Nr. 19 „Die a£ Welt 66 Seite y farbentragenden Turnerschaften, sowie die Hauptmasse der schwarzen Verbände, die akademischen Turnvereine, Gesang¬ vereine und wissenschaftlichen Vereine schliessen die Juden von ihrer Mitgliedschaft aus . . . Soll unsere Arbeit auf akademischem Boden zugleich eine That für das Volk sein, so dürfen wir uns nicht damit begnügen, die für unser gesellschaftliches Leben so angenehme Thatsache der Ex- clusion des Judenthums festzustellen, wir müssen mit Ent¬ schiedenheit auch darauf hinwirken, dass die Ströme jüdischer Denkart, die unausgesetzt vom akademischen Boden zur deutschen Volksseele hinabströmen, mehr wie bisher unterbunden werden!" Dazu bemerkt die „Ost¬ deutsche Rundschau": „Bekanntlich nehmen in unserer Ostmark nicht nur zahllose kleine Vereine, ganz wie selbstverständlich, ohne besondere Satzung, keine Juden mehr auf, sondern auch die grossen deutschvölkischen Ver¬ bände, die nicht schon judenrein gegründet wurden (wie der „Deutsche Turnerbund", der „Bund der Deutschen in Böhmen", die „Südmark", die „Nordmark", der „Bund der Germanen") haben sich der Reihe nach mit grösserem oder geringerem Schwung ihrer Asiaten entledigt, zuletzt der 15. Turnkreis (Deutschösterreich) der Allgemeinen deutschen Turnerschaft, dem sein Ostmark-Turngau vorangegangen war. Demnächst soll der,Bund der Deutschen Nordmährens", der nur wegen ganz besonderer Landesverhältnisse noch im jüdisch-liberalen Fahrwasser schwamm, und hoffentlich bald auch der „Deutsche Böhmerwaldbund" darankommen. Im Deutschen Schulverein, dieser ältesten unter liberalem Gesichtspunkte entstandenen Schöpfung deutschen Volks- bewussfcseins, hängt die im Werke befindliche Ausscheidung des Judenthums bekanntlich nur davon ab, dass der Aus¬ fall des jüdischen Geldes durch umso grösseren Anschluss der Deutschvölkischen ersetzt wird/ Die „Deutschen mosaischer Confession" aber verstehen alle diese Winke mit dem Zaunpfahl nicht, sondern bleiben in diesen Vereinen so lange, bis sie nicht bloss moralisch, sondern höchst physisch den/Tritt bekommen. Es geht nichts über feines Ehrgefühl! Juden heraus! Am28.d. M. findet in Olmütz eine ausser¬ ordentliche Hauptversammlung des „Deutschen Nordmährer- bundes" statt, in welcher darüber entschieden werden soll, ob in Zukunft Juden in den Verein aufgenommen werden sollen. Von der Juden-Mission. Die dritte Jahresversammlung der „Mission unter den Juden im Osten und Norden von London" fand vergangenen Montag statt. Der Bischof von London erklärte in seiner Ansprache, dass die Thätigkeit dieser Mission die schwierigste von allen sei, welcher sich die englische Kirche unterziehe. Im Osten von London gäbe es jetzt gegen 100.000 Juden. Die Sprachenfrage bilde aber hier eine ebenso grosse Schwierigkeit, wie sie es für die Missionäre in China bilde. Er kenne Pfarrsprengel im East-End, in welchen es kaum fünfzig oder hundert Nicht¬ Juden, dagegen 7—8000 Juden gäbe. In manchen Strassen des East-End sei Jüdisch die einzige Sprache, in der man sich verständigen könne, und man fände nur manchmal eine Aufschrift, welche besagt, dass in diesem Geschäfte auch englisch gesprochen werde. Darum müssten die Missionäre Jüdisch lernen. Aber eine Erzielung von Er¬ folgen unter den Juden sei sehr schwierig. Die Erfahrung lehre, dass die Convertiten an ihren Taschen sehr viel leiden. Wenn aber diese Leute unterstützt werden, so setze sich die Mission dem Verdachte aus, dass sie sie besteche, um sie zum christlichen Glauben herüber zu bekommen. Und doch gehe es nicht an, Hunderttausende von Juden innerhalb der christlichen Gemarkungen unangetastet zu lassen. Es müssten die äussersten Anstrengungen gemacht werden. Statt ungehalten zu sein, müssten die Missionäre nach des