Raschi und Maimuni. 3 schiedene Typen der Offenbarung des jüdischen Geistes entgegentreten und dass in ihnen zwei grosse Richtungen in der mittelalterlichen Entwicklung des Judentums zur Geltung gelangen. Schon der äussere Verlauf ihres Lebens zeigt einen ins Auge springenden Gegensatz zwischen Raschi und Maimuni; und ein ähnlicher Gegensatz gibt sich in dem inneren Gehalte ihres Lebens kund. Raschi verwirklichte gewissermassen dasjenige Ideal des menschlichen Lebens, das einst die jüdischen Schriftgelehrten und Weisen Paläs- tinas und Babyloniens aufstellten, und das die Poesie der Tannaiten und Amoräer auch auf die Gestalten der biblischen Vorzeit übertrug. Eifrige, ununterbrochene Beschäftigung mit der Lehre Israels, wie sie in den Büchern der heiligen Schrift und in der Traditionslitteratur niedergelegt ist, bildete für Raschi den wahren Inhalt seines Lebens. Auf diesen Inhalt beziehen sich fast alle Daten, die — in recht geringer Anzahl — die Elemente seiner Biographie bilden- In seinen jungen Jahren studierte er in den drei alten Rheinstädten; in den Schulen von Mainz, Worms und Speier eignete er sich das ungemein reiche Wissen an, das in jenen Schulen, als den Erben des Nachlasses Gerson b. Jehuda’s, der grossen »Leuchte der Diaspora,« wie in Schatzkammern aufgespeichert war. Dort lauschte er den Worten ausgezeich- neter Meister und machte sich Abschriften aus den mit alter Gelehrsamkeit angefüllten Heften, die ihm zu Gebote standen. Dann kehrte er in sein Vaterland zurück und grün- dete in Troyes, der noch heute blühenden Hauptstadt der Champagne, selbst eine Schule, an deren Spitze er vierzig Jahre hindurch seinen Beruf ausübte: er forschte und lehrte, lehrte mit seinem lebendigen Worte und mit seinem per- sönlichen Beispiele und lehrte auch in schriftstellerischer Arbeit. Viele Hunderte von gelehrten Männern gingen aus Raschi’s Schule hervor; und diese, in den Spuren ihres Meisters wandelnd, sicherten dem nördlichen Frankreich für 1 * |