zum liberalen Judentum; unter den Beamten der Gemeinde ist er wegen seiner Vornehmheit und Sachlichkeit beliebt und geschätzt. Zu seinem 50. Geburtstag sprechen wir ihm unsere herzlichsten Glückwünsche aus. LerN«. (Geheimrat Adolf Warschauer gestorben.) Am Freitag, den 26. Dezember, verstarb in Berlin kärz nach Voll¬ endung seines 75. Lebensjahres der bekannte Historiker Geheimer Archivrat Adolf Warschauer. Er wurde 1855 in Kempen (Posen) ge¬ boren, war 1882 bis 1912 Archivar beim preußischen Staatsarchiv in Posen und seit 1903 gleichzeitig Professor der Geschichte an der Akademie in Posen. 1912 wurde er, als erster Jude in Preußen, Direktor eines preußischen Staatsarchivs, und zwar in Danzig. Wäh¬ rend des Krieges war er Leiter der deutschen Archiv-Verwaltung beim Generalgouvernement in Warschau. Geheimrat Adolf Warschauer war eine Autorität auf dem Gebiete der polnischen und posenschen Geschichte und Verfasser einer Anzahl grundlegender Werke und zahl¬ reicher Aufsätze, die dieses Gebiet behandeln. Sein Buch „Die städti¬ schen Archive in der Provinz Posen" (Mitteilungen der preußischen Archivverwaltung, Heft 5, 1905) enthält reiches Quellenmaterial zur Geschichte der Juden in der ehemaligen Provinz Posen. — Die Ein¬ äscherung Adolf Warschauers fand am Dienstag, dem 30. Dezember, 3 Uhr nachmittags, in Wilmersdorf statt. Berlin. (Jüdische Siedlung in Deutschland.) In Berlin haben vor kurzem eine Anfsichtsratssitzung und eine Gesell- schafterversammlung der „Indischen Landarbeit G. m. b. H." sotvie eine Vorstandssitzung des „Reichsbundcs für jüdische Siedlung in Deutschland" stattgcfunden. In der Gesellschafterversannnlung ist das Kapital der „Jüdischen Landarbeit" wiederum um 8000 RM. auf 45 000 RM. erhöht wordeir. Ter von den Geschäftsführern für das Jahr 1930/31 vorgelegte Kostenanschlag in Höhe von cttva 150 000 RM. wurde vom Aufsichtscat und der Gesellschastervcrsammlung ge nehmigt. Berlin. (Z U> c i Jahre „2 ch II l e der Jüdischen Ju¬ gend".) Mit der dritten Tezemberwochc beendete die „Schule der Jüdischen Jugend" das zweite Jahr ihrer Tätigkeit. Der Arbeitsplan enthielt im ganzen 2t Kurse und Arbeitsgemeinschaften, von denen 11 Hebräisch-Kurse und 13 allgemeine Kurse waren. Zu diesen Kursen waren 396 Teilnehmer und Teilnehmerinnen angemeldet. Die Mehr¬ zahl aller Kurse und Arbeitsgemeinschaften tvar im Neubau der jüdischen Mädchenschule, Angnststraßc 11-13, untergebracht, doch wur¬ den einige auch im Westen, im Schulgebäude Lntzowstraße 16, obge- halten. Neben den fortlaufenden Kursen haben während des Trimesters mehrere Sondcrveranstaltungen stattgesunden, die zum Teil nur für Angehörige der Schule, zum andern Teil für eine breitere Oefsentlich- feit bestimmt waren. Im allgemeinen hat die Arbeit der Schule mit dem jetzt abgeschlossenen Trimester einen bcmerlenswceten Auf¬ schwung genommen, >vas die Zahl der Teilnehmer und besonders auch die Gewinnung Nichtorganisierter Jugendlicher betrifft. Hin¬ gegen leidet die Zusammenarbeit und die gewünschte Verschmelzung der Angehörigen der Schule zu einem großen organischen Körper mit aktivem Eigenleben unter dem Mangel an räninlicher Entsal¬ tungsmöglichkeit. Es wird die nächste Ausgabe aller derjenigen sein, die der „Schule der Jüdischen Jugend" und allgemein der Indischen Jugendarbeit in Berlin nahestehen, sich tatkräftig sür die längst geforderte und von den verantwortlichen Stellen in Aussicht gestellte Bereitstellung passender Räumlichkeiten für oie Bedürfnisse der jüdi¬ schen Jugendarbeit — und damit auch sür Die Schule — als das „Haus der Jüdischen Jugend" ein setzen. Das erste Trimester 1931 wird in der dritten Januarwoche eröffnet werden. Es enthält tvieder eine große Zahl von Veranstaltungen, darunter besonders auch einen Zyklus von Vorträgen, iu denen bedeutende Sachkenner einen Querschnitt durch die literarische Tradition des Judentums legen werden. Ein ausführlicher Arbeitsplan befindet sich im Druck und wird von der zweiten Januarwoche ab in allen jüdischen Buchhandlungen, an den Theaterkassen Hermann Tictz, Alexanderplatz, Leipziger Straße, Frankfurter Allee, Kaufhaus des Westens und in der Geschäftsstelle unentgeltlich zu haben sein. Auskünfte erteilt und Anmeldungen nimmt entgegen die Geschäftsstelle der „Schule der Jüdischen. Ju¬ gend", N. 24, Oranienburger .Straße 29, Tel. Sammelnummer Weidendamm D 2 5921, 9—4 Uhr. Braunschtveig. (Filmvortrag über die Israelitische G a r t e n b a n s ch u l c „Ahle nr".) Am 14. Dezember sprach auf Veranlassung der LeopoldZunz-Loge Herr Alfred Rose ans Hannover über „Berussumschichiung tut not" — „Ahlem, eine Piomcrstätte für die deutsche Judenheit". Sämtliche Vereine der jüdischen Ge¬ meinde hatten zu diesem Vorrrag cingcladen. Der Präsident der Lcopold-Zunz Loge, .Herr W. Löwendorf, gab in seinen Begrüßungs¬ worten seiner Freude'darüber Ausdruck, daß cs gelungen sei, für diese überaus wichtige Veranstaltung eine gemeinsame Plattform zu schaf¬ fen. .Herr Rose schilderte sodann eingehend, tvcshalb es für uns Juden notwendig fei, eine Berufsumschichtung ins Auge zu fassen. Die „Israelitische Gartenbauschule zu Ahlem", 1893 von dem Konsul Moritz Alexander Simon gegründet, bildet junge Juden zu Land¬ wirten und' Handwerkern aus. Die Leibuiz-Loge in Hannover hat es sich jetzt zur Ausgabe gemacht, die Schule, die tvic viele jüdische Anstalten Deutschlands um'ihr Dasein kämpft, in ihrem Existenzkampf z,n unterstützen. Durch den Film, der auf ihre Veranlassung hergc stellt wurde, will sie das Interesse der deutschen Judenheit aus diese einzigartige jüdische Anstalt lenken. ^Tie Loge will helfen, die Ahlemer Anstalt zu einer Musteranstalt cmszubanett. Den Ausfüh¬ rungen des Redners folgte der Film, der die Ahlemer Anstalt in ihrer ganzen Ausdehnung zeigt und einen ausgezeichneten Einblick in das Leben und Treiben der Schüler, die auf allen Gebieten des Garten - bans und des Handwerks aufs beste ansgebildet tverden, gewährt. Der Film zeigt ferner, wie sich die entlassenen Schüler in allen Teilen der Welt, Kanada, Südamerika, Palästina usw. bewähren. Nach Dankesworu'n an den Redner richtete Heer Rechtsanwalt Mielziner die Aufforderung an die Versammlung, „Ahlem" tatkräftig zu unter¬ stützen. Elberfeld. (B o r st a n d s w a h l c n.) Analog der Kompromi߬ wahlen zum Repräsentanten Kollegium