IMchNeralLZÄMg Organ der Bereinigung für das liberale Judentum e. V. Bezugspreis durch die Geschäftsstelle »/«jährlich M. 2.50 Einzelnummer 0,20. Bei freier Zusendung i. Inland 0.28 §ür die Mitglieder rer Vereinigung ist der Dezugsprets im Mtgliedsbeitroge enthalten. :: L r. .Verantwortl. Redakteur. Bruno Doyda vlo „Jüdifch-lldsrale Seilung" erscheint Jeden Sreitag. Redaktion u. OefcWttoftelle: Berlin SW, Wilbetmftr. 147. S*rnrttff: »ofenheide 3358, 3359 Paftfcbeckkonto: Berlin OWT nr.l»70«9 (Vereinigung fttr Vas liberal« JuOentam Nacfcöruck fSmtlld)«r Original-Beiträge nur mit vorheriger Genehmigung Oer Redaktion geftattet. Anzeigenpreise: Die 12gespaltene Ronpareillezeile 0.45 Goldmark, die Rcklamezeile 3.00 Goldmark, bei :: :: Wiederholungen Rabatt. :: :: Anzeigenannahme: .Misch-liberaleZeitung. Fnseralonabteilung: Berlin SW 48, DUHelmstraße 147 lHasenheide: 3358—59), sowie sämtl. Annonce,i-Exped Nr. 6 Berlin, ll. Februar 1927 7. Jahrgang Ae Berliner Vahlverslötze. 2er weg M Verständigung. Der liberale Verein für die Angelegenheiten -er jüdischen Gemeinde zu Berlin und die liberalen Re¬ präsentanten haben einstimmig folgende Entschließung gefaßt: „Bei der am 16. Mai 1826 vollzogenen Wahl znr Berliner Ncpräsentantenversammlung sind so grobe Unregelmäßigkeiten oorc.ekommen, daß das Ergebnis nicht als der Willensausdrnck -er Wahlberechtigten an¬ erkannt werden konnte. Schon um der Ordnungs- Mäßigkeit künftiger Wahlhandhabung und der Wahr¬ haftigkeit des jüdischen Lebens willen ist die Wahl von liberaler Seite angesochten worden, weil Stillschweigen die Billigung jener Unregelmäßigkeiten bedeutet hätte. Ter jetzt ergangene Bescheid des Berliner Polizei¬ präsidenten beweist, wie berechtigt die Anfechtung der Wahl gewesen ist. Der Polizeipräsident erklärt, daß verschiedene Verstöße gegen die Wahlvorschriften des Statuts vorgekomwen sind, und diese Verstöße werden von ihm als erheblich bezeichnet. Insbesondere wird dem Wqhlkommissar eine starke Verletzung des Statuts nachgewiesen. Zum Schluß seiner scharfen Kritik be¬ tont der Polizeipräsident, daß eine mit so zahlreichen Unregelmäßigkeiten behaftete Wahl nicht der Würde einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft entspricht. Schließlich ordnet die Aufsichtsbehörde eine vollständig neue Ermittlung des Wahlergebnisses dnrch die ver- einigten Wahlausschüsie an, wobei die zahlreichen Un¬ regelmäßigkeiten ausgeglichen werden sollen; alsdann ist von dem Gemeindevorstand eingehend über das Ergebnis zu berichten. Diese vom Polizeipräsidenten verlangte Neu- ermittürng des Wahlergebnisses bedeutet für unsere Gemeinde eine mit Kosten und außerordentlichem Zeit¬ aufwand verknüpfte Arbeit, wobei mehr äls zweifelhaft ist, ob sie heute nach Ablauf von drei Viertel Jahren überhaupt ordnungsmäßig durchgeführt werden kan«. Zum mindesten würde sie die Eröffnung einer neue« Repräsentantenversamwlnng nnd eine geordnete Ge- meindeoermaltung auf unbestimmte und unabsehbare Dauer unmöglich mache«. Die Verantwortung für diese Zustände trifft diejenige« Personen, welche die vielfachen Unregelmäßigkeiten verschuldet haben, vor allem den der Jüdischen Volkspartei angehörenden Wahlkommisiar, sowie diejenige« Parteien, welche um jeden Preis zu eigenem Vorteil das ans ««gesetzliche Weise zustande gekommene Wahlergebnis zu decken suchten. Die liberale Partei indesien, welche stets das Ge- meinöewohl über das Parteiinteresie gestellt hat, kann diesen für die Erfüllung der religiöse« Anfgabeu »n- serer Gemeinde »«erträglichen Zustand nicht länger dulden. Sie wird um der allgemeinen Sache und der Befriedung nnseres jüdischen Lebens' willen ein Opfer bringen. Sie ist bereit, mit dem Wahlergebnis vom 18. Mai 1928, durch welches von 21 Repräfen- tautensitzen 10 auf die Liberale« und 11 auf die übrigen Parteien entfallen, sich unter folgeniden zwei Bedi«. gnugen abzufinden: 1. Das bisherige ZahlenverMtnis im Borstande der Jüdischen Gemeinde, nach welchem bei 7 stimm¬ berechtigten Mitglieder« 4 Liberale 3 Angehörigen der übrigen Parteien gegenüberstehe», bleibt, «nbeschadet personeller Aenderungen, anfrechterhalten. 