Nr 50 TU EDISCHE RUNDSCHAU Seite 425 Zur Frag« der Jewish Agency Von William Schlesinger (Hamburg). Wir bringen den folgenden Aufsatz, der vielleicht .mell zu einen! ungeeigneten Zeitpunkt erscheint, in Berücksichtigung de? I*rin/,ip«1 der freien Meinungs- ״iißcrimg. Wir sind durchaus anderer Meinung als der Verfasser, Wenn 7 ״ B. darauf, •hingewiesen wird, oati die Aguda bei den Aral>ern Sympathien genießt, so ist das nicht einer der stichhaltigsten Gründe für, sondern gegen die Beteiligung der Aguda an der Agency. Diese Sympathien besitzt die Aguda n.irnlirh nur wegen ihrer antizionistisclicn Politik. Im Uebrigeu sollte unseres Erachtens doch kein Zweifel darüber bestehen, daß weder eine zahlenmäßige nocli eine finan- zielte nocli irgendeine andere ״Macht“ für die Aufnahme in die Agency ausschlaggebend ist, sondern lediglich der ernstliche Wille und die Fähigkeit, am Aufbau der nalionalcn Heimstätte niit/uarbciten. 111 dem Augen- blick, in dem die Aguda eine wirkliche Leistung in l'al.istiiu aui/inu i:;cn hat, die der von ihr arro,gierten führenden Stellung entspricht, würden wir, ungeachtet ihrer Haltung der zionistischen Organisation gegenüber, dafür cintretcn, daß der von ihr nicht mir empfundenen und geäußerten, sondern auch realisierte u Ver- püichtung für Erez Israel das gleiche Maß an Bcrccbti- gung entspricht. Dann besteht auch die Hoffnung, daß die Aguda in den Sorgen der praktischen Arbeit die bedauerlichen Methoden des Kampfes, die jetzt von Ihr angewendet werden und die eia Zusammenarbeiten fast unmöglkli machen, verlassen wird. — Red, ln den letzten Monaten ist das Problem der endgültigen Bildung der Jewish Agency in den Vordergrund der öflent- liehen Erörterung getreten. Manchem Zionisten und Nicht- zionisten mag erst jetzt eine Vorstellung von der grundlegenden Bedeutung dieser Frage gekommen sein. Setzen wir die Kenntnis der Funktionen der Jewish Agency, die in Umrissen im Palästina-Mandat fcstgclcgt sind, voraus, (Es wird schließ- lieh von uns abhanden, wie groß der Aufgabenkreis der Jewish Agency sich im Laufe der Zeit gestalten wird.) ln der neuerdings wieder begonnenen Diskussion vermisse Ich einen Gesichtspunkt, den ich als den ״außenpolitischen“ bezeichnen möchte. Wie cs nur natürlich ist, wird die Jewish Agency bei uns zunächst vorwiegend im Hinblick auf ihre einzige Aufgabe, nämlich die des Palästina-Aufbaus, beurteilt. Haben wir uns aber genügend vor Augen geführt, daß die Jewish Agencv vom nielitjüdischcn Standpunkt aus gesellen (um nur ein Beispiel herauszugreifen) als die erste wirklich umfassende Vertretung der jüdischen Gesamtheit angesehen wird? Es kann darüber kein Zweifel bestehen, daß die Jewish Agency zu ihrer vollen Wirksamkeit der größtmöglichen Autorität im jüdischen Lager bedarf. Um diese zu er- reichen, dürfen wir heute im entscheidenden Augenblick kein Mitte! unversucht lassen. ln den Auseinandersetzungen über die Bildung der Jewish Agency ist auch nicht die leiseste Erwähnung einer Groppe getan worden, die sieh sonst — in der Polemik — einer ungewöhnlichen Aufmerksamkeit erfreut, feil spreche von der Ag 11 doli. Mancher ruhig denkende Zionist mag sich in der letzten Zeit wohl die Frage vorgclcgt haben, ob denn die Agudoli ihre viclgeläslerten SomicrnKlroncu fortgesetzt nur aus Opposition zum Zionismus unternommen habe, nur um den zum Teil gemeinsamen Gegnern Wasser auf ihre Mühle zu leiten. Das ist doch wohl nicht anz.uudimcu. Noch schwellt die Angelegenheit der palästinensischen Gcmcindcgcsctzgcbuug, in welcher, wie bekannt ist, die Agudoh .Vorstellungen beim Londoner