vollzog sich auch die Wahl zum G c me i n d e o o r st a n d auf Grund einer Einheitsliste. Es sind gewählt: 1. Gustav Brück, Rechtsanwalt; 2. Tr. Julius Loeb, -Arzt; 3. Albert Frank, Kaufmann; 4. Frau Clara Samuel; 5. Karl Kahn, Kaufmann. Emmerich a. Rl). (5 0 j ü h r i g e s I u b i l ä u in.) Der hiesige jüdische Franenvercin beging am 1. Ehai'utahtage die Feier seines 50 jährigen Bestehens. Nach einem Festgottesdienst, in dem Herr Lehrer "Lilienfeld die Gedenkrede hielt und der sich eine Seelen- stier sür die verstorbenen Mitglieder anschloß, versammelte sich die Gemeinde im Hotel „Rheinischer Hof", wo die Jugend die An¬ wesenden durch nette Borträge und Ausführungen erfreute. Mit Rücksicht ans die wirtschaftlichen Verhältnisse der Zeit sah man von einer größeren Festlichkeit' ab, doch blieb man im frohen Kreise noch gemütliche Stunden beisammen. Hamburg. (Fest der Deutsch-jüdischen Inge n d.) Die Deutsch jüdische Jugend (DJJ.), die 5 Jahre besteht, stierte im Hotel Esplanade diese Zeitspanne redlicher Arbeit mit einem Fest. Es handelt sich um eine Gemeinschaft junger Menschen, die nach Kultur und Vaterland Deutsche, nach Glaube und Abstammung Juden sind. Die DJJ. hat sich zur Aufgabe gemacht, „durch Arbeitturse das Wissen um Wesen, und Aufgaben des deutsch-jüdischen Menschen zu vertiefen, durch Wanderungen oie Liebe zur deutschen Heimat zu stärken, durch Feste und Ausflüge jugendfrohes Beisammensein zu pflegen". Außer den verschiedenen Arbeitsgemeinschaften halten jedes Jahr etwa dreißig Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens größere Referate, an die sich regelmäßig lebhafte Diskussionen anschließcn. Nene Erziehung, Badenreform, Versauter Vertrag und Ioungplan, werdendes Strafrecht — waren einige der jüngsten Themen. Daneben gab es Gedenkfeiern für Slrcsemann, Jakob Locwenberg nnd Mose» Mendelssohn, auch Diskussionen aktueller Tagesfragen. Selbstver¬ ständlich werden auch jüdische Probleme, Mischehe, Schächlfrage usw. behandelt. Religiös und politisch wird strenge Neutralität gewahrt. Häl». (Jubiläum des Israelitischen Fraucnver- e i n s.) Am 17. Dezember beging der Israelitische Frauenvereim die Feier seines 75 jährigen Bestehens und gleichzeitig das 35 jährige Jubiläum seiner Vorsitzenden Frau Julie Davids, die fünf Kahre als zweite und dreißig Jahre als erste Vorsitzende die Ziele des Ver¬ eins mit Umsicht und Energie vertrat. Eine einfache Feier vereinigte die Mitglieder des Vereins. Kiel. (Abschiedsfeier sür Lehrer Chaim.) Die Ge¬ meinde veranstaltete im Anschluß an eine Chanukahvcranstaltung ihrem scheidenden Lehrer Chaim, der in den Ruhestand tritt, eine schlichte und würdige Abschicdsfeicr. Rechtsanwalt Tannenwald stattete dem Scheidenden den Dank der Gemeinde ab und überreichte in ihrem Auftrag eine Erinnerungsgabe. Rabbiner Dr. Posner sprach sür die Dr. Jakob-Schule. Der Gefeierte stattete allen seinen Dank ab. Köln. (I u d e n f e i n d l i ch e Kundgebung.) Am Donners¬ tagabend gegen 7 Uhr erschienen m Bayenthal vor der Villa des Geheimen Regierungsrats Ottmar Strauß, des Mitinhabers der Eisen¬ großhandlung Otto Wolfs, etwa 30 junge Leute, die ohne weiteres