V. b. b. BEZUGS¬ BEDINGUNGEN OMMrrwch noott Heb 9 l*hrl S r?U, i*m jlhrl * 16— Dauttthld. vi«rt«l- tihrL RM V- T icktchoilowckei 7i«ntl] Kc 24 — )u(tu«Uwt«B -Hertel lährl Din 40- Pole» <ne#*el|ihf lieb 2lor» 6'SO Ungarn vterteliihr lieb Patig# <‘20 flumlnte» -Hertel (ihrl Ui 120 Uebnge« Ausland «ierteljXhrl Sch* Franken 4'$0 Jüdisdte Zeitung Preis 35* Erscheint Je den Donnerstag Redakaon and AdmtmatraH I. Klnme •traft« 28 Tel R-27-4-80 • Postsparkassen* kontii Oester» D U3.S46 Polen 191.196 tsehecho* «lowakel $00.2)0 lugoslawlee 40.879 5« Jahrgang Wien, Donnerstag, 6. Jänner 1932 <28. Tebeth 5692) Nummer 269 Lord Readings Patäsiinabesuch Politik oder Demagogie? Zur Warschauer Tagung der Revisionisten Vorige Woche tagte in Warschau unter dem üblichen Aufmarsch uniformierter Jungmänner die Konferenz der polnischen Revisionisten. Ihre Bera¬ tungen und Beschlüsse, wenn sie auch keine einheit¬ liche Linie aufzuweisen haben, sollen und dürfen der Aufmerksamkeit der zionistischen Oeffentlichkeit nicht entgehen. Die Revisionisten haben uns im Laufe der Jahre an so manche Extratouren , und Meinungs¬ änderungen gewöhnt, die Erklärungen jedoch ihrer Führer Jabotinsky und Großmann bei der letzten Ta¬ gung in Warschau über die neue politische «Ein¬ stellung» des Revisionismus grenzen geradezu an Sensation. Die Revisionisten, die durch den Beschluß von Calais in eine organisatorische Sackgasse ge¬ raten sind, versuchen nun ein politisches Atout aus- zuftpielen, das England gegenüber eine Schwenkung Ober neunzig Grad bedeutet. Selbstverständlich darf .man diese Schwenkung nicht allzu tragisch nehmen, da dort, wo freie Bahn für politische Unverantwort- Irchkeiten jahraus' jahrein gepredigt wird, jederzeit dje Möglichkeit besteht, diese Bahn willkürlich zu •Erlassen. : .erinnert sich nicht an die berühmte Rede Jabo.tinskys in Jerusalem? Wer erinnert sich nicht an die plötzlich erwachte Liebe zu England, die so weit führte, daß die revisionistischen Führer sich vor einigen Jahren mit England durch die Schaffung eines siebenten Dominions für die Ewigkeit verbinden wollten?! Jahrelang wurde in die Gehirne der An¬ hänger das Motto eingehämmert, die Engländer seien ein «feines Volk», die «herzensgerne» ohne jede Schwierigkeit bereit wären, das großzionistische . Programm durchzuführen — ja selbst zur Gänze zu realisieren, aber — diese «bösen Machthaber» der zionistischen Exekutive mit Chaim Weizmann an der Spitze sind unfähige «Advokaten», die England die Forderungen des jüdischen Volkes beizubringen und deren Verwirklichung herbeizuführen nicht in der Lage sind. In frischer Erinnerung ist noch die heftige ora- torische Attacke Jabotinskys und Genossen gegen Weizmanns Standpunkt, daß wir vor allem unsere wirtschaftlichen Positionen in Erez Israel aufbauen müssen. Und nun erklären dieselben Führer urbl et orbi, die Engländer seien kein «feines Volk». Sie ha¬ ben, im Gegenteil, während der ganzen bisherigen Mandätsdauer alle unsere Bestrebungen zunichte ge¬ macht und das Vertrauen des jüdischen Volkes ein- •gebtißt. .... Jabotinsky und Großmann, die noch vor dem Kongreß erklärten, daß nur die Politik der Exekutive, die es nicht verstanden habe, unsere Sache vor Eng¬ land richtig zu vertreten, an dem Zusammenbruch schuld sei, scheuen sich nicht, jetzt auch ihre eigene politische Ohnmacht einzugestehen. Statt jedoch zu¬ zugeben, daß die Exekutive unter den schwierigsten politischen und wirtschaftlichen Verhältnissen unsere Positionen verteidigte, begehen die revisionistischen (Führer die UnVerantwortlichkeit, mit der bisherigen poltischen Organisation zu brechen und gegen EnglandSturm zu laufen. Sie müssen es wohl wissen, daß hinter dieser Scharfmacherei nichts mehr als pure Demagogie und großsprecherische Gesten stecken und daß ein wüstes Geschimpfe vor einer