Golomäl Office erheben will. ' Glaubt man der jüdischen und der zionistischen Sache einen Dienst damit tu erweisen, indem nun sich auch nicht die geringste Mühe gibt, diesem Vorgehen gerecht zu werden? Auch der Gegner hat Motive, die gewürdigt werden sollen, auch wenn man sie aufs Schärfste bekämpft. Weil der Eindruck, der in London bei den Regierungsstellen erweckt wird — um bei meinem letzten Beispiel zu bleiben — ein, sagen wir, mindestens merkwürdiger sein wird, ist die Aktion der Agudoli eben diesen heftigen Angriffen ausgesetzt. Nun frage ich: Will der Zionismus die Schuld dafür tragen, wenn nach der Konstituierung der Jewish Agency ohne Mit- Wirkung der Agudoh eine Situation cintritt, die der erstaunten Welt witder zwei jüdische Körperschaften im Kampf zeigt? Muß nicht der verbissenste Radikale an eine schädigende Wirkung solcher Lage auf das Aufbauwerk glauben? Sicher wird es dunkle Mächte geben — vielleicht sind sie schon am Werk —, die ein Interesse am inneren Zwiespalt der Jiidenhcit haben wendet); wer aber wird diesen Dunkel- männern in die Hände arbeiten \v׳ollen? Ich möchte jenen Gesinnungsgenossen, bei denen sich im Laufe der Zeit ein so großes Maß von Groll gegen die Agudoli «!!gesammelt hat, daß sie einer objektiven Würdigung nicht zugänglich sind, etwas cntgcgcnkommcn. Betrachten g!: 1 ־.!■■ ' . . ..— . . . . .. . . . ... .■ B SL.MJ= Si *chaft über die Sprachen, von denen er ein ganzes Dutzend und mehr fließend las und einige geläufig sprach und literarisch beherrschte, ließ ihn in seiner deutschen Muttersprache zu einer ungeheuren Spracligewalt kommen. Aber sie wurde erst zu etwas Wesenhaftem durch das sittliche Pathos, das ihn zum neuzeitlichen Propheten des uralten Judentums werden ließ. Seine Kongreßreden liegen in seinen gesammelten ״Zio- nistischen Schrifien" vor. Jede dieser Reden war ein Ereignis. Er wußte das erschütternde Schicksal des jüdischen Volkes in *o gewaltigen Farbentönen darzustcllcn, daß das Gewissen Europas und Amerikas hätte erbeben müssen, wenn cs ein solches überhaupt gäbe. Aber nicht stumpfe Verzweiflung war cs, die in diesen Reden das blutgetänkte Gewand zeigte, In das das geheizte jüdische Volk cingchüilt war, nicht nur ein lauter Protest des aufschreienden jüdischen Volkes tönte «ns diesen Reden, sondern der Zement, der dieses Bauwerk zusammenhielt, war der feste Wille eines Aufbaues mit oder gegen den Wißen der Völker. Nordau gehörte zu denen, dfc die Grundlagen geschaffen haben, für den Aufbau des Volkes und des Landes. Aber dieser Aufbau war kein äußerer und äußerlicher, kein bloß materieller, sondern ein sittlicher. Er mußte, wie Herzl sagte, eine Erhöhung der menschlichen Moral bedeuten. Wenn in der Nachkriegszeit diese fiefsittiiehe Grundlage In weitesten Kreisen als etwas Entbehrliches, Uebcrflüssigcs, alt eine Redensart oder ein Luxus angesehen werden mag — In jener großen Zeit, die die zionistische Idee gebar und dem Aufbau die moralische Grundlage verschaffte, bedeutete die aftttiche Persönlichkeit noch etwas. Ein Nachklang von ihr Ist noch da. Wer die Zionistischen Schriften Max Nondaus liest, empfängt den Eindruck der Heroenperiode der zionisti- sehen ricwegung, fühlt und empfindet dh gewaltige, sittliche Persönlichkeit, die neben Herzl bei der Oeburt und an der Wiege der zionistischen Bewegung gestanden hat. wir die Sache einmal vom taktischen Standpunkt aus — meinetwegen demjenigen des Parteistrategen. Die Agudoh hat in clcr vergleichsweise kurzen Zeit ihrer Aktivität immerhin Energien entwickelt, die zwar leider noch nicht so stark in Erscheinung getreten sind, wie etwa die zionistischen Sied* hingen in P.al,i;;!i11;1. Es steht aller gerade einem Zionisten nicht gut an, geistige Bewegungen 11ml Wirkungen zu unter- schätzen, Uie Tätigkeit der Agudoh vollzieht sich zur Zeit vorwiegend auf dem Gebiet der Erziehung, der Sammlung der religiösen Kräfte, Pt cs klug, solche Manifestationen wie die Knies ׳ ,!