alle Fensterscheiben der Villa mit Steinen einwarfen. Einen vor der Villa haltenden Kraftwagen warfen die Angreifer um und bedrohten den abwehrenden Kraftfahrer mit der Pistole. Die Täter entkamen unerkannt. — In der Altenburger Straße 338 wurde in das Fenster des ersten Stockwerks geschossen, und zwar in die Behausung des Professors Unger, des Direktors der Musikhochschule. Auch hier sind die Täter entkommen. Königsberg. (B o y k o t t g e g e n jüdische Geschäfte.) Ter Bezirk Groß-Königsberg der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter¬ partei veranstaltete in den Tagen vor Weihnachten eine starke Boykott¬ hetze gegen die jüdischen Waren- und Kaufhäuser. ES ivurdcn Flug¬ blätter verteilt, die die Aufschrisl trugen: „Die Christus ans Kreuz schlugen, machen das Weihnachtsgeschäft!" Außerdem war in dem Flugblatt ein unwahrer Ausspruch eines nicht mit Namen genannten Rabbiners enthalten, der es bedauerte, daß Maria nicht zwei Jesus- lnaben geboren habe, damit die Juden zweimal im Jahr ihr Weih¬ nachtsgeschäft machen könnten. Durch die Straßen fuhren große Möbelwagen mit Plakaten, auf denen jüdische Karrilaturen zu sehen waren und aus denen zum Boykott der jüdischen Waren- und Kaufhäuser sowie der Konsumvereine aufgefordert wurde. Der als Jndenhetzer bekannte Gauleiter, der nationalsozialistische Reichsiagsabgeordnere Koch, richtete in einer großen öffentlichen Versammlung besonders scharfe Worte gegen die jüdischen Waren- und Kaufhäuser und forderte die Amvesenden auf, ihre Einkäufe nicht bei Juden zu machen. Die gleiche Aufforderung erging in der Probenummcr der neugegründeten „Preußischen Zeitung", die .als Tageszeitung herauskvmmcn soll. Falls sich Geschäftsleute »mngern sollten, in diesem Blatt zu inse¬ rieren, so würden ihre Geschäfte besonders gekennzeichnet werden. Landsberg (Warthe). (Polizei gegen R o >v d i e t u m. Seit einiger Zeit ivurden hier zahlreiche Fassaden mit beleidigenden An¬ griffen gegen jüdische Mitbürger besudelt. Ja, es wurden sogar Per¬ sonen auf der Straße wiederholt absichrlich angerempelt und beleidigt. Die Polizei hat nunmehr eingegriffen und eine Belohnung von 100 Marl für die Ergreifung der Täter ausgesetzt, die hoffentlich etwas abkühlend wirken wird. Leipzig. (G e me i nde s i tz u ng.) Vor Eintritt in die Tages¬ ordnung wurde vom Gemeindevorsteher bekanntgegeben, daß die Mit¬ glieder der Jüdischen Volkspartci, infolge der Haltung der anderen Fraktionen bei der Ablehnung ihres Wahlrecht-Antrages, ihre Acmter zur Verfügung gestellt haben. Gemäß der Gemeindesatzung hat über die Annahme dieser Amtsniederlegung die Gemeindesjtzung zu beschließen. Es wurde jedoch dem Airträge zugestimmt, zu einer Entschließung erst in der nächsten Sitzung zu schreiten, da man von dieser Mitteilung völlig überrascht worden sei. — Infolge der un¬ günstigen Wirtschaftslage wird der Steuersatz (von bisher 12 G>) auf 14 °/o, begrenzt auf 345 o/ 0 des Einkommens, erhöht. Es wurde zwar das Bedenken geäußert, ob man diesen Beschluß in Ab¬ wesenheit der Vertreter der Volkspartei fassen solle, damit nicht die Erhöhung des Steuersatzes agitatorisch ansgenutzt werden könne; cs