Seite 2 . F" Misnr'r Moraen^eitnng Politische^undschau. Her polnische Senat und die nationalen Minderheiten. Von «ttftrc-.n Warschauer Korrespondenten. r Das Ergebnis der Abstimmung im polnischen Sejm Uber die Schaffung eines Senats im Nahmen der neuen Verfassung bat mmri-rures Aufsehen und in den Kreisen der demokratisch?.! Parteien, geradezu Entrüstung hervorgerufoii. Mt einer knappen Mehrheit von sieben Sti muren ist es gelungen, das Senats¬ projekt dura, 'drücken. Wenn man nun näher betrachtet, woher diese sieben Stimmen kommen, sy findet man, daß den Ausschlag die sechs deutschen Abgeordneten aus Pommern und zwei Deputierte aus Ostgalizien gegeben haben, welche sich als konservative Polen mosaischer Konfession bezeichnen. Diese zwei — sagen wir es kurz und prägnant — Moschkojuden sind ! die Herren Kolischer und Steinhaus, genannt die „eisernen Deputierten", weil sie, aus dem eisernen Bestand deZ alten österreichischen Parlaments in den Sejm hinübergenommen, bisher noch nicht die Probe auf das Wahlglück gemacht haben; sie gehören ebenso wie der Polenklubjude Löwenstein zu den sogenannten ».ernannten" Deputierten. Daß übrigens auch der alt¬ ehrwürdige Rabbi Perlmutter, welcher durch seine politischen Extratouren bereits eine gewisse Berühmtheit erlangt hat, sich diesmal der Abstimmung enthielt,'sei nur im Vorübergehen erwähnt. Außer diesen drei. Juden haben alle anderen jüdischen Abgeord- neten gegen den Senat gestimmt, welcher Parteirichtung sie auch angehören mochten. ' • t Bezeichnend ist nun, daß die Entscheidung bei dieser Abstimmung durch Vertreter nationaler Minderheiten herbeigeführt wurde. Man hat es den deutschen Abgeord. neten recht übelgenommen, daß sie, wie böse Zungen behaupten, sich für gewisse Konzessionen von der Rechten »»kaufen" ließen. Offizielle Stimmen (der Minister & uch arski, welchem vorgehalten wurde, daß er der gefällige Vermittler bei dieser Transaktion gewesen sei, und auch verschiedentliche pommersche Blätter gehören dazu) leugnen den Kuhhandel. Wie Zimmer dem auch sei, jedenfalls haben die sechs Deputierten aus Pommern getreu ihren reaktionären Traditionen gestimmt. Dabei soll übrigens das pikante Detail nicht verschwiegen werden, daß dieselbe Nationaldemokratie, welche jede so¬ genannte „deutsche Orientierung" auf das entschiedenste ablehnt, welche gerade die Linke immer wieder dieser deutschen Orientierung verdächtigt, so leicht zu einer Verbindung mit den gehaßten Deutschen zu haben war. auf welcher Basis immer sich diese ergeben haben mag. Hier hat sich eben Gleich zu Gleich gesellt, und wenn auch die Abgeordneten aus Pommern, welche in so merkwüi> dige Konstellationen mit der polnisch-chauvinistischen Rechten getreten sind, in ihres Herzens tiefstem Kammer, sein noch immer den Glauben an die wilhelminische Revanche hegen, so wird sich doch wohl ein Modus vivendi gefunden haben, da es ja schließlich den Herren dom pommerschen Großgrundbesitz vorwiegend-um Zu¬ sicherungen geht, die Grundherrschaft zu be¬ halten. Ob diese unter dem polnischen oder Preußischen Adler fortbesteht, das ist doch schließlich eine Herzensache und bei den realen Fragen schweigt das Herz. Letzten Endes find solche Dinge denn doch irymer ein Geschäft. And ob der Inhalt des Geschäftes Optionsfragen oder Fragen der Enteignung des Grundbesitzes waren, für jeden Fall haben die Herren aus Pommern nach dem Grundsatz „Do ut des" gehandelt. . Nun erhebt sich die Frage, ob eine derartige Ge- schästevolitik für eine nationale Minderheit von Vorteil ist. Sie mutz entschieden. verneint werden. Gerade das Prinzip, mit den jeweiligen Forderungen der Nationalitäten Geschäfte zu machen, hat-sich am schwersten an den Deutschen des ehemaligen Oesterreich gerächt. Und dieses Beispiel allein sollte den Vertretern der deutschen Minderheit in Polen zu denken geben. Zu