>|! gedauloh — die natürlich mit einem Zio- nistenkengreß nicht in eine Reihe gestellt werden brauchen -- 711 unterschätzen, auch ihre politischen Folgen zu unter- schätzen? Sollte cs nicht bekannt sein, daß der Agudoli ln weiten Kreisen der nielitjüdischcn Welt, auch der Araber, lebhafte Sympathien cntgegengcbrncht werden, gerade ihrer religiösen Einstellung wegen? ln diesem Zusammenhang wollen wir die Gründe nicht untersuchen, Es handelt sich nur darum, ob cs ratsam Ist, an all dem vorbeiz!!sehen, anstatt diese Werte der jüdischen Gesamtheit in ihrem ohnehin schweren Kampf nutzbar zu m,adieu. Obwold der religiöse Zionist nur »len Misi'achi anerkennen kann, muß er doch mit der Agudoli beziehungsweise der von ihr vertretenen Strömung rechnen, Nachdem cs in den letzten Jahren nicht gelungen ist. die Agudoli zu ignorieren, ist nicht ciimisehen, warum bei der überaus wichtigen Bildung der Jewish Agency aut diese ״ neue Großmacht" keine Rücksicht genommen werden soll. Die zionistische Organisation niiifl von sich aus in groß- zügiger Weise au die Agudoh lierantrcfen und Verhandlungen mit ihr einleitcn. Wenn dagegen ehmewamlt wird, daß ähnliche Versuche schon einmal fclilgcschlngcn sind, so halte ich dieser Ansicht entgegen, daß eba Lage von heute eine ranz andere ist, als die vor einem Jahr. Man erinnere sich doch der scharfen Kämpfe imi die gemischte Jewish Agencv, die vor dem letzten Kongreß in der zionistischen Ocffcntlich- keif ausgcfrclitcit wurden und vergleiche sie mit den heutigen sachlichen Auseinandersetzungen mit dein Partner, z. B. dein amerikanischen nichtzi-onisfischen Judentum, Man ist schon eine Strecke Weges miteinander gegangen, hat eine Zcltlang zusammongenrheifet und nun setzt man sich unbefangen an den Verhandlungstisch, um die endgültigen Bedingungen für die Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem Gebiet fcs*msclz ״ n, Fine solche Plattform muß auch in Verhandlungen mit der Agudoli 711 erreichen sein. Natürlich werden sich Schwierig- kcücn n ״ s der verschiedenen grundsätzlichen Einstellung er- gelien. Das hohe Ziel der in der völkerrechtlich anerkannten lustihdioii der Jewish Agency zmarnnicngcfaßtcn jüdischen Gesamtheit sollte es jedoch bewirken, eine Font! zu fintlen, die unter • allen Umständen eine, wenn auch noch so lockere, organisatorische Vereinigung Zustandekommen läßt. Ich habe oben dargelcet, ans welchen Gründen kdi eine solche Ver- ri ui די׳ mg■ in der ] ״ wird! Agencv für ««gezeigt halte. Weil wir Zionisten uns für das ganze iüdisehe Volk verantwortlich halten, muß von uns aus die Initiative zu einem solchen Schrift, wie ich Hin amleirtete. «iisgchcn. Wenn hier noch von d11 ״ oft verhängten OcgcnIci!st1»n ״ en für das Angebot des Eintritts in die Jewish Agency die Rede sein soll, so würden diese dann in dem Mithrin ׳ ren der Beziehungen zur Umwelt bestehen. Muß es nicht das Mißtrauen der nicht- jüdischen Welt (t. B. des Vatikans!) erwecken, wenn eine starke Gruppe, die sich ln erster Linie religiös nennt, außer- halb der Jewish Agencv bleibt? Diese Dinge sind unter Umstand ־׳ « eine wertvollere und realere Hilfe, als die von anderer Seite schließ'ieh nur versprochenen Geldbeiträge. ׳ FH ״ kommenden Monate