Korrespondenzen- 367 wo er will, wieder erwachte, so könnte vielleicht dort wieder, wie vor 1900 Jahren, eine religiöse Neuschöpfung entstehen zum Heil der Welt. Einstweilen, und möge die Zukunft bringen, was sie will und kann, haben wir nicht das Recht, wenn wir die Schöpfung einer Theistenkirche erstreben, die älteste und zahlreichste theistische Gemeinde einfach zu ignorieren, noch weniger das Recht, als so¬ genannte Christen sie in unserem practischen Leben zu unterdrücken". Aus Anlaß eines neueren Prozesses erinnett d e Volkszeitung daran, daß der verstorbene antisemitische Professor von Treitschke ein sehr schroffer Gegner der freien Kritik gegenüber seinen Vor¬ lesungen war. Er sagte am Schluffe einerDorlesung am 26.Oktober 1893: „Ich sehe mich zu meinem Bedauern genöthigt, in Folge trüber Erfahrungen aus vorigen Semestern, am Ende meiner ersten öffent¬ lichen Vorlesung eine dringende Aufforderung an Sie zu richten. Diese Vorlesung ist für ein Publikum, d. h. sie ist zunächst auf euren akademischen Kreis in weitester Ausdehnung berechnet; doch sind auch Gaste willkommen, die indeß die stillschweigende Verpflichtung übernehmen, vulgär geredet, nicht aus der Schule zu plaudern. In Folge der zunehmenden Verjudung Berlins (!!) hat sich ein Geist gemeinen Denunziantenthums selbst bis an die Stufen dieses Lehrstuhles einzuschleichen gewagt, den ich aufs aller- entschiedenste zurückweisen muß. Ich würde meine Stellung als Pro. fessor einer Universität ohne Bedenken aufgeben, wenn ich mich so tief erniedrigen sollte, für das, was ich von dieser Stelle aus zu Ihnen rede, einer Zeitung Rechenschaft ablegen zu müssen. Dann besteht ja insbesondere das Wesen der akademischen Lehrfreiheit, daß mau frei heraussagen darf, was man nach bester Ueberzeugung für die Wahrheit hält, ohne sich um die Kritik in den Zeitungen kümmern zu brauchen. Unsere Universität ist eine vornehme In¬ stitution, der es zu wünschen wäre, daß sie von Leuten verschont bliebe, die mit anonymer Denunziation in Tagcsblättern gegen einen Mann vergehen, der für seinen guten Namen in der Ocffentlichkcit einsteht." Hierzu bemerkt die Volkszeitung: „Der antisemitische Professor hat dabei Eines übersehen: Wer den Muth hat, vor seinem Audito¬ rium alles frei heraus zu sagen, was er für richtig hält, der mag auch den Muth haben, das, was er gesagt hat, unter allen Umständen vor der breitesten Oeffentlichkeit zu vertreten. Im Ucbrigen sind die Worte des antisemitischen Proseffors auf ein n höchst unfruchtbaren Boden gefallen. Denn eben diese Worte, in denen er als die Pflicht seiner Hörer hinstellt, aus seinen Vorträgen nichts in die |