drang jedoch der Gedanke durch-, daß die Versammlung sich durch Die Handlungsweise der Volkspartei nicht beirren, sich nur von ihrem Gewissen leitete lassen dürfe. — Zn einer ausgehenden Aussprache kam cs bei der Beratung der von einem Sonderausschuß seit langem vorberei etc,, F r i e d h o s s o r d n u n g. In einigen grundsätzlichen Punkten ergaben sich Meinungsverschiedenheiten. Offen gelassen wurde noch die Frage, ob auch Frauen gestattet werden solle, bei Bcstattnngs- feiern Ansprachen zu halten. Es sollen zunächst Ermittlungen äuge¬ st ellt tverden, tvie in dieser Frage in anderen Gemeinden verfahren wird. Wichtig ist ferner, daß, in Abänderung des Vorschlages der Friedhofsordnung, über die Beisetzung von Andersgläubigen und von Aschenresten sotgender Beschluß befaßt wurde: In bestimmten Feldern des Friedhofes dürfen Andersgläubige und Aschenreste nicht beigesetzt werden: der Friedhossausschuß hatte die Beisetzung von Anders¬ gläubigen grundsätzlich untersagen wollen. Eine größere Anssprache entspann sich auch über die Frage, ob der Besuch der Friedhöfe an Sabbat- und Festtagen zugclassen werden solle. Dem Wunsche, ent¬ weder die gleiche Regelung tvie in Berlin festzuleg-ru, tvcnigstens aber in AuSnahmcfällen solche Besuche zuzulassen, wurden technische tvie auch religiöse Bedenken entgegengehalten. Zu dieser Frage sollen noch die Gutachten der Gemcinderabbincr cingcholt tverden. Ein weiterer Antrag, ein Verbot von Abbildungen menschlicher Gestalten und Köpfe auf Grabsteiucn auf d i e Teile des Friedhofes beschränkt zu sehen, in denen die Beisetzung von Andersgläubigen und Ascheirresten untersagt ist, ivurde zurückgezogen, nachdem religiöse und soziale, wie auch künstlerische Bedenken geäußert worden waren. — Der in der letzten Sitzung dem Finanzausschuß üb-ertviescne Antrag der Volks¬ pariei über den Ausbau der D -a r l e h n s k a s s e wurde in dem Sinne erledigt, daß ein zu besonders günstigen Bedingungen vermittelter Kredit von Mk. 15 000,— zur Erweiterung der Kasse in Anspruch genommen tverden soll, nnd daß der Tarlehnsbctrag im einzelnen Falle bis zu Mk. 1500,— erhöht werden kann. — End gültig beschlossen werdcil konnte weiterhin die Einrichtung des jüdi¬ sche,'. Jugendheimes. Der Vertrag über die Ermictung des Grundstückes Elsterstraßc 7 ist vollzogen worden. Die Gemeinde über¬ nimmt die Zahlung der gesamten Miete sür das Jugendheim. Eine Kommission des Jugcndausschusses wird als Bevollmächtigte der Ge. meinde den bisherigen Jahresbeitrag der Gemeinde in Form von Miet- beiträgen der Jugendbünde von diesen entziehen und die eingegangenen Gelder nach einem von der Kommission aufzustellenden Schlüssel an die Jugendbündc als Beitrag der Gemeinde verteilen. — Außerhalb der Tagesordnung wird über einen Aufsatz verhandelt, den im Anschluß an die letzte Genre nidesitziing das Leipziger „Allge¬ meine Jüdische F a m i l i e n b L ei 11" veröffentlicht lull mit der Behauptung, es hätte eine Abmachung zwischen dcu Vertretern der orthodoxen nnd der liberalen Fraktionen wegen der Festsetzung eines Gehaltes bestanden, wonach die orthodoxen Gemeinde Verovd- neteu verpflichtet geivesen seien, sich