werden die Entscheidung bringen. Es ist nicht zu verkennen, daß die Vergrößerung des Rahmens der Jewish Agencv gleichzeitig das Problem der Verantwort- lichkcit dieser Körperschaft auf den Plan ruft, d. 11 . die Frage des jüdischen Weltkongresses. Die Agudoli stellt einer solchen Versammlung feindlich gegenüber, weil sie fürehtet, daß Wclfanscbmi'incsfragen auf dem Wege eines Mehrheit«- bescblusscs entschieden werden könnten. Das wäre natürlich ein unsinniges Vorgehen. Eine andere bekannte Forderung der Agudoh ist die Klarstellung der Finanzierung des Schul- wrsens im T ׳ miget des Aufbaus, Um solche ׳ , nd ähnliche Klippen müßte doch herumzukonimen sein. Die Agudoh, di ״ seit iehcr Fitz und Stimme tn der Jewish Agencv verlangt, wird sicher Vorschläge machen. Allerdings — guter Wille ist hei allen Parteien von Nöten, um 7.11 einem befriedigenden Ergebnis 7 u kommen. Es ist doch kaum zu fürchten, daß die Agudoh einen größeren Einfluß in der Jewish Agencv aus- üben wird, als sie es durch ihre Leistungen rechtfertigen kann. Zu einem Kampf um die Mach* ist übrigens die Jewish Agencv der denkbar ungeeignetste Ort, —• Sollte wider Frwarten der Versuch, alle großen jüdischen Groppen zmti Aufbau Pa!äs<i ׳ !.as zuaammcnzufnxsen, scheitern, daun müßten dkuenigert, welche die Einigung verhinderte!!, die Verantwortung für das daraus entstehende Unheil tragen. Die Annda In Polen Der Krakauer ״Nowy Dziennik“ veröffentlicht unter dem Titel ״Eine offene Wunde“ einen Leitartikel, In dem er sich mit dem agressivcn Verhalten der von der Aguda 11 geführten jüdischen Orthodoxie in Polen befaßt. Es beißt im Artikel: ״Wir haben uns immer gerühmt, daß es innerhalb des ludcntmm keinen Kicrikallsmus gibt. Tatsachen beweisen, daß dieser Klerikalem 11 s existiert und es wäre unaufrichtig, seine Evlstcnz zu leugnen. Fs besteht ein Klerikalisnius als eine Bewegung, die die Religion und ihre Gebote zur Er- r c I c 1111 !1 g einer politischen Hegemonie miß• braucht. In den kleinen polnischen Städten geschehen Dinge, die man nicht verschweige« kann. Vorträge, Kon- zerte. Theatervorstellungen. Oartenfeste werden von den ver- blendeten Fanatikern als Gotteslästerungen angesehen. Die indischen Fanatiker hetzen die orthodoxe Jugend auf und treiben sie zu gewalttätigen Demonstrationen. Mittelalter- liehe Bnnnsprtichc, die berüchtigten ״Chcrems“ werden wiederum ausgesprochen, ln Gor 11 ec verboten diese toll- wütigen Fanatiker den Ffeisehem und Bäckern den Verkauf von Waren für ein jüdisches Gartenfest. Der Leitartikel schließt mit den Worten: ״Der Kicrikallsmus und die Reaktion sind eine offene Wunde auf unserem Körner. Man muß diese Wunde heilen, um eine Gesundung des Judentums Iicrbeizufiihrcn.“ Das in Lemberg erscheinende Watt der Httaehduth in Polen ״Volk und Land“ veröffentlicht einen von den Orthodoxen in Kam ton ka erlassenen ״C herein“ gegen die in dieser Stadt errichtete he- bräischc Schule. Allen Eltern, die ihre Kinder in die hebräische Schule schicken, wird angedroht, daß man sie boykottieren werde. Der ״N a j e H a f n t" bringt eine Zusammenstellung von Falschmeldungen des ngudisfischen Zentralorgana ln Polen, ״Der Jud", über angebliche agudistischc Erfolge bei Kebilla -Wahlen ln Polen. In den meisten Fällen, in denen die Agmlah Wahlsiege meldet, haben die Kcliiil.vWnhlen in den betreffenden Orten überhaupt noch nicht stattgefunden. Der ״Haint“ führt achtzehn der* artige Falschmeldungen als Beitrag zu den Kampf- methoden der Ajjudah in Polen an. Weitere PresseäuBerüngen zur Ermordung de Haans Der Londoner ״ Ncar East", ein