■549 Benjamin Seff: Mausenel. 550 Nation unterschlüpfen könnte. Dort angelangt, spielt er sich nach kurzer Zeit auf den Chauvinisten hinaus, erteilt Unterricht im neuen Patriotismus und verdächtigt alle, die nicht sind wie er. Dabei begeht er die wunder¬ liche Inkonsequenz, sich von den Juden loszusagen und zugleich in ihrem Namen zu sprechen. So kommt ■es, dass wir manchmal von ernsten Freunden unserer Sache die Bemerkung hören müssen: „die Juden selbst wollen ja vom Zionismus nichts wissen". Die Juden? Nicht doch! Nur Mauschel nicht! Kein wahrer Jude kann Antizionist sein, nur Mauschel ist es. Wohlan, er sei es. Das macht uns von ihm frei. Das ist eine der ersten, eine der wohltätigsten Folgen unserer Bewegung. Wir werden erleichtert aufatmen, wenn wir diese Leute, die wir mit heimlicher Scham als Volksgenossen behandeln mussten, ganz und gar los sind. Sie gehören nicht zu uns — aber wir auch nicht zu ihnen! Sieht man nun schon allmählich, welch eine gesunde Volksbewegung unser Zionismus ist; wie wir dahin gelangen werden, uns von den schmachvollen Elementen zu säubern? Weg mit der faulen Duldung. Wir brauchen über Mauscheis Streiche nicht mehr zu erröten, wir brauchen sie nicht zu ver¬ schweigen, nicht empfindsam zu verteidigen. Ah, wir sind Narren? Nun so verrückt sind wir nicht, noch länger für Mauschel die Verantwortung zu tragen. Mehr noch: der Feind soll wie ein Feind behandelt werden. Herunter von der Kanzel, Mauschel, die du als Protestrabbiner missbrauchst, wir wollen erst wieder in die gereinigten Synagogen gehen, in denen gute Juden als Rabbiner auch für die Armen beten. Hinaus, Mauschel, aus allen Vertretungen des jüdischen Volkes, das du nicht zu kennen behauptest. Und ist es wahr, dass nur die Gedrückten, nicht die Mächtigen am Zionismus hängen, dann soll die versammelte Kraft der Unglücklichen aufgeboten werden. Wir wollen sehen, wie sich die Dinge gestalten, wenn wir den Bo) T kott auf allen Gebieten gegen Mauschel ausgeben. Wenn wir alle die förmlich von uns absondern, die sich gegen unsere Volksgemeinschaft verwahren, wird man in diesen Ausgeschiedenen eine seltsam ge¬ mischte Gesellschaft zu sehen bekommen. Da ist der Finanzier, der so viel Butter auf dem Kopf hat, dass er sich vor einem ebenso verdächtigen Mauschel. vor dem journalistischen Erpresser, fürchtet und diesen füttert. Da ist der Advokat mit einer Kundschaft, die sich an den Grenzen der Paragraphen aufhält. Da ist der rotgeschminkte Politiker, der jetzt den Sozialismus betreibt, ausnützt und entwertet. Da sind die zweifel¬ haften Geschäftsleute, die falschen Ehrbaren, die heuchlerischen Frommen, die verlogenen Biedermänner, die findigen Ausbeuter . . . Mauschel, nimm dich in acht! Da ist eine Be¬ wegung, von der selbst die Judenfeinde gestehen, dass sie nicht verächtlich ist. Es soll ein Abfluss unglück¬ licher, wirtschaftlich und politisch schwerbedrohter Menschen nach einer dauernden Heimstätte unter rechtlichen Sicherheiten eingeleittt werden. Dagegen sträubst du dich, Mauschel? Das willst du durch Per- fidien verhindern, weil du keinen unmittelbaren Vorteil für dich siehst? Was hast denn du jemals iür deine „Brüder" getan? Entehrt hast du sie, geschadet hast du ihnen, und wenn sie sich nun selbst helfen wollen, fällst du ihnen in den Arm. Mauschel, nimm dich in acht! Der Zionismus könnte es halten, wie Teil in der Sage. AVenn sich Teil anschickt, den Apfel vom Haupte seines Söhres zu schiessen, hat er noch einen zweiten Pfeil in Bereitschaft. Misslänge der erste Schuss, dann soll der andere der Rache dienen. Freunde, der zweite Pfeil des Z'onismus ist für Mauscheis Brust bestimmt! THEODOR HERZL.*) Von Baronin Bertha von Suttner Von seiner Schönheit will ich reden. Wie ein assyrischer König war er, und dabei doch *) Frau Bertha v. Suttner schreibt ims aus Krumpendorf a. Wörther See: Geehrter Herr Redakteur! Ihr Expressbrief ist mir nachgeschickt worden; ich bia auf Reisen und fahre auch heute in einer Stunde fort von hier; also habe ich nur Zeit, wenige flüchtige Zeilen über das verlangte Thema hinzuwerfen — und wer weiss, ob die rechtzeitig eintreffen? Es war ein gar herber Verlust für das Judentum und fürs Edelmenschentum, dass dieser herrliche Afensch so vor¬ zeitig hingerafft wurde! Ihre ergebene 1. VIII. 1904. ß. Suttner. ein moderner Gentleman. Von seinem AVerke (ein Riesenwerk: nichts minderer als die Grund¬ lagen eines Staates), von den blitzenden Kleinodien des Geistes, die seine Feder verschwenderisch ausgestreut, wird in diesem Sammelhefte in Fülle gesprochen werden — vielleicht hat man seine äussere Schönheit (als wäre sie gegen die anderen Gaben nicht des Beachtens wert) zu er¬ wähnen vergessen. Sie gehörte aber zu der Harmonie dieses harmonischen Menschengebildes, dessen Seele auch ganz Schönheit war. Und zwar vom selben Typus wie die seinerErscheinung: vStolz und Feinheit. |