2. Die Wahldauer der uene« Repräseutauteuver- sammlnng endet spätestens im Jahre 1929. Die Neu¬ wahlen finden zu gleicher Zeit mit den Nenwahle« znr preußischen Landesversammlung statt. Den übrige» Parteien wird diese liberale Entschlie¬ ßung hiermit unterbreitet. Mögen sie in gleicher Weise die friedliche Einigung einem weiteren Zwiste vor¬ ziehen, damit unsere Gemeinde keine« dauernde« Scha¬ den nehme! Die Anweisung des Polizeipräsidenten an den Gemeindevorstand. In der Frage öer Nochtsgültigkeit der im Mai V. I. j ersolgteuRcpräsentantcmvahlen zur Berliner Jüdischen Gemeinde ist nunmehr ein Zwischenbescheid ergangen, | den wir nachstehend ab-rucken: Der Pol izei Präsiden. Tgb. Nr. I. 53. I. 1. 26. Berlin, den 1. Februar 1927. 5;t den Borstand der Jüdischen Gemeinde Berlin N.24 Oranienburger Sir. 29. Aus den Bericht vom 1. Juli v. I. — IA 6,25 — betr. Einsprüche gegen die Wahl zur Nepräsentanten- versammlung. Die Nachprüfung der Wahlen zur Repräsentanten- versammlung der Jüdischen Gemeinde gibt mir zu folgenden Beanstandungen Anlaß: 1. Es steht fest, daß unberechtigterweise die jüdischen Anwohner von Hermsdors und Frohnau, die nicht ;:tr Jüdischen Gemeinde Berlin gehören, in die Wählerlisten ausgenommen worden sind. Es aätte der Gemeinde bei einiger Auf¬ merksamkeit nicht entgehen können, d a ft die jüdischen Einwohner von Hermsdors und Frohnau ausge s ch i e- den werden mußte n. 2. Es steht weiter fest, daß auch sämtliche Mitglieder der Sonöergemeinöe Aüaß-Jisroel in die Wähler¬ listen ausgenommen worden sind. Wenn auch die -lhivierigkeit, die Mitglieder der Lonöergemeinöe namentlich festzustellen, nicht verkannt werden soll, ' o hätte doch zum m i n d e st e n der B c r - s n ch gemacht werden müssen, die Mitglieder derSondergemeinde a u s- ?,ns ch eiden. Ties i st nicht geschehe n. 8. Zum Tatbestände des Punktes AV des dortigen Berichts ist festgestellt worden, datz der durch Be¬ schluß der Repräsentantenversammlung vom 12. April 1926 eingesetzte Prüfungsausschuß in der Sitzung der Nepräsentantenveri'MNmlnng vom 3. Mai 1926 durch seinen Vorsitzenden Loeb über das Ergebnis der Einspruchsprüfung Bericht er¬ stattet hat und daß dieser Bericht ohne Widerspruch entgegengenommen wurde. Die Repräsentanten- versammlimg hat demnach gemäß 8 18 Absatz 2 des Statuts Entscheidung getroffen. Sie hat aller¬ dings dabei die ihr obliegende Prüfung der Wahl¬ berechtigung der in die Wählerlisten noch Einzu¬ tragenden nicht bis zu Ende geführt, den Abschluß dieser Prüfung vielmehr den Wahlvorstehern über¬ lassen. Dieser Mangel würde angesichts der großen Zahl der in Betracht kommenden Wähler zu einer Beanstandung des gesamten Wahl Verfahrens füh¬ ren, wenn die unangefochtene Eintragung in die Wählerlisten die rechtliche Bedeutung einer ab¬ schließenden Feststellung des Wahlrechts hatte. Allein im Statut der Jüdischen Genwinde sind Be¬ stimmungen, die zu einer solchen Auffassung nöti¬ gen, nicht enthalten. In der Praxis der Jüdischen Gemeinde ist das Statut bereits bei den Wahlen von 1919 in entgegengesetztem Sinne gehandhabt worden. Schon damals ist durch die vom Vorstand erlassenen Instruktionen der: Wahlvorstehern eine Prüfung der Wahlberechtigung der eingetragenen Wähler anfgegcben worden. Es ist daher davon 1 auszugchcn. daß ebenso wie bei den Wahlen zum Reichstage und Landtage (vgl. 8 3 des Reichswahl¬ gesetzes in der Fassung vom 6. 