• • ■■ , etwa der Prophet, der Eiferer, der dazu be¬ rufen ist, dereinst Schrittmacher Mofchiachs zu fein, hat er den inneren Wert des Menschen nicht erkannt und die ethische '^orbcnmg 1 * * 4 * 6 des z'zn nicht begriffen? Gewißlich hat der Prophet Elia alles gewußt und gerannt, was die heutigen „Gemäßigten" kennen und wissen uno sicherlich gebrach cs ihm nicht an beit seelischen Qualifikationen und Dispositionen, milde und duldsam zu sein, allein sein Eifern entspringt ciuem Geiste, wie er nur den Verkünder der Erlösung beseelen kann. Wir wollen uns deutlicher erklären: Der Klalbegriff findet seinen Ausdruck in dem Worte WZ m rn? Und dieses Wort wurde zum Losungswort der jüdischen Gemeinschaft. Tie Gemeinschaft ist für den Einzelnen verantwort¬ lich, ebenso wie der Einzelne für die Gemein¬ schaft; einer für alle, alle für einen. Der ein¬ zelne Mensch ist mit seiner guten oder bösen Handlung entscheidend, da diese dadurch das göttliche Welturteil beeinflußt, daß sie zum Guten oder zum Bösen als Gewicht in die Wagschale des Weltgerichtes fällt. Der Kläl besteht aus einer Reihe von Privaten und alle Einzelnen sind vereinigt int Rahmen des Kläl. Es ist jedem, auch dem Letzten, bekannt, daß alle Dinge imb Geschöpfe miteinander eng verwoben isind. Und demwch kann man vom einfachen Manne des Volkes nicht verlangen, stets von diesem Gesamtheitsgedanken durch¬ drungen zu sein. Rur der erlesene Mensch kann zu dieser Empfindung gelangen. Ihm aber wird diese Empfindung 311 einem organischen Stück seines Empfindungslebens, genau wie die Er¬ kenntnis von der Zusammenarbeit feiner ein¬ zelnen Glieder und Organe. Diese Erkenntnis stuft sich ab imb vermindert sich mit beit geistigen Qualitäten und schrumpft in ein Nichts zusam¬ men bei denen von der geistigen Unterstufe. Bei einem Manne von der Art des Pro¬ pheten Elia war dieses Gemeinschaftsgefühl bis zur äußersten Grenze ansgebaut, sodaß er unter den Prophetenmördern und Altarzerstörern nicht nur Mörder und Heiligtumschänder gesehen hat, sondern er sah in diesem Tun den Einbruch in die Weltordnnng, «und seine Seele empfand den Weltschmerz bis zur Unerträglichkeit. Und aus diesem Schmerze, aus diesem tiefen Weh um eine Wblt, die aus den Fugen ging, er¬ klärt sich seine Prophetenstimme, die von Welt¬ ende zu Weltende donnerte. Des Propheten Stimme zittert und schlägtWellen im Luftraum und bahnt sich ihren Weg bis zum Ehrenthrone Gottes. Seine Worte: „Deine Altäre haben sie zerstört" usw. sind keine Anklagen gegen jüdische Menschen, sondern Aufschrei aus einem fiin das Weltschicksal zitternden und leidenden großen Prophetenherzen. Der Prophet sieht keine Menschensimder vor sich, sondern eine Ent--, stellung des Weltbildes. 'Tie Welt ist in der Agonie und der Weltschinerz ist sein Schmerz. Das kleine Ich, dieses kleine Erdenanhängsel, kommt für den Propheten garnicht in Betracht. Und gleichwohl hört - der Prophet die Stimme Gottes und die Frage: „Was ist dir, Elia?" Sollen auch seine Worte keine Anklage gegen sündige Menschen sein, sondern ein Pro¬ test gegen die Zerstörung der Weltordnung, so klingt doch daraus auch schwere Anklage gegen Menschen, die zerstören und morden. Aber die klagende und anklagende Stimme der Menschheit steigt an und in einer neuen Welle des Eiserns ruft der Prophet: NjP 'in Wahrlich, nur ein solcher Eiferer, der in seiner Seele das ganze Welten schicksal trägt, nur ein solcher Eiferer, der zugleich der größte Freund der Menschheit ist, kann dazu berufen. sein, dermaleinst die Erlösung zu verkünden. Aehnliche Erscheinungen treten uns unter den Propheten bei Jesajas vor Augen. Jesajas, der bis zu einem Grade der Prophetie entpor- steigen durfte, wo er das dreimalige „Heilig" der Engel vernahm und andererseits dazü ver¬ urteilt war, mitten im Menschenkreise deren abscheulichste Bosheiten- mitzuerleben, gibt den erschütternden Schrei von sich: „Wehe mir, ich bin verloren, denn ein Mann unreiner Lippen bin ich und zwischen einem Volke von unreinen Lippen weile ich!" Auch das ist keine Anklage, sondern ein Aufschrei über die Welt, die aus den Fugen ging. Und dennoch