Korrespondenzen . 369 stimmung mit dem Beschlüsse des IX . Gemeindetages , ihren Beitrag für den Bund auf annähernd 1 pCt . ihres Steuereinkommens erhöht haben , oder die sich verpflichten , für die der provisorischen Anstalt zu überweisenden Zöglinge den Theil der Kosten zu tragen , der nicht durch die von den Provinziaibehörden zu entrichtenden Pflege - und Ausstattungsgelder gedeckt wird . Es versteht sich von selbst , daß wir Juden das , was wir für jüdische Verhältniffe nöthig finden , unbekümmert um antisemitische Angriffe in ' s Werk setzen . Jedenfalls ist es aber auch nöthig , einzelne Sonderbestrebungen stets so zu begründen , daß nicht von christlicher Seite Schlüsse gezogen werden können , welche das antisemitische Ziel der Absonderung der Juden rechtfertigen . Die antisemitische Wiener „ Deutsche Zeitung " schrieb am 1 . Juni : „ Dr . Jeremias , derzeit Nervenarzt Ln Posen , findet in der „ Allg . Ztg . d . Judenthums " vom 30 . d . , daß für die Juden eigene öffentliche Irrenanstalten Bedürfniß seien . Jeremias klagt : Die Jahrhunderte lange physische Depravation durch das Gheltoleben und die von jeher bei uns heimische geistige Ueberlastung haben das ihrige gethan , um der jetzt lebenden Juden¬ generation den Stempel nervöser Entartung unverkennbar aufzuprägen . Bezeichnend dafür ist die ungeheure Zahl der schlechthin „ Nervösen " und der eigentlich Nervenkranken unter uns , ferner die das Bevölkerungsverhältuiß weit übertreffende Zahl jüdischer Taub¬ stummer und Blinder . Das markantest - . ' und traurigste Moment aber ist die außerordentliche Zahl von Geisteskranken . 1871 kamen in Preußen und Bauern auf je 100 000 Seelen : bei Pro¬ testanten 236 , bei Katholiken 234 , bei Juden 423 Geisteskranke . 1895 kamen in Preußen auf je 100 000 Seelen : bei Protestanten 261 , bei Katholiken 250 , bei Juden 498 Geisteskranke . — Oder anders ausgcdrückt : 2 % Percent der Geisteskranken Preußens waren Juden , während der Percentfatz entsprechend demjenigen in der Gesammt - bevölkerung 1 7s hätte sein sollen . Wir haben dem Bedürfniß nach Irrenanstalten für verrückte Juden oder sogar für solche , die es nur vor dem Strafgesetze wohlweislich sein wollen , nichts entgegenzuhalten ; für die im wahren Sinne „ gesunden Juden " halten wir aber das Ghetto für durchaus nicht „ depravierend " . Woher denn ? Probieren wir ' s übrigens einmal , ob sie dadurch schlechter werden ! " — Herr Dr . Jeremias hat sicher diese Wirkung seines Artikels weder beab¬ sichtigt noch vorausgesehen , trotzdem es sich erwarten ließ , daß aus seiner in dieser Allgemeinheit überdies glücklicher Weise unzutreffenden Behauptung von dem „ unverkennbaren Stempel nervöser Entartung der jetzt lebenden Juden - |