer sein, heißt Charakter haben. . . . Und Charaktere gibt es in Deutschland unter den sogenannten Führern von heute überhaupt nicht. Auch dieses Ver¬ mächtnis wirkte unheilvoll auf das ganze Volk in allen Schichten, denn das einst Willensstärke verlor dank der Erziehung durch Strefemann den Charakter. Strefemann war überhaupt keine starke Per¬ sönlichkeit, wohl aber besaß er von Natur aus eine gewisse idealistische Veranlagung. Sein Unglück war, daß er in jüdische Umgebung geriet. . . . In einem Deutschland, das jüdische Provinz ist, verfiel er der Geistesrichtung der jüdischen Machthaber. Der jüdische Einfluß löschte seine Eigenpersönlichkeit noch vollends aus. So wurde er zum gedanken- und willenlosen Vollstrecker der jüdischen Pläne, ohne sich selbst dessen bewußt zu sein, da er za weiter nichts mehr als Medium jüdischer Suggestionen war, wie Eduard VII. von England oder auch Wilson u. a., in deren Zügen wir überall den gleichen maskenhaften Ausdruck finden, das stereotype Lächeln des Opfers jüdischer Suggestion. So war Strefemann schon längst seines Eigenlebens beraubt und tot, noch ehe er starb. Wenn der Jude den Arbeiter um feinen Lohn betrügt, den Unternehmer um sein Werk, die Fürsten um ihre Krone, das Bürgertum um seine Sparpfennige, den Bauer um feine Scholle und den Priester um seine Religion, wie uns alle um Freiheit und Ehre — Strefemann beraubte er noch um das Letzte: um seift Selbst. Auch diese Rechnung wird uns der Jude be¬ gleichen. Strefemann ist tot. Seine Erfüllungspolitik, seine Jllufionstaktik, seine Kompromitzsucht, sein Mangel an Charakter, all daS hat er dem deut¬ schen Volke als Vermächtnis hinterlassen." So respektieren die, die sich die „Retter Deutschlands" nennen, den Tod eines Mannes, vor dem sich die ganze Welt beugt. vr. Lep vor öem Strafrichter. 1000 Mark Gelvstrafe wegen Be¬ leidigung eines Münchener Amts¬ richters. — Berufnngsverhandlnng im Ritnalmordprozetz. Am 2. Oktober stand Dr. Ley vor dem er¬ weiterten Schöffengericht in Köln. Er hatte im „Westdeutschen Beobachter" einen Münchener Amtsrichter als Geisteskranken und Verbrecher be¬ schimpft und mußte nun den Beweis für diese Un¬ geheuerlichkeit schuldig bleiben. Mit ihm war ein Mitarbeiter der Redaktion, Longerich, angeklagt, der sich zuerst als Verfasser des Artikels bezeichnet hatte, jetzt aber diese Angaben zurückzog. Im übrigen das typische Bild. Beide Angeklagten boten dem Beleidigten eine Ehrenerklärung an, die wohl strafmildernd wirkte, eine Verurteilung aber nicht verhindern konnte. Das Urteil lautete auf je 1600 Mark Geldstrafe. Vor der Strafkammer fand dann unter dem Vorsitz des Landgerichtsdirektors Bock die Be- rusungsverhandlung gegen das in der „C. V.s Zeitung" Nr. 31 vom 2. August d. I. ausführlich wiedergegebene Urteil vom 26. Juli statt. Wie er¬ innerlich, hatte Ley im „Westdeutschen Beobachter" einen Artikel „Daube von Juden geschachtet" ver¬ öffentlicht und dazu in einem grauenerregenden Bild die Abschlachtung eines Knaben illustriert. Die aus Grund der §§ 166 und 130 StGB, er¬ hobene Anklage hatte zu einer Verurteilung mit 1000 Mark Geldstrafe nebst Kosten geführt. Die Verufungsverhandluug brachte nichts wesentlich Neues. Während Ley in der ersten Verhandlung nur „gewisse jüdische Sekten" gemeint haben wollte, sollte jetzt nicht die „jüdische Neligionsgefellschaft", sondern die „jüdische Rasse" das Objekt seiner An¬ griffe gewesen sein. Den Beweis suchte er wie da¬ mals mit langatmigem und wirrem Unsinn zu be¬ weisen. Der Staatsanwalt beantragte dieses Mal drei Monate Gefängnis. Das Gericht stellte sich jedoch auf den Standpunkt, „daß nach der geltenden Rechtsprechung die Gemeinschaft der Juden als Religionsgesellschaft anzusehen sei und daß diese somit unter dem Schutz des § 166 stehe". Das Urteil der ersten Instanz wurde als berechtigt anerkannt. Es blieb somit bei der Geldstrafe von 1000 Mark nebst Kosten. |