222 MENORAH inns rr\yo7 «an p^nrarna "najp :oiök Einheit des jüdischen Fühlens in allen Schich¬ ten besonders zu betonen. Die überlieferten Sujets der Haggadah-Ilhistralionen sind nicht sklavisch festgehalten. Es sind auch neue Sujets gewählt, wie zum Beispiel eine Dar¬ stellung des Propheten Elia oder eine karto¬ graphische Zeichnung des heiligen Landes. Künstlerisch sind die Druckbuchstaben, für die der Name Rudolf Koch Bürgschaft leistet, die Form der Noten, eigenartig neugeschnit¬ tene Notentypen, und der Spiegel des Satzes. Stellt diese Haggadah-Ausgabe so einen besonders gelungenen Typ künstlerischer Wiedergabe eines jüdischen Literaturdenk¬ males dar, so ist sie zugleich auch Zeichen des Hochstandes des ja schon durch viel¬ fache Zeugnisse berühmten OiTenbacher Kunstgewerbes und zeigt so im lebendigen Beispiel der Gegenwart, wie innig von alters- her bis auf die Gegenwart alle künstlerische Ausgestaltung des jüdischen Rituals mit dem Stilgefühl der Zeit und der Landschaft der Entstehung verbunden ist. Dienemann, Nachrichten über Heine Es sind keine Nachrichten, die er seinen verzückten Anbeterinnen höchstpersönlich gibt, aus jener Welt, im verdunkelten Zim¬ mer, beim Tischrücken. Klopfgeister sind we¬ niger gründlich, weniger aufrichtig — und weniger grausam als dieses Buch von mehr als 1000 Textseiten, mit welchem H. H. H o u- b e n die Heine-Literatur erweitert, tatsäch¬ lich: bereichert hat*). Mitarbeiter, vielfach unfreiwillige, die nicht damit rechnen konnten, daß ihre Brief¬ schaften und Aufzeichnungen dereinst in den Druck gehen werden, sind zahlreiche, sehr bedeutende, sehr scharf beobachtende Zeit¬ genossen. Der hochverdiente Sammler läßt sie alle sprechen und fügt nichts hinzu (es sei denn, daß er historische Irrtümer berichtigen muß), er tut sich nicht als Literarhistoriker und Kritiker hervor und tritt hinter den Augen- und Ohrenzeugen zurück, die er mit bewundernswerter Tatkraft und Sachkennt¬ nis stellig machte, damit sie Nachrichten von Heinrich Heine geben. Die reichsten fließen natürlich aus der Ära seiner Hochberühmtheit, da sich alles um das arme Häuflein Menschen fleisch drängelte, das acht Leidensjahre lang in der Pariser Matratzengruft dahinsiechte. Furchtbar, wenn man immer wieder liest, wie er mit der fein¬ geformten Hand das gelähmte Lid von dem einen noch tauglichen Auge hob, um den ein¬ getretenen Gast zu sehen. „Einen Augenblick, ich muß erst den Vorhang meines Auges hoch¬ ziehen, um Sie bewundern zu können", sagte er zu Alexander Weills junger Gattin .. . Dieses herb-ironische Wort ist glaubwür¬ dig. Er dürfte es gesagt haben. Anderes, was ihm in den Mund gelegt oder über ihn rela- tioniert wird, ist bestimmt nicht hundertpro¬ zentige Wahrheit, Man hat auf jeder Buch¬ seite zu bedenken, wer die Akteure sind, und Houben ermahnt in der Einleitung: ,,Was da in der Zeitgeschichte kreucht und fleucht, alles kommt zur Sprache und sämtliche »Prominen- *) „Gespräche mit Heine." Zum erstenmal gesammelt und herausgegeben von H. H. Houben, Rüttcn & Loening-, Frankfurt a. M. |