objcktiv-cnglisciics. durchaus nicht ziomsteiifreiind liebes Blatt, läßt sich über den Mord an i>r, de Haan , ׳ ms Jerusalem berichten: ״ Die eng- Iischc I re‘•sc scheint dem Morde in Pnl.istin.i an einem gewissen Dr. Jacob de Ihn« ziemlich viel Raum zu ge- währen. Wahrscheinlich, weil sein Tod .als politisches vir. brechen betrachtet und weil zionistische Enthusiasten als die nileiu wahrscheinlichen .Schuldigen in Frage kamen. Diese Schlüsse mögen wahr oder falsch sein; die lokale Polizei ist gegenwärtig in Verlegenheit, das Motiv oder den Schuldigen auf/tidcckcn, und niemand, mit Ausnahme von de Haan« winziger Partei, der ,überortho- doxen Die Imrds ׳ , ist geneigt, die Möglichkeit, daß dieser Mord einen Fall von ausschließlich privater Rache darstellt, von sich zu weisen. Dr. de Haan war ein .außerordentlich begabter Mensch; aber er war kein normales Geschöpf, das in veriiiiiiftiger Wehe, mit einem vernünftigen politischen oder religiösen Ziel im Auge, gewirkt hat; er schien eine N c i g 11 n g f (i • U 11 n o p 11 1 « r i t a t 1111 1 ־ Berüchtigt. Rein zu haben — und sicherlich hat er beides in reichlichem Maße erworben Von der L a n d c s v e r w a 11 11 n g , von der lokalen Zionistischen Organisation und auch allgemein vo ״ de ״ Juden wurde er als ein aufreizender Schädling betrachtet, dessen Anstrengungen mißliebig waren; aber letzten Endes wurde er nicht ernst ge* nommen und auch nicht als ein gefährlicher politischer Führer betrachtet, der mit legalen oder illegalen Mitteln und unter jeder Bedingung vermeldet werden müßte. Wenige Menschen haben sieh r. 0 mißliebig ״ .■macht wie Dr. de Haan. Seine 11 a ß e r f ii II t e Tätigkeit — als Korrc- spondent des ,Daily Expreß ׳ , als Führer der Gruppe der orthodoxen Scpcratistcn, als unentwegter Antizionist — war so grotesk, so unwahrscheinlich pervers und schlecht beraten, daß sic auf gehört hatte, ge* f ähr lieh zu sein, außer in ihrer möglichen Wirkling auf vollständige Nichtkenner der gegebenen Ver- hältnissc. Lin solcher Mann ist gewöhnlich nicht die Ziel- scheibe eines politischen Verbrechens, trotzdem er manche* von empörten journalistischen K oli cg c n aus* zusfehen hatte. Die Polizei hat, glaube ich, zwei bc* kannte lokale Journalisten verhaftet, die kürzlich ein V i t r i ol a 11 0 n t a t auf de ilaan verübt hatten. Aber die beiden wurden bald frcigelasscn. In den ersten Tagen seines Aufenthaltes in Palästina betätigte sich de Haan nicht in den später so unpopulären Rollen, Er schrieb anziehend über das Land, tat sein Bestes, um journalistisch zu wirken, und unterhielt Beziehungen zu den Arabern und den britischen Beamten. Der Besuch Lord Northeliffes in Jerusalem vor zwei Jahren war der erste Anlauf zur Unpopularilät, da er Führer einer Abordnung u ׳ ar, die den Lord Northcliffe informierte, daß sic im Namen der orthodoxen Judenheit gegen die Zionisten protestiere. Lord Northcliffe wurde da- durch stark beeinflußt. Vielleicht hat er schließlich ein- gesehen, daß diese Deputation tatsächlich nicht die ,orthodoxe Judenheit‘, sondern etwas ganz davon Verschiedenes repräsentierte, bpüter wurde de Hann als Korrespondent des ,Daily F. xnreß', in dessen Spalten er eine ers tau 11 lichcSchait Stellung von Verdrehungen ziim Bisten gal!, schrittweise immer unversöhnlicher, !imi mand!es lokale Ereignis wurde dem unschuldigen Publikum so dargostcllt, als ob Palästina ein Herd von Unzufriedenheit, Anarchie und Unterdrückung sei. AB das kann schließlich den Mord nicht entsd1tiklig< ־ n, und aus allen jü ׳ iis ׳ 'hcn Lagern käme« mir ■ Ausdrücke schärfster Verurteilung dieser Tat, die voi» allen als völlig unjüdisch bezeichnet wird.