Bischofs Ansieht gegenüber den Juden grosse Liebenswürdigkeit an den Tag legen, denn die Juden be- sässen so glänzende Eigenschaften, dass es wert sei, sie zu bekehren. Unter diesen Eigenschaften seien besonders zu schätzen die Sparsamkeit, Nüchternheit und Familienliebe. Es wäre gut, den Juden begreiflich zu machen, dass die christliche Religion nur eine Ergänzung der mosaischen sei. Der Bischof von S t e p n e y, der dann das Wort ergriff, warnte die Missionäre davor, als ein Resultat ihrer Ihätig- keit directe ConVersionen zu erwarten. Was sie erstreben sollten, wäre die Hebung des Verständnisses der Juden für die christliche Religion und die Beseitigung des Arg¬ wohns, Misstrauens und Vorurtheils, welches — wie er fürchte — die vergangene Thätigkeit der christlichen Kirche nur zu reichlich verdiente. Der Auszug aus Rumänien. Aus Ratibor wird gemeldet: Vor einigen Tagen kamen hier 279 jüdische Auswanderer aus Rumänien an, die sich auf der Durchreise nach Ham¬ burg befanden,wosiesichnach Canadaeinschiffen werden,und zwar zu grossem Theile auf Kosten der Baron Hirsch-Stiftung. Sämmtliche Emigranten sind Handwerker und Landleute- Während der acht Stunden ihres hiesigen Aufenthaltes er¬ zählten sie herzzerreissende Dinge von dem Elend der Juden in Rumänien. Die Auswanderer müssten für einen Franc täglich schwer arbeiten, nun kam das neue Gesetz und raubte ihnen auch diesen kümmerlichen Verdienst. Das Elend, das unter den Auswanderern herrscht (unter ihnen befinden sich auch viele Frauen und Kinder), ist unbeschreib¬ lich. Der einzige Wertgegenstand, den sie mit sich führen, ist — eine Thorarolie. Der Delegierte der „Ica% der einen Theil der Emigranten begleitete, erzählte, dass er in den rumänischen Dörfern von tausenden verzweifelten Leute be¬ stürmt worden sei, sie nach Canada zu befördern, sie seien zu den schwersten Arbeiten bereit. Die ganze jüdische Landbevölkerung möchte aus dem Lande fliehen, um dem Hungertode zu entgehen. Der Saatenstand in Palästina. Man schreibt uns aus Jerusalem: Der gegenwärtige Stand der Saaten berechtigt zu den schönsten Hoffnungen. Der Weizen und die Gerste gedeihen prächtig in der ganzen Ebene Saron und in der Schephela. Aehnliche erfreuliche Nachrichten kommen auch aus Galiläa. Auch die Obstbäume versprechen reichen Er¬ trag, namentlich dürfte die Orangenernte überaus günstig ausfallen. Der Handel mit den Weinen der Colonien breitet sich im Lande immer mehr aus. In Jerusalem selbst wurde in den letzten neun Monaten dreimal soviel inländi¬ scher Wein abgesetzt, als während des ganzen Vorjahres. Das neue rumänische Handwerkergesetz ist von manchen überaus merkwürdigen Folgeerscheinungen begleitet. Im Sinne des neuen Gesetzes dürfen in den Handwerker¬ schulen nicht mehr als 25% Juden aufgenommen werden. Nun gibt es in Bukarest eine jüdische Handwerker¬ schule, von Juden gegründet und erhalten, die nunmehr gezwungen sein wird, entweder 75% „Rumänen" unter ihren Zöglingen aufzunehmen (das heisst die Kinder der Judenbe¬ drücker auf jüdische Kosten auszubilden, um einem kleinen Theil jüdischer Kinder die Möglichkeit zu geben, mit jenen zusammen unterrichtet zu werden) oder sich aufzulösen. Um diesem fatalen Dilemma zu entgehen, planen die Eigen- thümer dieser Anstalt, sie nach Kronstadt in Ungarn zu verlegen. • Die Eröffnung des neuen jüdischen Theaters in London. Das „Jüdische Opern- und Schauspielhaus" in Kenmure Road Hacknej ist Sonntag den 26. April abends eröffnet worden. Der Saal ist sehr schön ausge¬ stattet und fasst im Parterre und auf der Gallerie circa 700 Personen. Am Eröffnungsabend war nicht nur alles bis aufs letzte Plätzchen besetzt, sondern mehr als 2000 Personen, welche gekommen waren, um der Eröffnung beizuwohnen, |