der Protestkundgebung der Volks¬ partei wegen Ablehnung ihrer Wahlrechtsanträge anzufchlicßen. Es wird beschlossen, die Angelegenheit, die virhtöifentlich verhandelt tvorden war, nunmehr zur öffentlichen Verhandlung sreiznstellcn, und bekannt- gegeben, daß diese Behauptung des Allgemeinen Indischen Familien¬ blattes nicht im geringsten auf Tatsachen beruht: der Antrag, um den cs sich handelt, ist von der liberalen Fraktion erst in der nicht¬ öffentlichen Sitzung gestellt und belanntgegeben worden, die orthodoxere Gemeinde Vervrdnelen haben zuvor keinerlei Kenntnis von dem An¬ träge gehabt. Nach dieser Feststellung weisen die einzelnen Frak¬ tionen nunmehr die Verdächtigungen des Allgenrcinen Jüdischen Fa- milienblatteS in der jüdischen Oessentlichkeit mit aller Entschiedenheit zurück. Leipzig. (Dir. K l e c m a n n unb Prof. Rosin sprechen sür den „Ort".) Die „Ort"-Gesellschaft, Abteilung Deutschland, lud zahlreich Persönlichkeiten der Leipziger Jüdischen Gemeinde zu einem Vortragsabend in bas Hotel Fürstenhos ein. Vertreter säst aller Leipziger Zeitungen waren ebenfalls erfchwnen. Die Herren Dr. Le» Bramson, Vorsitzender der Zentralverivaltnng des Weltvcr- barrdes „Ort", Direktor Dr. h. c. Wilhelm Kleemann, Präsident des „Ori"-Wiederaufbau-Fonds, und Geheimrat Dr. h. Rosin, Vorstands^ mitglied der „Ort"-Gesellschaft, Abteilung Deutschland, sprachen zu« Thema: „Neue Formen jüdischen Wirtschaftslebens". Rabbiner Dr. Felix Goldman» begrüßte als Vorsitzender des Leipziger Aktions- Ausschusses der „Ort"-Gesellschaft die Anwesenden und wies auf die sozial und wirtschaftlich bedeutungsvolle Arbeit des „Ort" hin, die fern von jedem politischen Kampf vor sich geht. Dies gibt den Jude« aller Parteirichtungeu die Möglichkeit, an dieser Arbeit teilzunehmen. — An der Aussprache beteiligten sich u. a. die Herren Carl Goldschmidt, Vorsitzender der Leipziger Israelitischen Religionsgemcinde, Moritz Urh als Vertreter der Ortsgruppe des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens. Sämtliche Redner sprachen sich für eure tveitgeherrde Unterstützung der „Ort"-Aufbauarbeit aus. Lübeck. (50jähriges Bestehen der Synagoge.) An¬ läßlich des 50 jähriger, Bestehens der hiesigen Synagoge fand in der Israelitischen Gemeinde am Sonntag abend ein Fcstgottesdienst statt. Herr Rabbiner Dr. Winter sprach in seiner Festpredigt über die Be¬ deutung des Gotteshauses und die Entwicktung der Gemeinde in dieser Epoche und schloß mit c irrem Gedenken der im Weltkrieg ge¬ fallenen Söhne der Gemeinde. Herr Dr. Landau dankte den Spender«. Und Stiftern, die zur Erhaltung und Wiederherstellung des Gottes¬ hauses beigetragen haben, und sprach die Hoffnung aus, daß die Gemeinde auch die schwere Zeit der Gegenwart überstchen »oerde. Angesichts der Not unserer Zeit hatte die Gemeinde vvn jeder größeren offiziellen Feier Abstand genommen und nur im internen Gottesdienst der Wiederkehr des Tages gedacht. Mülheim (Ruhr). (Persönliches.) Am 31. Dezember begeht der Vorsitzende hiesiger Gemeinde, Herr Meyer Kann, seinen 70. Geburtstag. lieber ein Vierteljahrhundert gehört der Jubilar dem Vorstande an, und seit 16 Jahren bekleidet