297 Dr. J. Niemirower-Jassy: Rebb Mosche Äphikomon und der Prophet Eliahu. 298 Rebb Mosche, der sich ehrfürchtig von seinem Platz erhebt, antwortet: Eliahu hanowi! Er kam wie der Rabbi versprochen, als Soldat gekleidet. Er war ein Soldat des Königs der Könige, bemerkt einer der Gäste. Rebb Mosche erzählt weiter in Aufregung: Yon einer Geschäftsreise heimgekehrt, sprach ich mit meiner guten Etel. Da öffnete sich plötzlich die Türe; auf der Schwelle stand ein jüdischer Soldat, der schreiend fragte: Wohnt hier ein Jude? Du siehst doch die Mesusa an der Türe, antwortete ch. Ach was! meinte er; in vielen Häusern mit grossen Mesusoth wohnen sehr kleine Juden, und in der Kaserne, in der keine Mesusa steht, dient man auch Gott. Was willst du? fragte ich ihn. „Essen und Nachtlager, weil ich aus weiter Ferne komme. u Aus weiter Perne! Ueberall, wo Juden sind, ist : uch er, meint einer der Anwesenden. Meine Etel sagte ihm, dass sie für ihn bloss Brot :nd Butter habe, da sie nur ein wenig Suppe und Heisch für mich zurückgelassen. Er aber erwiderte: „Ich arbeite mehr als Ihr Mann und mir kommt das bessere Essen." Meine gute Etel wollte ihn anschreien, hatte jedoch mt ihm Mitleid. Welches Glück! rufen die Gäste. Wasch dir die Hände, damit du essen kannst, sagte ihm Etel, er aber antwortete: Ich werde sie mir eschen, aber ich bin nicht Rebb, nicht Row, nicht • iabbe und nicht Stadt versorger; meine Hände haben tiemdes Geld nicht berührt! Wer und woher bist du? fragte ich ihn. Er ant¬ wortete barsch: Zuerst gib Essen und dann stell Fragen! Nachdem ihm Etel das Essen gereicht, ging ich mit ihr : ein anderes Zimmer, um unser durch die Ankunft d;-.s heiligen, wunderbaren Soldaten unterbrochenes Ge- •räch über meine Geschäftsreise fortzusetzen. Als wir v iederkamen, war der merkwürdige Soldat eingeschlafen. v 'ir wollten ihn nicht stören und kehrten in das andere ■ immer zurück. Als wir nach einer Stunde wieder- i.amen, war der göttliche Soldat verschwunden!" „Er bestieg wieder den Himmel!" — „Hatte er i3 Essen verzehrt?" — Sicherlich haben Sie die Türe schlössen, und er konnte dennoch das Zimmer ver¬ bissen" — rufen bunt durcheinander die Gäste. Rebb Mosche spricht: In diesem heiligen Zimmer, ■'ttf diesem heiligen Tisch hat Eliahu hanowi die heiligen ■ peisen meiner guten Etel gegessen. Mein Siddur, aus ? elchem ich bete und das immer auf dem Tische liegt, hat der himmlische Gast in der Hand gehabt. Zwei i>lättchen hat er „verbogen". Welche? Welche? fragen neugierig die Gäste. Rebb Mosche hebt das Siddur in die Höhe und sagt: Schaut, Kinderl Alle Anwesenden schauen ehrfurchtsvoll, küssen leidenschaftlich das Gebetbuch und rufen: Noch jetzt sieht man es, das erste verbogene Blatt enthält das Lied vom Sabbatausgang „Eliahu hanowi, Eliahu hanowi." „Deswegen singt Rebb Mosche mit solchem Feuer Eliahu hanowi. Deswegen gibt man uns hier an jedem Sabbatausgang einen siedenden, neugekochten „Barsch." „Das zweite verborgene Blättchen ist aus der Hagada, vom Äphikomon! gerade so wie der Rabbi versprochen:" Juden! Brüder! Kinder! fährt Rebb Mosche fort; nachdem der heilige Soldat verschwunden war und ich diese beiden verbogenen Blätter im Siddur gesehen, begann ich zu lachen und zu weinen, zu tanzen und zu zittern, ich schrie: Etelleben! wir haben den Propheten Eliahu gesehen! Noch in jener Nacht reiste ich mit meiner Frau zum heiligen Rabbi — sein An¬ denken bringt Segen. Lieber, teurer Rabbi, rief ich, ich habe Eliahu gesehen! Er war unser Gast! Ich erzählte ihm alles, was sich ereignet hatte. Der Rabbi lachte — sicherlich, weil er diese Geschichte von selbst kannte. Rebb Mosche! sagte er: — Mit Stolz bemerkt Etel: Der Rabbi, der jeden mit Du angesprochen, nannte meinen Mann „Rebb". Ja! Ja! Rebb Mosche hat er gesagt. — Eliahu heilt die Kranken, speist die Armen, bringt Trost den Trauernden und verbreitet den Frieden. Tue auch du Gutes, hilf den Unglücklichen, damit sie in dir einen Propheten Eliahu erblicken. Der junge Chassid, der während der ganzen Zeit oft zu Sima blickte, spricht: Sehr gut hat der heilige Rabbi erklärt. Rebb Mosche wendet sich seiner Tochter zu und sagt: Simale 1 weil ich dem Rabbi den Äphikomon zu¬ rückgegeben, hat er meinen Gedanken erraten und mich mit den Propheten Eliahu zusammengebracht. Weil du mir den Äphikomon gegeben, soll dieser Bocher, der ein „Iluj" und „Mijuches 1 **) ist — er war ein wenig von der „Haskala"**) „angebrannt 14 , aber meine Geschichte hat ihn gerettet — er soll dein Chossen***) sein. Teurer, lieber Vater, ruft Sima. — Für mich waren Sie der Prophet Eliahu, meint der junge Chassid. — Eigentlich habe ich den Schidduch****) durchge¬ führt, bemerkt der anwesende Heiratsvermittler. — Masel Tow! Masel Tow, Rebb Mosche Äphikomon! schreien im Chor alle Chassidim. *) Leuchte, **) Aufklärung, ***) Bräutigam, ****) Ehe¬ schliessung. |