Seite 4 . Die Wahrheit Nr . 32 . dem ich mich befinde . Das garstige Lied von der Politik , das möchte ich schon gar nicht hören . Wie paßt auch die „ Wehr¬ gesetz - Debatte, " „ welche die edlen Magyaren mit obligaten Duells und Fanstkämpfen " abführen , zu den ruhigen Gewässern und den grünenden Fluren , von denen schon der Psalmist in seinem einzig dastehenden Liede wie von einschmeichelnder Musik begleitet singt . Also , nichts von Zeitungen und enthielten sie noch so enthusiastische Schilderungen aus Bayreuth , noch so geistreichelnde Feuilletons über Hitze und Großstadtsommer . Da ist mir schon der stille Zauber meines romantischen Dörfchensömmers lieber , trotz Hermann Bahr , „ Parsifal " und den „ Meistersingern, " der „ schönen Helena " von Offenbach und Reinhardt . Aber man nehme sich nur etwas vor . Der Mensch denkt mrd der liebe Freund in der Stadt lenkt . Dieser , meiner angeblichen Langeweile in dem „ faden Neste . " wo ich meine Ferienzeit verbringe , sich erbarmend , schickt mir . eines leuchtenden Morgens , ein gewaltiges Packet : Zeitungen und nicht schöne , sehr moderne Literatur . Die Zei¬ tungen ! Im bunten durcheinander , liberale und pseudoliberale , sozialdemokratische und sanftsäuselude , süßholzraspelnde Tages¬ blätter . Was soll ich mit ihnen anfangeu ? Mau wird mir doch nicht znmuten , daß ich , umgeben von der Pracht der Natur , diese Druckerschwärze in mich aufnehme und mich ärgere ? Mich ärgere über die famosen Helden der deutschen Nation , die sich von Juden wählen ließen und flugs mit ihren Brüdern von Der schwarzen Konleur Liechtenstein paktierten . Pack schlägt sich . Pack verträgt sich . Soll unser Einer die denkwürdige Debatte über Drohobycz lesen ? Monument der Schande unserer Zeit . Mau erhitzte sich wegen der armen Opfer einer granenhaft ' en Zeit nicht . Es waren nur Inden . Und galizische dazu . So ein toter , durchbohrter Galizianer geniert einen echten Freiheits¬ mann nicht , « einte sich dieser uuu Natioualverbändler oder In¬ ternationaler oder Autonomist . — Das ist nun einmal unser Geschick . Und der gelehrte Herr Werner Sombart mit allen seinen Talmudkenntnissen aus der Jakob Fromerscheu Küche, — der Frömer wird verdächtig oft von Sombart zitiert , — wird es nicht anders machen . — Weg mit allen diesen Zeitungen . Ich habe keine Langeweile , wenn ich auf der blumigen Wiese liege und die Bienen mich umsummen und die Sonne mir warm auf den der überflüssigen Kleidungsstücke entledigten Körper , brennt . Mutter Natur , du bist gütig , die Menschen aber voll Bosheit und Tücke . Sonne , du bist die Heilerin der vielen Schmerzen , die uns boshafte , verleumderische , tückische Menschen zugefügt . Darum . seid bedankt , ihr Wiesen , Wälder und Fluren . Dank dir , heilendes Gestirn , das du deine glänzenden Strahlen herniederseudeft , auch aus die , welche am liebste » im dunkel und in der Finsternis wandeln . Sie verstehen deine Heilkraft nicht und retten sich in die Nacht des Schattens . — Auch Werke der modernen Literatur sandte mir der fürsorgliche Freund . Werke in einem verschrobenen Deutsch geschrieben , unmögliche Menschen schildernd . - Das ist nicht Wahrheit , das ist keine Sonne , das ist Perversität , ausgebrütet in einem kranken Hirn und in einer dumpfigen , festverschlossenen Stndierstube . in die kein Sonnen¬ strahl dringt und kein Hauch der ewig schaffenden Natnr draußen . — Man liest diese Bücher vielschreibender Poeten , die auf gute Bezahlung und fette Tantiemen harren und ärgert sich über das werte Publikum , das ihnen . . reinfällt . " — Die Narren werden nicht alle . — Gehen wir baden . Baden in der Soime und im klaren Wässerchen . Da bekommt mau andere , bessere Gedanken . Und , wenn wir schon lesen wollen , dann greisen wir zu den Büchern der Natur : zur Bibel oder zum „ Faust . " Shakspeare und der „ göttliche " Odysseus wirken gleich einem kräftigenden Stahlbade , auch der „ grüne Heinrich " ist nicht zu verachten . „ Peter Camenzind " ist ein gutes Buch , ein kräftiges , stahlhart , wie der Bauer , den es schildert . ' Doch wir wollten ja heiter sein / Und . zur Heiterkeit stimmte mich eine Sendung — aus Amerika . Nicht etwa , als . hätten mich ein verschollener Onkel aus Bio de Janeiro oder