erwarten hat die deutsche Minderheit in Polen von einem reaktionären Kurs, den die Schaffung des Senats stabilisieren soll, absolut nichts. Im Gegenteil, die Lage der großen Masse der deutschen Minderheit würde, selbst, wenn die Nationaldemokraten den Pakt mit den Ver¬ tretern Pommerns ehrlich zu halten bemüht wären, nur verschlechtert werden, während den Vorteil aus dem Pakt einige öeutschpommersche Großgrundbesitzer ' ziehen würden. Die Politik einer nationalen Minderheit kann nur auf dem Grundsatz klar umschriebenen Rechtes für alle Angehörigen der nationalen Minderheit beruhen, nicht auf einzelnen Vorteilen, die jeweils für einzelne erkauft werden. - f Von diesem Standpunkt haben sich auch die jüdisch¬ nationalen Deputierten des Sejm in der Stellung zur iSenatssrage leiten lassen. Abgewichen sind von ihm die jüdischen Vertreter, welche vorgeben, den Interessen der Juden dadurch zu dienen, daß sie sich den Polen mit Kaut und Haar verschreiben. Diese Annahme, welche von dem klaren Grundsatz der Wahrung der eigenen wohlerworbenen Rechte abweicht, ist schädlich für die Judenschaft Polens. Und darum sind Steinhaus und 'Kolischer Verräter der jüdischen Interessen, denen sie zu hienen vorgeben, Verräter ebenso wie die sechs De- Mutierten cm§ Pommern an ihren deutschen Stammes- genossen in Posen. \ p wuuQMitm/g r n p * Professor Weitzmann über aktuelle Fragen. Professor Meizmann, Präsident der Zionistischen .Organisation, äußerte sich in einem Gespräche, das „Najes fun'Hajnt" ' wiedergibt, über verschiedene aktuelle Palästina-Fragen, unter anderem auch im Zu¬ sammenhang mit'einer Rede Sir Samuels vor den Notablen von El Salt über die Ostgrcnze von Erez Israel und die Einflüsse des von Frankreich initiierten Libanvn-GrotzftaateA aW' die Gsstaltünst de;? Mord- grenze Palästinas, tyie folgt: v Aus Herbert-Samuels Rede geht klar ^hervor, daß das Ostjordanland zeitweilig eine spezielle Ver¬ waltung haben wird, obwohl e§ wirtschaftlich mit Erez Israel verbunden sein wird. Englands Erfahrungen -in Mesopotamien legen ihm die Pflicht auf» vorsichtig zu sein. England will irm Ostjorhanlanh die lokale Initiative Wecken. Und gebe Gott, daß wir so viel GeD hätten, wie viel Boden wir im Ostjordanland kaufen könnten. Für uns ist in dieser Frag« alles von unserer;-Dpansion in ZeL Ostjprhangegend abhängig. Sicher ist, , daß in kuchvr Heit «in« englische Psrwali- tung in diesem Gebiet vorhanden sein wird , rych wir werden vor Angriffen vom Osten her keine Angst haben müssen. Formell ist noch nicht entschieden- yb bas „jüdischnationale Heim" sich im Osten bis an den Jordan oder darüber' hinaus erstrecken wird. Jeden¬ falls wird bas Ostjordanland keine,Verbindung mit Syrien haben. .Was den Libanon-'Großstaat betrifft, sind die Süd grenzen dieses neuen Staates noch nicht fest¬ stehend, doch hat es den Anschein, daß wir die Grenze, die wir brauchen, haben - werden: Die Frage dÄ Hau ran - bleibt noch o f fcn, da es diesbezüglich Meinungsversch.iedenheiten zwischenSyrien und Libanon gibt. ^ In.der geplanten Unabhängigkeit Aegyp¬ tens sehe i'ch für uns Vor- und Nachteile. Einerseits sehen wir, daß unter englischer Herrschaft ein Volk frei werden kann, andererseits gründet sich an der Schwelle-von Erez Israel ein großer arabischer Staat. Zum Glück ist Aegypten gänzlich uninteressiert am' Schicksal Palästinas. Aber um den Suezkanal zu schützen, .wird die englische Regierung ihr Augenmerk Palästina sta k zuwenden. . Indessen stehen vor. uns brennende praktische FragenIetz ftrmmen schon ungefähr 1900 Ehalu'.im monatlich nach Palästink- Damit sie im Lande bleiben können und nicht etwa wieder auswandern müssen, muß ihnen Arbeit entweder durch. Häulerbau oder auf JBo&cn . o':tzc tu ch öfsentliche Ar¬ beiten gegeben werden. Uni diese möglich zu machen, ^müssen wir gewisse Kapitalien