366 Hm deutschen Reich. Korrespondenzen. # Berlin, 21. Juni. Auf Verfügung des Provinzialschul¬ kollegiums sollte am 15. Mai d. Js. in allen hiesigen Gemeinde-, Privat, und städtischen höheren Tochterschulen eine genaue Uebersicht der diese Anstalten besuchenden jüdischen Kinder nach Jahrgängen und Klassen aufgestellt werden. Dem Vernehmen nach ist diese An¬ ordnung ergangen, um die Anzahl der religionsunterrichtspflichtigen Kinder festzustellen. In der „Deutschen Revue" widmet der bekannte - christliche Theologe D. M. Schwalb aus Anlaß der Veröffentlichung eines Bosse'schen Briefen, in dem der frühere preußische Kultusminister „die Religion für wichtiger bezeichnete als Dogma", dieser Aeußerung eine intereffante Betrachtung. Die Berliner „Volkszeitung" macht darauf aufmerksam, daß Schwalb daher die Erklärung abgiebt die von Bosse ersehnte „Theisten- Gemeinschaft" sei eigentlich schon vor¬ handen, aber Bosse hat davon nichts gewußt oder wissen wollen. Schwalb schreibt: „Uebrigens giebt es ja in der Welt — und merkwürdig ist es, daß Dr. Bosse gar nicht daran zu denken schien — ungefähr seit dreitausend Jahren eine ziemlich große rein theistische Gemeinde. Sie ist, obwohl unter allen Völkern zer¬ streut und nur mit einem Minimum von kirchlicher Organisation aus- gestattet, durch ihren gemeinsamen, streng theistischen Glauben und durch einige alte Riten und Gebräuche sowie durch geschichtliche Er¬ innerungen und Sagen • sehr fest verbunden. Im Laufe der Jahr- Hunderte hat sie zahllose Märtyrer hcrvorgebracht und unsäglich viel auch wegen ihres religiösen Bekenntnisses ei litten. Genannt zu werden braucht diese Gemeinde nicht. „Nomina sunt odiosa Wenn aber einmal in dieser alten und altersschwach gewordenen Ge¬ meinde irgendwo, was immerhin denkbar und möglich ist, der Geist ihrer großen Propheten, der überall und in jeder Zeit da weht, |