ein in Verlust geratener Vetter aus St . Franzisko zum Uni¬ versalerben eingesetzt . Meine Verwandten in Amerika können 120 Jahre alt werden . Die Heiterkeit wurde bei mir rege durch eine Zeitungssendung und ein beigeschlossenes Bündel Predigten . Es werden auch andere Schicksalsgenossen durch ' den unbekannten Einsender erheitert , worden sein . Die Zeitung also stammt aus New - Nork . neuttt sich die „ die Stimme " und führt diese Bezeichnung in hebräischer Qnadratfchrift au der Stirnseite . Abgefaßt ist „ die Stimme " im jiddischen Jargon mir reichlich eingestrenten hebräischen Worten und Zitaten . „ Die Stimme, " so benannt nach Jesaiäs , 40 . 3 „ Kol Kore “ rc . preist die Tätigkeit eines Geistlichen , des Pastors Ruffel am Brooklyn Tabernakle . Und worin besteht die Tätigkeit dieses in der Tal sonderbaren Heiligen , des Pastors Ruffel , der wie ein zweiter Messias gepriesen wird ? Er will kein Missionär sein , er ist ein christlicher Zionist , der ausgerechnet hat . die Zeit sei nun für Israel gekommen , nach Palästina zurückzukehren und hier ein Gottesreich zu gründen . Das verkündet dieser laute Rufer in der Wüste in feierlichster Weise , auch in seinen Predigten . Missionär will der wackere Ruffel ( spr . Rossel ) nicht sein , aber die Juden möchte er dem Messias znstthren , der das Wort der Propheten erfüllte . . . . Heiter , guck ) in ernster Zeit . So was ist doch nur in Amerika möglich . Und , wenn man solches liest , dann soll mau nicht heiter oder wütend werden ? Werden wir keines von beiden . Den Pastor Ruffel wünschen wir zu allen Heiligen oder deren Gegenteil und stürmen hinaus in den Wald . Die Sonne leuchtet wieder in ihren glänzendsten Pracht . Heilung , Heilung erflehen wir von ihr von all * dem Zeug , das in diesen Tagen geschrieben und gedruckt wird . Pastor Ruffel , Sie werden unserem Volke keine Heilung bringen und wenn . Sie auch Ihre „ Stimme " noch so reklamenhaft laut erheben . Predigten , noch dazu aus Amerika ! Haben wir von diesem Artikel nicht übergenug bei uns ? Ein Pastor , der Zionist ist ! Wenn uns der Wald nicht von diesem neuen Heilmittel ' heilt , dann ist uns nicht zu helfen . „ Die Stimme " des Pastors Ruffel aber , die im Formate ' der „ Times " erscheint , verwendete ich dazu , mein Gesicht zu bedecken , da mich bei meinem Mittagsschläfchen ans der Veranda die Fliegen unbarmherzig belästigten . Wozu eine solche Zeitung nicht gut ist . „ Die Stimme " ans Amerika schläferte mich » ein und schützte mich vor lästigen Insekten . Und im Schlafe um - gaukelten mich heitere Träume — aber nicht vom Pastor Ruffel . Am Chamischa Assar de 4 . d 5671 . Dr . Max Grünfeld . Der Wandertrettel Jsn März dieses Jahres fand in Wien eine Enquete bezüglich des Wanderbettels statt , die aber vorderhand noch zu keinem sichtbaren Erfolg geführt hat , denn der Wanderbettel nimmt immer größere Dimensionen an und ist heute keine Land¬ plage allein , sondern ein jüdischer Skandal . Durch meinen längeren Aufenthalt in Gemeinden ver¬ schiedener Kronländer Oesterreichs hatte ich Gelegenheit , das Treiben und Vorgehen verschiedener Typen der „ Orchim " zu . beobachten - und will nun versuchen , meine Wahrnehmungen im Nachfolgenden zu schildern . Eine größere Diskussion ' würde sicherlich viel wertvolles Material in dieser Sache liefern . Im großen und ganzen lassen sich die verschiedenen Kate¬ gorien der „ Globetrotter " auf drei Gruppen reduzieren : Wir haben ältere , zumeist kränkliche und gebrechliche Leute , dann das weitaus größte Kontingent der j ü n ge r e it , f a st d tt r ch - wegs a r b e i t s f ä h i g e n Männer und schließlich die minder zahlreichen F rauen mit oder ohne Begleitung von Kindern . Was nun die erste Gruppe — die alten Leute — betriffl . so sind sie in den meisten Fällen wirklich bedürftig . Wiewohl ich nicht verschweigen kann , das auch da zuweilen Mißbrauch getrieben wird . Man kann öfter in den Zeitungen lesen , daß da und dort bei einem alten einsamen Bettler mehrere tausend Kronen in einem Strumpf oder sonst wo verwahrt gefunden wurden . Ich konnte in einer Wiener Volksspeisehalle täglich einen alten Mann beobachten , der um Speisereste betteln käm . der aber , wie mir von vielen glaubwürdigen Seiten bestätigt |