“ * Der Leitartikel derselben Nummer des ״Near East“, ״Frieden in Palästina“ überschriebrn, beschäftigt sich ebenfalls mit der Ermordung de Haans. Er vertritt die Auffassung, daß der Mord, so beklagenswert und unentschuldbar er ist, .,jetzt nicht mehr Palästina in die Finsternis zuriieFstoßeu kann, die dort herrschte, ah es von England besetzt wurde, wenn er auch die Kurse der Zionisten in den Augen der Welt zu drücken vermag. Solche unglücklichen Zwisc'.vnf ille wie dieser sind eine chronische Erscheinung in östlichen Ländern und es Ist auch an der Zeit, wenn man derarti״! Verbrechen verurteilt, daran zu erinnern, daß politische Morde — wenn es sich um einen solchen handelt — auch in! Westen durchaus nicht unbekannt sind.“ Der Artikel verweist feiner aut die gemeinsame arabisch-jüdische Delegation aus Jaffa- Tel-Awiw in Angelegenheit des Hafenbau־' als ein besonder* erfreuliches Symptom und sagt: ״Tatsächlich können in ganz Palästina Araber und Juden in Frieden leben, wenn oho- nomisclie Interessen zusamm״nfallcn.“ Das berüchtigte Kampfblatt der ungarischen AssimUanten. der Budapeitor ״E g y c 11 1 ö sc g“, schreibt in einem Artikel ״Ein Mord auf den Stufen des (!) Jerusalemer Tempels“ (Nr. 27 ) 11, a. folgendes: ״Dr. Haans Tod ruft lebhafte Teilnahme des gesamten Judentums wach. Die ungarischen Juden, die den Zionismus aus ihren Gemeinden entfernt haben und dieser B e w e g u n g vollkommen fern stehen, beweinen aufrichtig diesen edlen Mann, Kämpfer des Glaubens, Opfer des Zclotismus. Wir sahen diesen Arm auch hei uns, als er sich während der Karolyi Revolution erhob, denselben, der jetzt Dr. Haan tötete. Wir sahen diesen Arm in Preßburg und Klausenburg, wie er an dem Ruin und Verrat der ungarischen Juden arbeitete.“ ״Der »Daily Expreß.(, dessen Berichterstatter der ermordet« Dr. Ilaan ebenfalls war, schreibt, daß er ermordet wurde, weil er am nächsten Tage nach London ■ reisen wollte, um die Orthodoxie vor der neuen Aufsicht zu retten, unter die die zionistischen Behörden die orthodoxen Gemeinden stellen wollten. Das mörderische Attentat hat den Märtyrer demnach für seine im Dienste der palästinensischen Orthodoxie entfaltete Arbeit getroffen. Das beispiellose terroristische Verb!cdien hat, so scheint cs, auch Sir Herbert S « rn 11 c 1 , dem sonst w׳ohlw׳ollendc11 Gouverneur von f’alä• stina, d i c Ln st zu weiterem Wirken genommen. Bevor er nach London fuhr, bat der Gouverneur die Abordnung der jüdischen Organisationen 7« sich und erklärte ihnen, daß er höchstens noch ein Jahr auf seinem Posten zu bleiben gedenke. Im nächsten Jahr werde er aber unter allen Umständen nach England zurück- kehren und seine Stellung aufgeben. Wir verstehen den Gouverneur von Palästina.“ Er, der ״Egycnlöseg“, versteht. Zu diesem Zwecke ver- dreht und schwindelt er nämlich. Am 24 . Juni ist Herbert Samuel nach England nbgcrcist und hat ״der Abordnung der jüdischen Organisationen“ vorher erklärt, der wohl damals schon für den 1 . Juli angesagte Mord an de Haan ״nehme ihm die Lust zu weiterem Wirken.“ Wenn aber der ״Egyenlöscg“ obendrein noch den traurigen Mut aufbringt, zu behaupten, ״die ungarischen Juden'', deren korrupter magyarisener Chauvinismus »ic nicht vor den scheußlichsten Verfolgungen geschützt hat und denen noch jetzt der Anti* semitismus des einzigen Landes mit offiziellem ״numerus clausus“ $0 nahe steht, wie ■ie dem Zionismus fern, hätten diesen aus ihren Gemeinden entfernt, — so ist das wider- wärtig und abstoßend, daß einem auch der Humor vergeht |