Redaktion nnd Administration: Wien, 11/, Nvvaragasse 27 Telephon: Redaktion 5509/1V. AnakHängige z-rtschrist ftr Mische >Meznn»vret»: iMuiijliiÜviii .K 14. — Ha>di>>v»m. >» 7.— Administration 4938II; St. k. üsterr. Vostsvarkasta- Saeck-Konro Nr. 100.918. Anterejseu. Für JfiiltuSbemute: •UiHMiäOviii .K II) - In lernte: Die viermal gespaltene Nonpareille-Zeile 25 Heller. Erscheint jeden Ilreitng. Für Ausland: «donnemenlS- nnd Jnsertions- (SluitjlrtDriit.a Mark beiräge sind in Wien zahlbar und klagbar. Motto : „Das Siegel Gottes ist Wahrheit!“ t> üluOei oder 10 Frc» Nr 1 ien. 3 Immer Inhalt: Der Nationalismus in Oesterreich-Ungarn und die Juden. — Die Konservativen in Deutschland und der Antisemitismus. — Auf dem Wege nach Jerusalem. — Mariahilfer Tempelverein. — Rabbi und Vorsteher. — Verschiedene Nachrichten. — Feuilleton: „Die Tage der Vorzeit." An unsere Leser! Bei dem Ernste der gegenwärtigen Zeiten bedarf das Judentum mehr denn je einer starten und unabhängigen Presse, die nicht nur mutvoll und unerschrocken den Kampf nach autzen führt, sondern auch im eigenen Lager strenge Wache hält. Von dieser Ueberzeugung durchdrungen, hat „Die Wahrheit" auch im abgelanfenen Jahre an ihrem Programme, das Intereste Mr die erhabenen Ziele des Judentums in allen Bevölkerungsschichten pt wecken, festgehalten, und ihr Bestreben wird auch fernerhin darauf gerichtet sein, jüdisches Leben in allen seinen Erscheinungen;u pstegrn, die innere Organisation mit allen Kräften ;u fördern, die Vorfälle im Gemeinde- und Vereins- lrbrn mit mahvoll^r und objektiver Kritik ;u beur¬ teilen und dabei gleichzeitig den Kampf nach autzen mit Würde und Entschiedenheit ;u führen. Abonnements-Bedingungen: Ganzjährig Kr. 14.— Kattjährig Kr. 7.—, vierteljährig Kr. 3.50. K. k. Postfparkassen-Konto 100.918. Diese publizistische Tätigkeit' bitten wir durch Abon- nirrung unseres Blattes fit fördern. Die geehrten Herren Abonnenten werden ersucht, bei Ein¬ sendung des Abonnementsbetrages den zugesandten Erlag¬ schein zu benützen. Die WedaMion. Der Nationalismus in Oesterreich- Ungarn und die Inden. Jede Nation ist berechtigt, ihre nationale Eigenheit über alles zu lieben und ihr den ersten Rang im Belange der Wert¬ schätzung nnd Opferwilligkeit einznräumen. Die Liebe zum eigenen Volke ist für moralisch normal veranlagte Menschen selbstver¬ ständlich, wie dies etwa die Liebe des Kindes zu seiner Mutter ist. Es ist sogar verzeihlich, wenn der Wert der eigenen Nation überschätzt wird nnd die Geneigtheit hervortritt, deren Lichtseiten zu übertreiben und die Schattenseiten in Abrede zu stellen oder mindestens zu entschuldigen. Der Egoismus der einzelnen Per¬ sonen und Nationen ist als ein Naturgesetz berechtigt und der edle und selbstlose Lehrer Hillel sagt in den Sprüchen der Väter:- „Im. en sari li, mi li?“ d. h. wenn ich nicht selbst meine Interessen vertrete, wer sonst fvird es dann tun? Die Eigenliebe artet aber häufig zur Mißachtung der Nebenmeuschen und Nachbarnationen, ja zur Eifersucht nnd zum Hasse gegen dieselben aus. Solche Ausartungen des gesunden Egoismus machen dann Menschen und ganze Volker moralisch blind, verwandeln iu ihreu Augen Unrecht zu Recht, verhärten ihre Herzen gegen alle fremden Menschen und bringen sie über¬ haupt um den Vorzug des Menschentums. — „Durch Natio¬ nalismus zum Bestialismus" lautet ein modernes, geflügeltes Wort mit Recht. Hillel fügte deshalb seinem oben zitierten Ans¬ spruche noch folgenden Nachsatz an: „Uchscheani leazmi, mo ani?“ d. h. Und wenn ich ausschließlich nur meine eigenen Interessen vertrete, was bin ich dann? Die Blätter der Weltgeschichte wimmeln von Berichten schrecklicher, blutiger, sich gegenseitig erbarmungslos zerfleischender Völkerkriege, welche wild entartete nationalistische Massenbewe¬ gungen in aller Welt durchgefnhrt haben. Die jüdischen Propheten und erleuchteten Gottesmänner waren die ersten, die sich mit mächtig begeisterten, flammenden Worten gegen den Krieg wendeten. Die unsterblichen Friedensreden des Propheten Jesaias wurden erst kürzlich im Münster zu Basel von einem Priester vor Freunden des Weltfriedens zitiert. Das eigene Volkstum über alles zu lieben, bedingt eben noch nicht den unmenschlich grausamen Haß gegen andere Nationen. Solcher Haß äußert sich aber gegenwärtig leider noch in demselben Maße wie in grauer Vorzeit- Namentlich in Oesterreich-Ungarn zeigt sich gegenseitiger Nationalhaß, oft bis zur Bestialität gesteigert, ein trauriges Bild für jeden Friedens¬ und Menschenfreund. Man erlebt staunend Beweise von skanda¬ löser Schwächung, ja Erblindung des sonst wirksamen allgemeinen Rechtsgefnhles, welche die maßlos gesteigerte nationale Eifersucht hervorruft. Unter der Maske der Nationalität verfolgen dunkle Existenzen oft moralisch sehr fragwürdige Bestrebungen. In Oesterreich-Ungarit kann sich selbst die sozial-demo¬ kratische Partei, die ursprünglich die Juternationalität als ihren obersten Parteigrundsatz hochhielt, dem Einflüsse des Nationalis¬ mus auf die Dauer nicht entziehen und ist in nationale Gruppen zerfallen. Das gleiche Bild bieten gegenwärtig auch die bürger¬ lichen, demokratischen Parteien. Ein Nationalitätenkrieg in Oester¬ reich-Ungarn, das von nicht weniger als acht Nationen bewohnt wird, von denen mehrere einander an Zahl und Macht die |