A üsF^e st: V ILLUSTRIERTE MONATSSCHRIFT FÜR DAS GESAMTE JUDENTUM. Herausgegeben und redigiert von LEO WINZ. Alle Rechte vorl »ehalten. Heft 1. Januar 1»08. VIII. Jftlir«. An unsere Abonnenten! Titel und Register zum vorigen Jahrgange sind vorliegendem Hefte beigegeben, mit dem der achte Jahrgang unserer Zeitschrift beginnt. Soweit nichts Gegenteiliges mitgeteilt wird, werden zvir dos Abonnement der seitherigen Abonnenten als verlängert betrachten. Verlag und Redaktion von „OST und WEST". DAS JAHR 1907. Ein Rückblick. Von M. A. Klau sner. In den Liturgieen unserer Glaubensgemein¬ schaft kehrt keine Bitte so häufig wieder, wie die Bitte um Frieden. Von dem Priestersegen an¬ gefangen, dem die Gemeinde in ehrfürchtiger An¬ dacht lauscht, bis zu dem Gebet, das der Einzelne in stiller Ergriffenheit dem Andenken seiner Teuer¬ sten widmet, ist die Bitte um Frieden für Israel an den Gott Israels, der Himmel und Erde ge¬ schaffen, der immer neu vorgetragene, innigste Wunsch. Alle Inbrunst ist diesem Ziele zuge¬ wendet, das wir mit unaufhörlichem, mit stürmischem Verlangen anstreben. Als unser Lehrer Mose die Formel feststellte, mit der sein hohepriesterlicher Bruder des Himmels Huld für sein Volk erflehen sollte — Gott segne und behüte dich; Gott wende sein Antlitz dir zu und begnade dich; Gott lasse sein Antlitz über dir leuchten und gewähre dir Frieden — da hat er prophetisch unserer Gemeinschaft Geschichte ge¬ schaut, da hat sein liebevolles Herz das Leid der kommenden Geschlechter voraus empfunden und mit dem Leid uns dessen Heilung gezeigt. Alle Schmerzen, die uns geissein, der Frieden tilgt sie: alle Drangsale, die uns treffen, der Frieden hebt sie auf; alle Kümmernisse, die uns begegnen, der Frieden löscht sie aus; alle Not, die uns drückt, der Frieden befreit uns von ihr. Unsere Geschichte hat uns des Gebets um Frieden bis auf diesen Tag nicht entwöhnt. Nach dieser Richtung hat es für uns keine Versuchung gegeben, uns des Brauches der Väter zu entschlagen. Nicht das allgemeine Menschenlos, an dem wir teil¬ haben, beklagen wir. Was uns peinigt, das ist der Hass, der uns verfolgt, und den wir so wenig verdienen wie vergelten; das ist die Bosheit, die uns Fallstricke legt und selbst nicht weiss warum. Bleiben wir im engeren Bezirk verschont — Dank der Herrschaft der Sittengesetze, die wir der Welt vermittelt haben — so krampft sich unser Herz zusammen bei der Kunde, dass anderwärts unsere Brüder gemartert werden aus keinem andeien Grunde, als weil sie unsere Brüder sind. Und immer dringender und heisser steigt das Gebet auf, das uns Mose gelehrt hat: Gewähre uns Frieden! |