498 Im deutschen Reich . Wesentlichen Jrrtume , als sei die Einräumung der bürgerlichen Rechte an die Juden als Ausfluß liberaler Ideen plötzlich wie ein Gestirn am Himmel erschienen , dessen Licht überall hineingeleuchtet hätte . Daß dem nicht so ist , beweisen alle diejenigen Veröffentlichungen , welche die historische Grundlage der Emanzipations - Bestrebungen akten¬ mäßig darstellen . Einen solchen wertvollen Beitrag bietet die angezeigte Schrift des Bamberger Rabbmers , welche eine Geschichte der Emanzipations - bestrebungen zwar nicht geben will , aber doch durch Veröffentlichung bisher unbekannter Quellen dem künftigen Geschichtsschreiber die Wege ebnet . Das Buch ist für jeden , der sich über die psycho¬ logische Seite auch des heutigen Antisemitismus unterrichten will , von außerordentlichem Werte . Aus den veröffentlichten Akten , die im wesentlichen Petitionen von jüdischen Gemeinden und Notabeln ent¬ halten , erhellt zunächst , daß der Gedanke der Emanzipation der Juden selbst bei den sogenannten Libellen in Bayern schwer Fuß faßte , und daß namentlich Gründe wirtschaftlicher Art schon vor beinahe hundert Jahren die Umsetzung der Idee der Freiheit und des Menschenrechtes in die Wirklichkeit erschwerten . Wenn trotzdem die Juden in Bayern ihre Emanzipation wenigstens teilweise bis zur Gründung des deutschen Reiches erreichten , so ist dieser Umstand im wesentlichen darauf zu - rückzuführen , daß sie immer und immer wieder mit ihrem Rufe nach Recht an die Ohren der Machthaber zu gelangen wußten . Diese Ruse — das mag namentlich für die heutige Zeit von Wert sein — waren nicht etwa in einer flehentlichen und bittenden Sprache ver¬ saßt , die nur von der Gnade und der Barmherzigkeit der Gewalt¬ haber ein Zugeständnis zu erreichen gedachte , sondern schon aus den frühesten Dokumenten spricht das Bewußtsein des Rechtsanspruches und der stets geschehenen treuen Pflichterfüllung . Der Mut , den man heute vielfach bei jüdischen Organisationen vermißt und der nur mit gewiffen Schwierigkeiten wieder zu erwecken versucht wird , ist den Eingaben der jüdischen Gemeinden anfangs und mitte des vorigen Jahrhunderts in solcher Weise eigen , daß schon allein dieser Umstand die Lektüre des Buches verlohnen würdet ) Man hat auch , * ) Es \ } t überhaupt eine völkerpsychologisch interessante Tatsache , daß man vielfach bei einzelnen Individuen im persönlichen Verkehre ein ausgeprägtes Selbstbewußtsein trifft , das sofort versagt , wenn die be¬ treffenden Einzelnen als Gesamtheit handeln . Während man heute den einzelnen Juden — ob mit Recht oder Unrecht , bleibe hier dahingestellt — eine gewisse Kühnheit im Verkehre nachsagt , wiro man dies über jüdische Korporationen oder Gemeinden gewiß noch nicht gehört haben . Es sei |