eilte einer der Seraphim mit der brennenden Kohle herbei, um die Lippen, über die diese anklagenden Worte gegangen sind, zu bestrafen. Denn schließlich klang doch aus diesem Weltschrei auch die -An¬ schuldigung. Es sind bereits 3000 Jahre dähingegangen, seitdem wir keine Propheten mehr haben. Wir haben keine Elias und Jeremias, keine eifernden und keine toleranten Propheten. Aber wir haben Gruppen innerhalb der Thoratrenen, die den Weg des Eiferns oder der Toleranz gewählt haben, je nach Anlage und Neigung, die Ortho¬ doxen und die „Gemäßigten", und wir haben beiden Seiten gerecht zu bleiben. Ohne Zweifel müssen wir Respekt zollen den Milden, den Toleranten unter unseren Ge- sinnnngsgenosien, dxren Bestreben und Hoffen cs ist, in Milde und Güte die Irrenden wieder heimzubringen. Bei den Matten und Leicht¬ fertigen ist oft mit einem sanften Worte in der Tat viel getan. Beschränken sich die Toleranten j 24 Januar 1938; auf, diese Aufgabe und halten sie ihre Posi¬ tionen, so soll ihnen 'Dank und Anerkennung: werden. Viel kann auf diese Weise auch be¬ wirkt werden in den Kreisen derer, die nur die Schuld ihrer Väter büßen, die sie- nicht auf jüdische Wdge hingeleitet haben, im Herzen aber den jüdischen Funken noch lodern fühlen. Wo nicht Religionsfeindschaft, sondern nur religiöse Unkenntnis herrscht, da kann durch mildes Herauzieheu vieles, alles erreicht werden. Schlimm -und gefährlich wird aber das Unter¬ nehmen der Toleranten, wenn sie aus diesem Kreise ihrer Aufgaben heraus sich auf Gebiete begeben, wo für ihre Wirksamkeit kein Platz ist; wenn sie meinen, durch ihre Kompbomiß-Metho- den auch da wirken zu können, wo unversöhn¬ licher Haß gegen die Religion und alles Jü¬ dische herrscht. Denen gegenüber, die die Reli¬ gion bewußt verletzen und befehden und wo¬ möglich in ihr gar ein Hindernis auf dem Wege der freien Entwicklung! erblicken, müssen schon andere Mittel- angewandt -werden, als das bischen Strohfeuer der Toleranten. Hier müs¬ sen Eiferer heran, die wissen, daß sich solche Vergehen gegen die Religion, gegen Klal, gegen die jüdische Zukunft, gegen das Weltenglück und gegen die Weltordnung richten, Eiferer, die wissen, daß hier kein Kampfs stiel ist, sondern ein Kampf um Sein und Nichtsein der jüdischen Seele. In dieser Beziehung erweisen sich auch die extremen Orthodoxen der.spateren Zeit als Nachkommen der Propheten, die, wenn sie auch nicht das gesamte Weltbild im Herzen tragen, doch aber zum mindesten einen Teil jener Seelen¬ kräfte der Propheten bewahren. Den meisten dieser Eiferer Fehlt es gewiß nicht an der Liebe und Toleranz, aber nberwiegiend ist doch bei ihnen das Gefühl der Gemeinsamkeit, und der Weltschmerz ist es, der aus ihren Klagen und Anklagen spricht, die Angst um das jüdische Gemeinschaftsschicksal, wenn es sich auch zuweilen so anhört, als wären die anklagenden Worte gegen Menschen gerichtet.- Würde ein neuer Röntgen neue Strahlen finden, die nicht nur die inneren Organe, son¬ dern auch die Tiefen der Seelen durchleuchten, so würden sich uns neue Welten im Herzen der eifernden Orthodoxen auftun, man würde erkennen, wieviel von wahrer Ethik und hohem Adel im .Herzen dessen sich befindet, der laut, wenn auch mit weniger gewählten Worten über die Unmoral der -Religionsschänder klagt. Wie würde man dann erkennen, daß auch diese Eiferer vom Gedanken des '131 D^n' Z'zn. ans gehen, daß ihr Eifern aus dem Erbarmen, ihr Zürnen aus der Liebe quillt. Gewalt und Friede. (Zu den jüngsten Wochenabschnitten und Ereignissen.) Bon Rabb. Dr. B. Cohen in Berlin. Sucht in den Schriften unserer Weisen die heutige Weit nach Trost für ihre Not, so findet fie ein herr¬ liches Idyll gezeichnet am Anfänge des zweiten Thora¬ buche«. Todgeweiht schwimmt das Kind des Ebräers im Kästchen im Nilschilfe, und nichts kann der Schwester warme Lke^e tun als von fern stellend sein Geschick erspähen, v? nipp' nö ny“tP pvna imn« nstnm. In jedem Worte dieses Satzes sehen unsere P"th einen Hinweis auf die oft grausam scheinende, weltenferne, doch so nahe Ueberschau Gottes über die Welt. Sie geben uns hier ("ü heidi 2"2 V'D) ein Beisviel für fH n"npn Pm oriDV nSö rrwin P 2 , das „Bestehen der Thora aus lauter Na^en des Allheiligen". 