291 Dr . F . Perles : Maimonides . 292 geistigen Schaffens : Dichter in hebräischer und arabischer Sprache , wie Gabirol , Juda Hallevi , Abraham ibn Esra , Moses ibn Esra , Juda Alcha - risi , Sprachforscher , wie Juda Chajjug und Jona ibn Ganach , eine stattliche Anzahl von Aerzten , Naturforschern und Mathematikern und vor allem eine Reihe von bedeutenden Philosophen be¬ kundeten der ganzen Welt die selbständige Schöpferkraft des jüdischen Geistes . Nachdem schon im Orient der Gaon Saadia in seinem grossen Werke sich zur Aufgabe gemacht hatte , die Lehre des Judentums philosophisch zu be¬ gründen und ihre Berechtigung sowohl dem Islam wie dem Christentum gegenüber zu erweisen , setzten in Spanien Männer wie Bachja , Salomo Gabirol , Joseph ibn Zaddik , Abraham ibn Esra , Jehuda Hallevi , Abraham ibn Daud das Werk in origineller Weise fort und beleuchteten das Juden¬ tum nach den verschiedensten Richtungen , er¬ weiterten den geistigen Gesichtskreis ihrer Glaubens¬ genossen durch neue philosophische Ideen , prüften und läuterten es durch die stete Vergleichung mit arabischen und griechischen Philosophen und wirkten so anregend und läuternd weit über die jüdischen Kreise hinaus auf arabische und später auch auf christliche Denker . Speziell die Schriften des Aristoteles , die damals im christlichen Abend¬ land noch ganz unbekannt waren , wurden zum grossen Teil ins Arabische übersetzt und von Mohammedanern wie Juden eifrig studiert und er¬ klärt . Aus dem Arabischen wurden sie dann ins Hebräische übersetzt und erst aus dem Hebräischen wurden sie mit Hilfe von jüdischen Gelehrten ins Lateinische übertragen , wodurch sie dann den Christen zugänglich wurden , bei denen sie bald eine so grosse Rolle spielen sollten . Besonders seitdem ibn Sina am Anfang des XL Jahrhunderts die philosophischen Schriften Aristoteles ' in einem 20bändigen Werke bearbeitet hatte , gehörte es förmlich zur Bildung , sich mit Aristoteles zu be¬ schäftigen , und die Juden standen hierin hinter ihren mohammedanischen Landsleuten nicht zu¬ rück . So heilsam diese Beschäftigung mit Aristo¬ teles für tiefer eindringende jüdische Denker war , so gefährlich war sie , wie jede Modephilosophie , für die Masse der Halbgebildeten , die sich weder die Mühe nahmen , noch auch die Fähigkeit be - sassen , dem grossen Denker zu folgen , und nur soviel daraus entnehmen zu dürfen glaubten , dass ihr Judentum vor dieser Philosophie nicht standhalten könne . Selbst für solche Juden , die den ernsten Willen hatten , Juden zu sein und zu bleiben , war es damals schwer , ja fast un¬ möglich , zu einer richtigen Auffassung des Juden¬ tums zu gelangen . Der Stoff in Bibel und Tal¬ mud war so ungeheuer ausgedehnt und vielseitig , dass sich kaum Zeit und Gelegenheit fand , zur Durcharbeitung der Quellen . In diesem Zeitalter der Irrungen und Ver¬ wirrungen trat , von der Vorsehung gesandt , Moses Maimonides als „ Führer der Irrenden " auf und heilte den Riss , der durch das ganze Juden¬ tum ging , indem er Religion und Philosophie miteinander versöhnte und zeigte , dass sie nicht nur einander nicht ausschlössen , sondern sich gegenseitig ergänzten und bedingten . Am 14 . Nissan ( = 30 . März ) 1135 wurde Moses zu Cordova in Spanien als Sohn des selbst sehr gelehrten und schon auf acht gelehrte Ahnen zurückblickenden Rabbiners Maimon geboren . Kaum war Moses 13 Jahre alt , da wurde Cordova von den Almohaden , einer fanatischen aus Nord¬ afrika eingedrungenen Sekte der Mohammedaner , erobert und allen Einwohnern wurde nur die Wahl zwischen Tod , Auswanderung oder An¬ nahme des Islam gelassen . Die meisten Juden , darunter auch Maimon mit seiner Familie , ent¬ schlossen sich . zur Auswanderung , und so sehen wir die Familie zehn Jahre ein Wanderleben in verschiedenen Städten Spaniens führen . Während dieser Zeit genoss Moses bei seinem Vater Unter¬ richt in Bibel , Talmud , Mathematik und Astro - nomie , während er bei mohammedanischenLehrern Naturwissenschaften , Medizin und Philosophie lernte . Im Jahre 1159/60 wanderte die Familie Maimon nach Fez in Nordafrika . Dort war in¬ dessen die Religionsverfolgung noch drückender als in Spanien , und zahllose Juden mussten , um ihr Leben zu retten , zum Schein den Islam annehmen , während sie im geheimen dem Juden¬ tum treu anhingen . Man hat vielfach ange¬ nommen , dass auch Moses sich diesem Zwange gefügt habe , und ein Scheinmohammedaner ge¬ worden wäre . Doch haben neuere Forschungen mit Sicherheit ergeben , dass diese Annahme sich nur auf verleumderische Behauptungen seiner Feinde stütze . Die Anklage fand nur deshalb so lange Glauben , weil Moses eine besondere Schrift veröffentlicht hat , in der er sich einem jüdischen Eiferer gegenüberstellt und eine mildere Beurteilung jener erzwungenen Scheinübertritte verlangt . Diese Schrift zeigt einerseits seine innige Liebe zum Judentum , andererseits seine Toleranz und Milde , durch die er viele der Ueber - getretenen in ihrem Gewissen beruhigt und zum Ausharren ermutigt hat , bis sie wieder offen zum Judentum zurückkehren konnten . Er rät nur , möglichst andere Gegenden aufzusuchen , wo man die Maske wieder abwerfen könne . Auch Moses verliess mit den Seinen Fez und fuhr 1165 nach dem heiligen Lande . Nach einmonatlicher , sehr stürmischer Fahrt landete das Schiff in Acco . Dort blieben sie ein halbes Jahr , besuchten Jerusalem und Hebron und wandten sich dann nach Aegypten , wo wenige Monate später der Vater Maimon starb . Moses betrieb , um sein Leben zu erhalten , zusammen mit seinem Bruder David einen Juwelenhandel , aber während David alle Reisen und sonstigen Geschäfte allein besorgte , ergab sich Moses eifrig seinen Studien . Als aber der Bruder auf dem indischen Ozean mit dem Schiffe unterging , das beider Vermögen trug , musste Moses sich nach einem Erwerb umsehen , um sich sowie Witwe und Tochter seines Bruders |