erhalten. Ich bead- jsichtige deshalb eine Konferenz englischer Juden zu- samrnenzuberusen, welche diese Fragen studieren soll. Die Gründlagen des Friedensschluffes piit Deutschland. Der Leiter des amerikanischen KrregsindustrieamteS und wirtschaftlicher Berater WilsonS auf der Friedenskonferenz, Mr. Baruch hat in Netv-York eine Verteidrgungsschrist für 28 1 l, o n erscheinen lassen, welche sehr interessante Strei¬ flichter aus die Entstehungsgeschichte der Frledensverträge wirst. Nach den in den „Times" veröffentlichten Auszügen habe Wilson für eine b e st im m te Entschädigungssumme tm Friedensvertrag, gekämpft, sti aber überstimmt worden. Aus Baruchs Indiskretionen geht weiter- hervor, daß Wilson in Paris de« Standpunkt vertrat, haß der Waffenstillstand. aus Grund der 14 Punkte geschlossen worben sei und daß er dementsprechend die Friedensbestimmungen zu fassen bestrebt war. Dabei stieß er ans den größten Wider¬ spruch beim damaligen französischen Flnanzministek Klotz, welcher erklärte, „baß die ganzen WafsenstillstandSverhandlun- gen gegenstandslos wären durch di« Umstände, unter denen der Waffenstillstand selbst gezeichnet, wurde, und so jede Gültig¬ keit und Bedeutung für die FriedenS.bestimmungen einbühten". Klotz sagte wörtlich: „In der allersgrmellsten Weise.müssen wir behaupten, daß zwischen hem Notenaustausch^. gus den sich die amerikanische Delegation bezieht und in dem die - amerikanische Delegation die charalteristischen Eigentümlichkelten einer Vereinbarung erblickt, / und der verbürgten Zusage Deutschlands keinerlet uxjächtlcher Zusammen¬ hang besteht. Denn Deutschland hat am 11. November sich ergeBe n, weil es bejiegt war, uno nicht, wett. es die Bedingungen des Präsidenten Wilson annehmbar mtf> angemessen fand. Zwischen der deutschen Regierung und den alliiertm und assoziierten Mächten gibt eS nur ein Schriftstück, das Form und Geist einer Vereinbarung zeigt und sich vernünftigerweise so nennen läßt. DaS Ist die Waffenstittstandsvereinbarung vom 11. November 1916." . „Times" nennen diese Enthüllungen sehr bemerkenswert. In der Tat- ist dieser Standpunkt sehr eigenartig, wenn man sich erinnert, daß sich Glemenoean ut seiner Note an die deutsche Friedensdelegation ans hie vor dem Wassenstillstand ausgesprochenen Grundsätze berref, welche nach seinen Worten für die Alliierten brndend sein sollten. < Der Antisemitismus in Sowjetrutzland. London, 2. November. (Jewifh Corr. Nur.) Nach einem Bericht des Sebastopoler Korrespondenten der „Times" ist der Antisemitismus in Sowjetrußland in ständiger Zunahme. In einem Armeebefehl des Kom¬ mandanten der Noten Südarmee wendet sich dieser gegen die Armeekommissäre und deren Energielosigkeit und fordert sie auf, den anwachsenden Antisemitismus unter allen Umstünden zu bekämpfen. Inland. Die letzte Sitzung des mie-eröfter- reichische« Landtages. 4. Stovemer 1Y20 Rach Eröffnung der Sitzung durch Landeshaupt¬ mann Seher stellen die Abgeordneten Biikb aums? und Genossen an den Landesrat die Anfrage, yb er bereit ist. dem Landtag ehestens Anträge auf Abände" rung des PensionistengeseM für Landes angestellde und Lehrer vorzulegen, in dem Sinne, daß die Bemessung des Ortszuschlages nicht an den 1. März 1990 bunden sei. EL wird.zur TsMMMW überaetzangerr. 