k 21 Dr 0 Bloch’s Ja ^ öanöxxvn Zentralotgan kür die gesamten Ilnteressen des Judentums. - - □- Wien, 27. Mai 1910 LrscbeLnt jeden FreLtag. Brief-Adresse: Wien, IX/i, Hahngasse 15. Telegramm-Adresse: Bloch'S Wochenschrift, Wien. Inhalt : Leitartikel: Aktiengesellschaft Geßmann & Co. — Stolypins Verleumdungen. — Aktuelle Gemeindefragen. — Karl Goldmark — Korrespondenzen: Epistel Hilsners an Frau Janina Borowska. Zu den bevorstehenden Landtagswahlen in der Leopoldstadt. „Semitischer Haß" und arische Liebe? Preßklage wegen Aufreizung gegen das Judentum. Kaiserin Elisabeth Lehrmädchen- unh Arbeiterinnenheim. Wien. Tschechen und Juden. Franzensbad. Budapest. Gedenkfeier für Abraham Geiger. Hilfsverein der Deutschen Juden. Frankfurt a. M. Das Jubiläum der Alliance Jsraelite Universelle. Charles Allatini. Georg Brandes Austritt aus der jüdischen Gemeinde. Die Judenausweisungen in Kiew. Jüdische Polizisten in Jerusalem. Prinz Eitel Friedrich, und die Juden in Jerusalem. Demonstration jüdischer Soldaten. Jüdische Kolonien in Johannesburg. New-Uork. — Vermischtes. — Feuilleton: Sagenhafte Synagogen in Egypten. Die Kunst bei den modernen Juden. — Literatur. — Briefkasten. — Inserate. Ö (j . ■ ==DQ p Bezugspreis für Oesterreich: Q Halbjährig 8 Kronen: Einzelexemplare 50 Heller. FLr's Ausland: Halbjährig 10 Kronen. Ganzjährig 20 Kronen. Anzeigen: Die 4malgespal- O lene Petitzeile 24 Heller. O O P r=r=£) ., ^ B. ft. Postsparftassenarnl Q Sleartng-Verkebr Mr. 810.976. Redattion und Administration: H/i. Hahngaffe Nr. 15. I) Telefon Nr. 14.847. <£ o P ■ ■ . .OQ Aktiengesellschaft Geßmann & Co Der Zaubergewaltige Vergani, der mit den Lor¬ beeren des Sieges über den Schustergesellen Leopold Hilsner gekrönte kaiserliche Rat, beginnt der christlich- sozialen Partei unangenehm zu werden. Er war ausge¬ zeichnet und willkommen, um die Bestie in den österreichi¬ schen Kleinhirnen zu wecken und gegen die Juden zu hetzen, aber nun erfahren die Führer seiner Partei, daß sich ein gegen die Gegner geschärftes Gebiß manchmal auch gegen den eigenen Herren wenden kann. Die Zwi¬ stigkeiten kamen von dem gesunden Appetit Verganis. Als treuer Berichterstatter und Adlatus der .Christlich- Sozialen mußte er ja sehen, daß mit verschwindenden Ausnahmen in dieser Partei jeder nur ein Ziel vor Augen hatte: möglichst viel an sich zu reißen an Würden und Einkommen. Da wollte er natürlich auch miltun und däuchte sich so viel wert, wie die Greisler und Handels¬ gehilfen, Kustoden und Zeichenlehrer, die so mächtig hochgekommen waren. Im Anfang ließ man ihn auch ruhig mittun. Als jedoch der Platz an der Krippe zu eng wurde, wollte man ihn wegdrängen und hielt es für genügend, daß er einen Millionenreichtum zusammen¬ gescharrt hatte. Vergani aber hatte durchaus keine Lust, seinen Platz zu verlassen. So kam es denn schon unter Lueger zu gelegentlichen Angriffen, die der damalige Bürgermeister aber stets abzuwehren wußte. Nachdem aber der einflußreiche Führer gestorben war. ist der helle Krieg ausgebrochen. Seine Vorgeschichte ist die Eifer¬ sucht des Erwerbes. Die klerikale „Reichspost" war schon lange lüstern danach, das offizielle Blatt der Christlich- Sozialen zu werden und fand eine mächtige Unter¬ stützung durch Geßmann, welcher wieder eine ihm er¬ gebene Presse brauchte. So hatte denn Vergani um seine Einkünfte und um die Würden zu kämpfen, die er noch erwerben wollte, um seine Millionen zu bekränzen. Auch Bielohlawek wurde sein natürlicher Feind, weil dieser Politiker Emporkömmlinge offenbar nicht leiden kann und weil er selbst ein Blatt besitzt. So wurde denn der hei¬ lige Krieg um diese großen Interessen erklärt, und schon anläßlich der Bürgermeislerwahl ging das Pulver los, in dessen Dampf sich alle anständigen Leute die Nasen zu¬ hielten. Das Schöne vom „Deutschen Volksblatt" ist nun der Umstand, daß es bei seinen Angriffen diesmal durch¬ aus nicht lügt und nicht log. Um gegen christlich-soziale Führer einen vehementen Vorstoß zu machen, braucht man wirklich nur über sie die Wahrheit zu sagen. Das tat denn auch Vergani redlich. Aber schließlich bekam man in der christlich-sozialen Partei Angst vor dem offenen Vorhang der Tragikomödie, und anläßlich der Gemeinde ratswahlen, als gerade die Kugeln am dichtesten flogen wurde rasch ein Waffenstillstand geschlossen. Vergani. den hie Partei nicht für den Gemeinderat aufgestellt hatte, wurde ins Rathaus zitiert und unter Weißkirchners Vor¬ sitz wurde Vernunft proklamiert unter dem Motto, stck: weiterhin zu vertragen und den christlich-sozialen Sflo rast weiter nicht aufzurühren. Der Sieger von Polna wurde für die Stichwahl offiziell aufgestellt, unter¬ stützt und. trotzdem er nun ganz offiziell mit Pauken und Trompeten durchfiel, trotzdem davon die „Reichspost" in triumphierenden Ertraausgaben berichtete, warf sich der Lenker und Leiter des „Deutschen Volksblattes" doch in die Gesinnungsbrust und proklamierte seine Treue für die christlich-soziale Partei. Denn das sah man von beiden Seiten ein: Verscheuchte Vergani seinen Gegnern die Wähler, so nahmen ihm diese die Abonnenten weg. Also Friede! Doch kann der Beste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbar nicht gefällt. So ging es auch dem zaubergewaltigen Ehrenbürger von Mühldorf. Der „semi¬ tische Haß", von welchem kürzlich der Bürgermeister zu sprechen sich erlaubte, scheint bei Geßmann tatsächlich vor¬ handen zu sein. Und so drang denn aus einer Sitzung des christlich-sozialen Verbandes im Abgeordnetenhaus di: Nachricht heraus, daß Geßmann dort gegen das „Deutsche Volksblatt" geschürt habe. Grund genug, daß der Kampf auf Men Linien wieder aufgenommen und gegen den bösen Feind ein Hauptschlag geführt werde. Dies ist denn auch in der Sonntagsnummer vom „Deutschen Volksblatt" unter dem Titel „Die Clique" geschehen. Jede Zeile ein Messerstich gegen den früher so geliebten Generalstabschef. Nachdem ihm in liebenswürdiger Weise |