er das Amt des Vorsitzenden des Gemeindevorstandes. Viele religiöse Neuerungen der letzten Jahr¬ zehnte, wie der Bau der Synagoge, die Erwerbung eines Gemeinde¬ hauses nnd die Einrichtung des Rabbiuats sind seiner Initiative und eifrigen Förderung zu verdauken. Außerdem ist Herr Kann im Vorstand mehrerer Vereine für soziale nnd religiöse Interessen, so auch der Liberalen Bereinigung, eifrig tätig. Für die Erhaltung des Friedens innerhalb der Gemeinde tvar der Jubilar besonders bemüht. Die Gemeinde wird den Ehrculag ihres Führers dazu benutzen, um ihm Tank und Anerkennung für die erfolgreiche Wahrung ihrer Interessen znm Ausdruck zu bringen Potsdam, (75 Jahre „Chebra Kadischa".) Die „Chebra Kadischa" der israclirischcn Geincindc in Potsdam feierte «m 29. De¬ zember ihr 75 jähriges Bestehen. Am 29. Dezember 1855 richteten der Gemeindevorsteher L. Zielcnziger und der Kaufmann H. Ehrlich, beide lange in Potsdam ansässigen Familien entstammend, einen Aufruf zur Bildung der „Chebra Kadischa" an ihre Glaubensgenossen, der von dem damaligen Rabbiner Tr. Apolant tvarm unterstützt wurde. An der Spitze des Vereins steht jetzt Kaufmann James Gcrsmann. Die Jubelfeier der Chebra Kadischa »vurde am Sonntag mit einem Fcst- gottesdicnst in der Synagoge am Wilhelmplatz begangen. Stuttgart. (Süddeutsche R a b b i n e r k o n s e r e n z.) Zu einem wissenschaftlichen Fortbildungskursus für die Rabbiner der der Süddeutsche« Arbeitsgemeinschaft angehörenden Landesverbände hatte der Israelitische Oberrat eingeladcn. Das Programm war außer¬ ordentlich reichhaltig und sorgfältigst von dem Israelitischen Oberrat zusammengestellt. Man hatte für diesen Fortbildungskursus jüdische Gelehrte und mit der Materie vertraute Dozenten der Heidelberger und Tübinger Universität gewonnen. Ministerialrat Dr. Hirsch begrüßte die etwa ans dreißig Rabbinern bestehende Hörerschaft sowie die sonst geladenen Gäste und übergab dann den Vorsitz der Tagung Herrn Stadtrabbinec Ri eg er. Universitäts-Pros. Paul Ricßler, Tübingen, referierte über die Bedeutung des altjudischen Schrifttums außerhalb der Bibel für die Erkenntnis und Erklärung der heiligen Schrift. Eine rege Diskussion, die das Niveau des Vortrags hielt, folgte seinen Ausführungen. Der Abend galt dann einer zwanglosen Aus¬ sprache in den Räumen der Stuttgart-Loge, woselbst von Seiten des Israelitischen Vorsteheramtcs ein Essen für die Gäste des Oberrates gegeben wurde. Sehr eingehend und außerordentlich erschöpfend vorbe¬ reitet war der am Montag gehaltene Vortrag von Prof. Eugen Täubler-Heidelberg über „Quellen der Makkabäcrgcschichte". Wenn auch ein Teil der Diskussionsredner einen anderen Standpunkt in politischer nnd religiöser .Hinsicht wie der Referent vertritt, so fand die kritische Beleuchtung, die der Referent dem Stoff gab, außer¬ ordentliches Interesse. Diesen Vorlesungen folgte ein Vortrag von Seminar-Rabbiner Tr. Jakob Neubauer-Würzburg über Probleme des halachischen Midrasch. Diese von großem Geist und tiefem Wissen sprechenden Ausführungen fesselten den Zuhörerneis bis zum letzten Wort. Bon einer Diskussion sah man in Anbetracht der ungeheuren Fülle der Fragenkomplexe