2Cß* geordnaher Dr. Max Adler berichtet Hep die A'enb>^ rung der §§ .74 und 80 der Gemeindeochnstnß für Wcher" österreich, welche hqs Mcht h!ep WWinren, Zu s ch l ä g k zu de »direkten Steuern vorznschreiüen, betreffen. Ueber Antrag des Finanzausschusses (Bericht" erstatten Abgeordneter Sailer) wird der'Bericht dr? niederösberreichischen Landesrates über die Aufnahme eines unverzinslichen Darlehens aus Staatsmitteln im Betrage von 180 Millionen Kronen genehmigend zur Kenntnis genommen. Landeshauptmann Se ver hält folgende Schluß" rede: „Zum letztenmal hat sich in diesem Saal der niederösterreichische Landtag versammelt; die alte Schick* salsgemeinschaft zwischen dem Lande Niederösterreich und seinem Kinde, der groß und reich gewordenen Stadt Wien, wird gelöst." — Nach einem historischen Rücki -ck fährt Redner fort: „Die neue Verfassung will jedem, her Stadt -und dem Lande, das Seine geben; Wien und Niederösttk" reich, durch Jahrhunderte vereint, werden nun ge¬ sondert ihres Weges gehen. Hoffen wir alle, daß trotz der Trennung das Gefühl und d-atz Verständnis für das viele Gemeinsame wach bleibt, hoffen wir, daß jeder auf seinem Platze das Rechte tue. Damit ist unsere Tätigkeit im bisherigen niederösterreichrschen Landtag als geschlossen anzufthen und ich schließe mit dem Rufe: Es lebe das deutschösterreichische .Volk, es lebe dir Re" publik Deutschüsterxeich, es lebe der Anschluß an Deutsche land. (Hochrufe.) Die Abgeordneten hatten die Rede des Landeshaupd. manns stehend angehört. Landeshauptmann Sever schloß um halb 5 Uhr nachmittags die Sitzung, worauf von den DLftnehmeru an der letzten Sitzung des niederösterreichischrn Land^ tages. eine photographische Aufnahme gemacht wurde.. ' Die Kabinettsbildung. Die Vorbereitungen der Parteisührer stehen vor dem Abschluß. Die Chrlstlichsozrrle Vereinigung Ist nun so. weit einig, brtz bezüglich des kommenden RegterungSsysteinS bereits Klarheit geschaffen erscheint. Der Nationalrat wirb am 11. November ein „gemischtes Wirtschaftskabweit" wählen, wie eS ursprünglich vom Vorstand der chrkstlichsozialen Partei empfohlen worden ist, daS heißt eine Negierung, die wiegend aus Fachmännern gebildet sem, aber doch einen parlamentarischen Einschlag erhalten soll. Ob die Vertreter der Parteien ln der Regierung die Leitung der Wirtschaft- lichen Ressorts übernehmen werden oder ob je ein Minister ohne Portefeuille aus den Reihen der Christlichjozlalen und der Großdeutschen gewissermaßen als parlamentarisches Kontrollorgan dem Kabinett angehören wird: steht derzeit noch nicht fest. Als Chef de- neuen Kabinetts wird bereits mit großer Bestimmtheit der Präsident der Polizeidirektion in Wien, Johann Schober, genannt, während der bisherige'Leiter des Kabinetts Dr. Mayr an die erste Stell« der An¬ wärter für die Bundesprästdentschaft gerückt ist. Neben ihm werden der getvesene Mwister Ho mann und Landeshaupt¬ mann Dr. Rintelen genannt, doch werden die Aus¬ sichten Dr. MayrS außerordentlich günstig beurteilt. Die, Christlichfozialen pflegen auch Verhandlungen mit Finanz- fachmännern und haben sich in den letzten Tager^ wiederholt mit SektionSchef Dr. Grimm beraten. Heute fand eme Fühlungnahine mit dem Geyeralbirektor der Oesterveichisch- ungarischen Bank Dr. Rapp und seinem Vorgänge^ Schmied statt. Aus den Kreisen der großdetltschen Abgeordneten wird mitgetellt, daß die Mitglieder der Reparationskommission vor ihrer gestrigen Abreise den Führern aller Parieren gegen¬ über bargelegt haben, baß die Grundbedingung für die Er¬ langung von Zugeständnissen in Parks die rasche Bildung einer Regierung mit einem wirtschaftlichen Progrninm 4 - Oesterreich sei. ■ Die Reparationskömmifstorr. Sir William: Bovde hat sich in Begleitung äe-Z zweiten Generalsekretär M. Ha slam gestern nach Paris, begeben. Mit dem gleichen Zug fuhr auch der>> Chef der amerikanischen Delegation, Oberst Smith', nach Paris, nachdem der Minister Klobukowski mit dem Leiter des Finanzdeparteinents der Reparations- kommission de Mones und Herrn Le P.ujol scho» am Dienstag dahin abgereist waren. Die Regelung des Donauverkehrs. ' ^ Bürgermeister Neu mann hat an das Staatsamj für Aeußeres ein Schreiben gerichtet, in dem er um Anfklärung über den gegenwärtigen Stand der Frage des Donauvsrkehrs ersucht. Nach den bisherigen Er¬ scheinungen. ist es ganz zweifellos, daß die. Inlerttatio- nale Djynaulommiisio.n, die H.LMr ihren Sitz, ln (Cuba* |