Zeitschrift des KcutrillökttiLS Stlitslhkr Stößtö&ürgrr BWs Clöiidküs. = Drschrinl juiölfmal int Sahre. VIII. Zahr7g. Berlin, Januar 1902. Mr. 1. Parität. 'Kon Zabius Schach in Karlsruhe. D^^orte haben im öffentlichen Leben eine große Bedeutung, und sie haben wie Menschen und Bücher ihre Schicksale. Es giebt Worte, die zur Zeit ihrer Entstehung einen Schein von Berechtigung hatten und nachher Verwirrung und Unheil anrichteten. Worte sind, wie der Philosoph Hobbes sagt, „die Rechenpfennige der Weisen und die Münzen der Thoren". Da unsere Weit nicht aus lauter Weisen besteht, unterläßt man es häufig, diese Rechenpfennige in Münzen umzuscßen. Man begnügt sich mit den Werten und vergißt ganz, einen Begriff damit zu verbinden. Zn den wunderlichsten Worten, die die politische Terminologie der Neuzeit geschaffen hat, gehört auch die Parität. Die Parität ist ein Kind des Kulturkampfes, und das ist eine schlechte Legitimation Und doch hatte dieses Wort vor 25 Jahren einen Schein von Berechtigung. Wir wissen es heute alle: die Heraufbeschwörung des Kulturkampfes in Deutschland war eine der unseligsten Ideen Bismarcks. Und wie alle Fehler eines Geistcsricsen, war auch dieser von gewaltiger Tragweite. Dem Schmiede der äußern Einheit Deutschlands schwebte als Krönung des großen Werkes eine innere harmonische Verschmelzung aller Theile des Reiches vor. Die Neuschaffung eines starken National¬ bewusstseins, das dem deutschen Volke in der Zeit der Zerklüftung und der politischen Schmach verloren gegangen war, galt dem ersten Kanzler als höchstes Ziel. Er sah im militärisch organisierten, nach Rom gra¬ vitierenden Katholizismus eine Macht, die die Entfaltung des Deutsch- |