2 daß die öffentliche Meinung die amerikanische Re¬ gierung dazu drängen wird, sich der Bedrohten an¬ zunehmen. — Man sagt ferner, daß die an den amerikanischen Gesandten geschickten Weisungen auch ihre praktische Bedeutung habe, indem sie daraus Hinweisen, daß die meisten, in Amerika naturalisirten Israeliten von Geburt Deutsche sind, die beim Be¬ such ihres Vaterlandes sich niemals etwaigen Aus¬ nahmegesetzen unterwerfen würden, so daß ein Vor¬ gehen gegen die deutschen Juden zu unzähligen Eon- flicten mit Amerika Anlaß geben würde." So weit die ^Amerikanische Correspondence." Wir Deutsche wissen, daß die Dinge bei weitem nicht so gefährlich liegen, wie sie in weiter Ferne erscheinen mögen. Wir Juden befürchten keine ernsten Folgen der antisemitischen Bewegung; aber als Deutsche überkömmt uns ein tiefes Gefühl der Beschämung, daß die Herren Stöcker und Genossen es dahin gebracht haben, daß man im Auslande unser deutsches Vaterland, welches wir so sehr lieben und auf das wir so stolz sind, in Bezug auf Toleranz und Nächstenliebe mit Rumänien und Marroco zusammenstellt. Möchten doch unsere Gegner- endlich einsehen, daß sie durch ihr unsinniges Ge- bahren dem deutschen Namen Schande bringen; wir Israeliten lieben unser deutsches Vaterland, welches unseren Voreltern seit mehr als tausend Jahren eine Heimstätte geworden, zu sehr , als daß uns gerade diese Seite der schmählichen Bewegung gleichgiltig sein könnte. oötwas von der ersten Zudenhetze. Von Naphtali Simon, pro n»jr» «in n»yj» noi mm» *<>.i mn» no «in »in ,ii n*n iöx'» 121 »' »ö».i nnn »in lJJSbö n\1 1»N O’Dty*? .I'.l 133 „Was gewesen ist, das wird erst sein; was ge¬ schehen ist, das hat erst zu geschehen — es gibt nichts Neues unter der Sonne! Findet sich etwas, von welchem man sagt: sieh', dies ist doch neu — so war es schon vorhanden in der fernen Zeit, welche weit hinter uns liegt!" (Koheleth 1, 9, 10.) So lautet einer der ältesten Aussprüche weiser Erfahrung, und jeder Tag bestätigt diese Weisheit. Was man bereits in der Vergangenheit be¬ graben glaubt, das erscheint als das Product der Gegenwart; — und was als neneste Entdeckung des Tages gepriesen wird, das bildet schon den Inhalt vergilbter Pergamente. Die Bühne wechselt, die Staffage verändert sich — die Handlung des großen Dramas, welches wir Weltgeschichte nennen, ist die gleiche. Denn die trei¬ benden Beweggründe bleiben die nämlichen zu allen Zeiten; die gleichen Leidenschaften, welche vor Jahr¬ tausenden wirkten, leben noch heute in dem Herzen der Menschen und erzeugen die Ereignisse, die sich vor unseren Augen vollziehen. So gibt es nichts wirklich Neues und nichts wirklich Vergangenes unter der Sonne — das ver¬ meintlich Neue war schon einmal gewesen, und das vermeintlich Vergangene ersteht in der Zukunft wieder. Haben wir nicht geglaubt, das alte Vorurtheil gegen uns Juden sei endlich ans dem Gemüthe un¬ serer Brüder, unserer Genossen im deutschen Vater¬ lande, gänzlich geschwunden; meinten wir nicht, das deutsche Volk habe eine so hohe Stufe der Gesittung, Bildung und Geisteshöhe erreicht, daß eine Rückkehr zu dem mittelalterlichen Wahn unmöglich sei; fühlten wir uns nicht in der Jahrhunderte lang heiß und innig herbeigesehnten Gleichstellung so sicher und glücklich? ? „Was war, das kehrt wieder," — der alte Judenhaß ist da; — — „Was man bereits erwirkt glaubte, das muß erst noch erwirkt werden," — der volle und ganze Umschwung in dem Gemüthe des deutschen Volks, welches die Abneigung vergangener Geschlechter gegen die Juden, erst noch zu überwinden hat; — — und „Spricht man von der Judenhetze des heutigen Tages: siehe, dies ist doch gänzlich neu — so waren. solche längst vorhanden, in der fernen, fernen Zeit, welche weit hinter uns liegt!" In die Zeit der Urgeschichte des israelitischen Volks versetzt uns die Verlesung der heiligen Schrift in diesen Wochen. Die Jakobsfamilie war zu einem Volke heran¬ gewachsen. Im Lande Gosen wartete sie friedlich ihrer Heerden, „sie vermehrte sich und wurde sehr- stark — das Land wurde von ihr voll." Einer der Ihrigen, der edle Joseph, war ehe¬ dem mächtig und angesehen in Aegypten gewesen — ein Wohlthäter des Landes, ein treuer Diener seines Königs. Aber er war todt und vergessen. Andere Fürsten saßen auf dem Pharaonenthron, Amenopbis I., Thotmes I, II, III. und IV. nennt sie die Geschichts¬ forschung, als Nachfolger der vertriebenen Hyksos — welche von Joseph nichts wußten. (Sotha 11) iQx in ^nid»i 31 »in -zi)ö Dpi rnn« i»inn:» idx im »öd »in. Nach der einen Ansicht war es in der That ein „neuer" König, welcher die Judenverfolgung zuerst einführte; nach'der andern wurden die „alten" „Judengesetze" wieder hervorgesucht und in Wirksam¬ keit gesetzt. |