1. 2L7M1 „Sie stellte sich . . Gewiß, Mtrjiam stelltejsich hin, um des kleinen Mose Geschick zu er¬ spähen. Doch auch Gott ist gemeint. Denn es heißt 2 üwn 'h 82N: Als Samuel zum Propheten berufen werden sollte und des Rufers Stimme nicht erkannte, da „stand" Gott erwartend vor dem Tor des Aller- heiligsten. Gott steht und ruft, erwartet und späbt. Wie sang doch Angelus Silefius? „Der Schöpfer pocht an meiner Tür". Wer hört ihn pochen, wer sieht ihn „durch die Mauerscharten" spähen, ob die Welt endlich reifen will für das Gebot seiner Liebe? Wer spürt mitten aus den mauerharien Nöten der Zeit seinen Blick und seine Stimme? Die Antwort ist: 2. tfOHK. „Seine Schwester", Mirjams Schwesterliebe, die auch am Ufer des Todes nicht erlischt. Doch auch HU mns HDDnS *tidk, Die Weisheit, die des Menschen Schwester sein soll, ist gemeint. Denn nicht das der Gattenliebe an Leidenschaft vergleichbare „Gott-Suchen" weniger Erlesener kann der im Kerker der Gewalt¬ mächte schmachtenden Menschheit die Gottesstimme hörbar machen und den Gottesblick öffnen, sondern das, der geschwisterlichen Vorsorge gleich, stille, nicht Geniej sondern Fleiß fordernde Forschen in göttlicher und menschlicher Weisheit. py nrOPti onw HP'H, Diesen beiden Mühen, der des Thorabefliffenen wie der des Weltweisen, kann fick Jeder unterziehen; wo vieles Wissen ist, a'jiyi DiPtr D' 2 ia n A n, kann kein Temperament in friedestörende Siedehitze geraten. Wo Friede weilt, ist gewiß Giaubensinnigkeit und Wissen zuhause; wo rohe oder diplomatische Gewalten ihr Unwesen treiben, du ist gewiß das Wissen zum gelehrten Getue und Kultur zur Zivilisation gesunken. So spricht sich in diesen Tagen Europa selber das Urteil. 3. pinia, „Bon ferne". Bon fern erwartete Mirjam des Bruders Tod oder Rrttung. Von fern, in für uns nicht sichtbarer Ursachenverkettung lenkt Gott auch des Geringsten Geschick. a^iy rartKi 'P rwia h pirna l’Hsnx, Bon fern, spricht der Prophet, erschein» mir Gott; als Wissender aber erkennt er die Liebes: mit welcher Gott seines Belke« und jedes Menschett Ge¬ schicke leitet. Und so gibt ihm die Klarheit keines Er- fennens Seelenruhe über das Elend seiner Zeit. Wie aber, wenn Menschen es find, d!e einander Licht Luft und Leben rauben, Menschen, — Ebenbilder Gottes?-Darauf antwortet unser Satz: 4. njn^>, „Zu wissen". — Nicht gleich Hagar, die »den Tod ihres Kindes nicht keh?n will" und deshalb in die „Ferne eineS Bogenschusses" fich flüchtet, ist Mirjam, die nur zu deutlicherem Sehen fich in der Ferne ausstellt. Nicht' gleich dem Schicksalsgeiste, der nach Meinung anderer Völker das Weltgeschehen ewig gleichförmig wie ein Uhrwerk ablaufen läßt, will unser Gott verstanden sein; 'i my Y'a '2. denn er ist der Gott der Meinungen. Er hat Gegensätze in die Welt ge¬ setzt, die der Mensch auszugleichen hat: er hat auch die Menschenseelen nicht schablonenhaft einander ähnlich, sondern mit den verschiedensten Denkarten geschaffen. Er will von jeder Seele nach ihrer Art von jedem Volke nach seinen Begriffen gehuldigt haben. Selbst Streit zwischen den Menschen hat er geschaffen, selbst „Eisen wachsen lassen", aber nicht damit die Menschen einander von Haus und Hof treiben, sondern damit sie Streit und Waffe in den Dienst der Menschheit gegen die Unmenschlichkett stellen. Es ist einfach nicht wahr, daß jeder solcher Streit zu blutigem Ausbruche kommen muß. Was „mutz" denn überhaupt geschehen? 5; nö „Was?" „Wußte" Mirjam, Mose müsse sterben? Hat nicht ihre Hoffnung ihr menschliche Be¬ rechnung überwunden? "jaya tow tjPk "1 na Pma» nnyi H8iH «'2, Ist nicht Furcht v 0 r G 0 t t in des Menschen Möglichkeit gegeben, um mit ihrer Hilfe alle Not¬ wendigkeiten, auch die des Krieges aufs Edelste zu überwinden? War für unsere Generation unter allen „verpaßten Frtedensmöglichkeiten" nicht vielleicht auch unser Aller Mangel an Gottesfurcht? Freilich: , 6. ntyjo „Geschehen wird". Das Geschehene er¬ füllte Mirjam nicht wenig mit Bangen. Was in' unseren Tagen täglich geschieht an Beweisen für die |