ab. Professor Dr. Kroh- Tübingen behandelte in seinem Referat die Epochen der abendländischen Bildungsgescbichte. Diesem Vortrag folgte dann wieder ein Referat von Professor Dr. Paul Bolz-Tübingen über die Bedeutung der Aus-' grabungcn in Babylonien nnd Aegypten sür die Erklärung der Bibel. Wieder setzte eine lebendige Diskussion ein. Rabbiner Dr. Becr- m a n n - Hcilbronn sprach über die Talmud-Exegese Baruch Epsteins (Mekor Baruch), luobn der Redner zeigte, wie auch der nicht berufs¬ mäßig zünftige Jude aus talmudisrl«'m Gebiet Hervorragendes leistete (Baruch Epstein war kein Rabbiner von Berus). Die in ihrer Vorbe¬ reitung sehr gut gewählte Vortragsreihe schloß mit einer Vorlesung von Stadtrabbiner Dr. Paul R i e g c r - Stuttgart über „Der älteste Kommentar über das erste Buch Mose", wobei der gelehrte Referent tiefe Einblicke in das Wesen der Textforschung drrbot und mit neuen und eigenen Gedanken und Ergebnissen hervortrat. Stuttgart. (Jüdisches Jugendheim.) Ministerialrat Dr. Hirsch, Präsident des Israelitischen Obcrrats, führte in einem Bortrag aus, wie schwer sowohl politisch als wirtschaftlich die Lage für uns Deutsche und uns Juden insbesondere augenblicklich sei. Mit tlaren Worten zeichnete er die Schwierigkeiten und Bedenken, die gegen Neuschaffung sozialer Einrichtungen sprächen. And dennoch kam er bei dem von den verschiedensten Stuttgarter Jugend-Vereinen veran¬ stalteten Werbeabend für ein Jugendheim zu der Ansicht, daß die Errichtung eines Jugendheimes eine berechtigte Notwendigkeit sei. Kein Jugendheim, das in Bau und Einrichtung irgendwelchen Luxus hat. sondern schlichte, behagliche Räume braucht die jüdische Jugend, in denen sie gemeinsamen arbeiten, spielen und lernen kann. Das Israelitische Vvrstehcramt hat sich bereit erklärt, eine namhafte Summe zur Bertvirklichung des Planes zur Verfügung zu stellen, die noch fehlenden Gelder hofft man durch eine sofort einsetzende Haussamm- lung ausznbringen. Zcitcntsprechcnd, schlicht sparsam, sollen sechs bis acht Räume geschaffen werben, die die Jugendvereine, Mädchen- llub und Kinderhort aufnehmen sollen. Manche Kultnrwerke haben ja in schwerer Zeit ihren Anfang gehabt und so hofft auch der jüdische Jugendring Siuttgart, der jüdischen Jugend, besonders der hier lebenden, dvch nicht beheimateten Jugend einen Mittelpunkt geben zu können. ■■■■* Aus der Bewegung Dortmund. jChanukahfe i e r.) In unserer Ortsgruppe fand ein außerordentlich schön verlausender Channkah-Unterhaitungs-Abend statt. Die Beteiligung toar so groß, daß sämtliche unteren Räume des freundlichen Gemeindehauses vollauf besetzt waren. Frau Jeanette Wolfs ans Bocholt sprach in einem kurzen^ mit großem Berfall aus- genommenem Festvortrage über: „Die jüdischen Festtage im Lichte heS liberalen Judentums". — Am 1. Chamckahabend fand in der Synagoge, die in ihren uritcren Räumen vollständig besetzt war, ein feierlicher Abcndgottesdienst statt, der in dieser Gebetsfolge hier neu war. Fast die gesamte Jageno der Volks- und höheren Schulen hrlle sich mit der Elternschaft eingesunden umd nahm in weihevoller Stimmung und starker Mitwirkung Anteil an der religiösen Feier- |