politisch unreifen Jugend unser politisches Pro¬ gramm nicht nur nicht um ein Jota vorwärts bringt, sondern im Gegenteil, vor der großen Oeffentlichkeit geradezu lächerlich macht. Wir sind jedoch seit dem letzten Kongreß, auf dem Jabotinsky in theatralischer Pose auf den Sessel sprang und seine Legitimation zerriß, an effektvolle Auftritte der revisionistischen Führer gewöhnt. Man nahm jedoch allgemein an, daß sie nach der Wahl einer Exekutive, die auch mit den Stimmen der Revisionisten gewählt wurde, doch zu- mindesteineabwartende Haltung einnehmen würden. Doch weit gefehlt! Dieselben großsprecherischen Verfechter des «Herzischen Zionismus» gingen in Am 26. Dezember besuchten Lord und Lady Rea- ding die jüdische Kolonie Dagania. Die Kolonisten von Dagania bereiteten den Gästen einen ehrenden Emp¬ fang, dem fast alle jüdischen Siedler im Jordan-Tale beiwohnten. Lord Reading hielt an die Siedler eine Ansprache, in der er erklärte: Das jüdische National¬ heim, das sich bisher so gut entwickelt hat, wird auch in Zukunft immer kräftig gedeihen. Die jüdischen Ko¬ lonisten und auch ihre Kinder werden sich der Sicher¬ heit erfreuen, die sie vollauf verdienen. Das Mitglied der Exekutive der Jewish Agency, Dr. Chaim Arlosoroff, der sich ebenfalls in Dagania einfand, hieß Lord und Lady Reading im Namen der Jewish Agency willkommen. Joseph Baratz, der im Namen der palästinensischen Arbeiterorganisation (Histadruth haowdim) sprach, beklagte es, daß heute noch keine Sicherheit dafür bestehe, daß däs jüdische : Werk in Palästina fortgefübrt werden könne, ohne die Furcht, daß .es untermirilerf und Äqgriffert ausgesetzt werde. Mit diesen Ausführungen, spielte Bdlatl äilf öte auf der jüngst in Jerusalem stattgefunden Moslem- Konferenz gegen die Juden geführte Hetze an. Von Dagania begaben sich Lord und Lady Rea¬ ding nach dem Balfour-Wald, wo jeder von Ihnen eine Kiefer pflanzte. Diesem feierlichen Akte wohnten Pin- chas Ruthenberg und vom Hauptbureau des Keren Kajemeth in Jerusalem, Epstein und Weitz bei. Lord und Lady Reading begaben sich hierauf nach Haifa, wo am 27. Dezember im Imperial Chemical Building anläßlich des ersten Jahrzeittages für Lord Melchett ein Gedenkgottesdienst abgehalten wurde. Lord Reading hielt die Gedenkrede auf Lord Melchett und sagte, Lord Melchett war es, der ihn, Reading, inspiriert habe, für Palästina zu arbeiten. «Ohne diese Inspiration», schloß Reading, «hätte Ich nicht den zehn¬ ten Teil dessen für Palästina getan, das ich jetzt tue.» Ansprache Lord Readings an Führer des (ischuw in Palästina Im Hauptbureau des Jüdischen Nationalfonds zu Jerusalem fand am 30. Dezember nachmittags ein Empfang für Lord Reading statt, dem die Mitglieder der Exekutive der Jewish Agency, die Mitglieder des Waad Leuml, die Direktoren des Keren Hajessod und des Keren Kajemeth und andere Führer des Jischuw beiwohnten. Dr. Arlosoroff im Namen der Exekutive der Jewish Agency, M. M. Usslschkin im Namen des Keren Kajemeth und Ben Zwi im Namen des Waad Leumi hielten Ansprachen an Lord Reading, in denen sie darüber Klage führten, daß der Aufbau des jüdi¬ schen Nationalheims infolge der Non-cooperation sei¬ tens der britischen Administration behindert sei. Lord Reading erwiderte auf die Begrüßungen mit einer Ansprache, in der er ungefähr ausführte: Ich kenne genau die Schwierigkeiten, unter denen Sie zu arbeiten haben, ich will diese Schwierigkeiten nicht verkleinern, wenn sie auch in einem gewissen Maße Calais daran, die grandioseste Schöpfung Herzls, die Organisation, zu zertrümmern, und den Schekel, der für Herzl Symbol und Legitimation eines auf dem Wege zur Staatlichkeit befindlichen Volkes war, als ein non valeur zu erklären. Jabotinsky schüttelte mit derselben erfrischenden Geste England ab, wie er den Schekel ablehnte. Allerdings sichert er sich