3. 24 — RGBl. S. S. 159 — und 8 3 des Gesetzes vom 3.12. 20 — Gest S. S. 559 —so auch bei öcit Wahlen der Jüdischen Gemeinde die Eintragung in die Wählerlisten die Frage des materiellen Wahlrechts offen läßt. Daher können die gerügten Mängel nur die Folge haben, daß das materielle Wahlrecht der nachträglich Ein¬ getragenen, soweit sie sich an der Wahl beteiligt haben, erneut geprüft wird und je nach dem Er¬ gebnis die einzelnen Stimmen für ungültig erklärt werden. Die ungültigen Stimmen wären nach dem System de Hoodt in Abzug zu bringen (vgl. Pr. Berw. Bl. Band 42 S. 208 Adr. VIII, Seite 338 Nr. II zu 4a, Band 46 S. 228). 4. Im Bezirk 42 sind 10 Personen, die nicht in der Wählerliste stehen, vom Bezirköwahlleiter ent¬ gegen § 18 Absatz 4 des Statuts zur Wahl zuge¬ lassen worden, nachdem sie von ihm am Wahltage in die Wählerliste eingetragen worden sind. 5. Was die Leitung der Wahlgeschäfte betrisst, war es zulässig, daß sich der Abgeordnete der Aufsichts¬ behörde bei dem gemäß 8 21b Absatz 1 des Statuts zu führenden Schriftwechsel vertreten ließ. Un¬ zulässig dagegen war die Heber- tragun g des Vorsitzes in der aus¬ schlaggebenden Sitzung der ver¬ einigten Wahlausschüsse vor E r - m i t t l u n g d e s W a h l e r g e b n i s s e s. H i e r- i u liegt eine st arke Verletzung des $ 27 des Statuts, die zwar nicht zur Wiederholung des gesamten W a h l - geschästes, wohl aber zur Wieder¬ holung der Beschlußfassung über das Wahlergebnis in ordnungsmäßiger Sitzung nötigt. Hiernach ersuche ich. aus Grund des § 27 des Statuts erneut das Wahlergebnis durch die vereinigten Wahl¬ ausschüsse ermitteln zu lassen. Hierbei sind die vierzehn ungültigen Stimmen von Hermsdorf nnd Frohnau iPunkt A ui) und die ungültigen Stimmen der Per¬ sonalgemeindemitglieder von Aöaß Jisroel (Punkt a IV) auszuschalten. Was die Ausscheidung der letzt, genannten Wähler anbetrifst, ist es Sache der Ein¬ sprucherheber, diejenigen Personen, die nach ihrer Mei¬ nung ohne Wahlrecht Stimmen abgegeben haben, zu bezeichnen. Eine entsprechende Aufforderung ersuche ich an die Einsprucherheber zu erlassen. Weiter ist das materielle Wahlrecht der in die Nachtvagslisten Ein¬ getragenen, soweit sie sich an der Wahl beteiligt haben, zu prüfen,' je nach dem Ergebnis sind die einzelnen Stimmen für ungültig zu erklären. Entsprechend ist auch hinsichtlich der von dem Bezirkswahlleiter des Bezirks 42 nachträglich zur Wahl zugelassenen Per¬ sonen zu verfahren. Sämtliche ungültigen Stimmen sind nach dem Eben¬ er wähnten System de Hondt in Mzug zu bringen. Den vereinigten Wahlausschüssen ist auch Gelegen¬ heit zu geben, zu Punkt 6 vn des dortigen Berichts das Ergebnis aus den Bezirken 62, 56, 58a einer er¬ neuten Prüfung zu unterziehen nnd etwaige not¬ wendige Absetzungen von ungültigen Stimmen vorzu- nehmen. Ich ersuche, bei der Sitzung der vereinigtes Wahlausschüsse gewissenhaft auf die Einhaltung der Vorschrift in § 27 des Statuts zu achten, um erneute Anfechtungen des Ermittlungsergebniffes unter allen Umständen zu vermeiden. Nach Abschluß des Feststellungsverfahrens ersuche ich, mir über das Ergebnis der Prüfung eingehend zn berichten. Die festgestellten erheblichen Verletzungen der sta¬ tutarischen Bestimmungen über das Wahlverfahren znr Repräsentantenversammlung gebe« mir Beranlaffnng, darauf hinznweisen, -atz in Zukunft ans größere Sorg¬ falt bei der Vorbereitung nnd Ausführung des Wahl- geschäfts ernstlich Bedacht genommen werden muß. Eine mit io zahlreichen Unregelmäßiakeiten bebaftetr |