den Rückzug, indem er erklärt, man werde sich noch über¬ legen, ob man vor dem nächsten Kongreß Schekalim kaufen werde oder nicht. Mit anderen Worten: Wer¬ den viele Schekalim abgesetzt werden und die Revi¬ sionisten in entsprechender Stärke zum Kongreß ein¬ ziehen, dann wird es wohl heißen: revisionistischer Sieg! Werden jedoch die Revisionisten, wie voraus¬ zusehen ist, Gefahr laufen, mit Pauken und Trom- überbetont werden. Was heute in Palästina erreicht ist, ist das Ergebnis großgedachter Aktionen, ungeheurer Energie und vielfacher Anstrengungen. Entwicklung und Fortschritt Palästinas sind in einem hohen Maße das Ergebnis jüdischer Arbeit. Es ist wahr, daß auch die Araber Fortschritte gemacht haben, aber auch diese Fortschritte . haben ihren Anstoß durch dat jüdische Werk erhalten: die einheimische Bevölkerung folgte dem Beispiel der eingewanderten Juden und arbeitete auch ihrerseits an der Entwicklung des Lan¬ des mit. Der zukünftige Fortschritt wird vielleicht nicht so rapide vor sich gehen, wie der in den ersten Jahren erzielte, aber das eine ist sicher: das Werk wird weiter fortschreiten. Die von den Juden geschaffenen Werte und die von den Juden in Palästina erworbenen Rechte, schloß Lord; Reading, sind zu sehr gefestigt, als daß sie noch fehlschlagen könnten. Was aber die Rechte der Araber betrifft, so werden diese von niemand bedroht und es besteht deshalb kein Grund» ' daß picht Juden. und. Araber harmonisch Zusammen¬ arbeiten. 1 Lord Reading Ehrenbürger von Tel-Aviv Die Bevölkerung von Tel-Aviv bereitete dem früheren britischen Außenminister und einstigen Vize¬ könig von Indien, Lord Reading, bei seinem Besuche ln der Stadt einen Empfang, wie er bisher nur Lord Balfour und Baron Edmond de Rothschild bei ihrem Besuch in Tel-Aviv zuteil geworden ist. Durch eia dichtes Spalier von Menschen, dfc den Gast begeistert begrüßten, wurde Lord Reading in das Stadthaus ge¬ leitet, wo ihm Bürgermeister Mayer Dizengoff mit¬ teilte, daß der Stadtrat ihn zum Ehrenbürger der Stadt ernannt hat. Lord Reading ist damit nach Lord Balfour, Baron Edmond de Rothschild, Sir Herbert Samuel, Prof. Albert Einstein, Samuel Untermayer und Achad Haam der siebente Ehrenbürger der jüdischen Stadt Tel-Aviv. Lord Reading dankte bewegt für den ihm bereite¬ ten Empfang und sagte unter anderem: Als »ch heute die jüdische Stadt Tel-Aviv erblickte, übermannte mich ein. Gefühl der Begeisterung, wie ich es bis heute bei mir noch nicht kannte. Ich gewann die Erkenntnis von der großen Freiheitsliebe der Juden. Ich lernte die Un¬ abhängigkeit ihres Denkens schätzen und ihr Be¬ streben, ihre Kinder zu freien und unabhängigen Men¬ schen zu erziehen. Ohne mich in politischen Auslassungen ergehen zu wollen, erklärte Lord Reading, will Ich nur feststellen, daß der britische Arm weit reicht und das Jüdischt Nationalheim, wie es in der Balfour-Deklaration ver¬ kündet worden ist, für England ein nicht unwichtiges Unternehmen bedeutet. England wird an der Politik des Nationalheims festhalten. Die Juden in Palästina haben Anspruch auf eine absolute Garantie für Sicher¬ heit ihres Lebens und Eigentums. peten durchzufallen, dann haben sie eben die Parole ausgegehen, daß sie an dem Schekelverkauf des¬ interessiert sind. Ebenso desinteressiert ist nach Qroßmans und Jabotinsky# Ausführungen in Warschau der Revi¬ sionismus an der ganzen zionisti¬ schen Organisation. Dagegen gilt es mit aller Vehemenz aufzutreten, wenn die Schöpfung Herzls nicht zum Spielball unverantwortlicher Dema¬ gogen werden soll, die bei jeder Gelegenheit die Disziplin, die sie in den eigenen engen Kreisen so hochhalten, in der großen zionistischen Organisatio* seit Jahr und Tag untergraben. Man muß endlich det Mut aufbringen, für die Ganzheit und U n v e r« s « h r t h «i t unserer Organisation «inzutreien, 4ft |