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Aus den tastenden, schattenhaften, vielfach auseinanderstreben¬ den Versuchen der guten alten Chowewe Zion krystallisierte sich klar, fest und ebenmässig der politische Zionismus: und es ward der erste Zionisten-Kongress. Die jüdische Wieder¬ geburtsbewegung hatte den Rahmen der unfruchtbaren internen Diskussion, der grossen Theorien und kleinlichen Taten mit einem Ruck gesprengt und wuchs nun riesenhaft über diese Enge hinaus. Vor aller Augen wurde ein weithin sichtbares Ziel auf¬ gestellt, - die Mittel und Wege zu dessen Erreichung unverrückbar ins Auge gefasst, und damit war der feste Untergrund für jede weitere Betätigung geschaffen: das Baseler Programm. Nunmehr ist ein Lustrum seit jenen denk¬ würdigen Tagen der Grundsteinlegung verflossen, und es geziemt uns wohl, eine kurze Weile in der Arbeit, die seither ohne Unterlass ihren Fortgang nimmt, innezuhalten, um rückschauend zu betrachten, wie weit unser Zukunftsbau auf der einmal gegebenen Basis gediehen ist, die nächsten Zielpunkte abzu¬ stecken und bedachtsam zu erwägen, was wir zunächst zu tun haben, um unser Werk so planvoll als mög¬ lich zu fördern. Wir betonen nochmals: nicht eine öde Selbstbespiegelung soll dieser Rückbl ck auf die eben abgelaufenen fünf Jahre unserer Tätigkeit sein, sondern eine ernste Prüfung unserer bisherigen Leistungen und die Verwertung der daraus ge¬ wonnen Erkenntnisse für unsere künftige Arbeit. Da bleibt unser Blick zuvörderst an dem Baseler Programm selbst haften, dessen Schaffung eine Tat des ersten Kongresses war und das zu seiner Ver¬ wirklichung eine Reihe von Mitteln in Aussicht nimmt, die jedem einzelnen Zionisten in seinem Kreise und nach Massgabe seiner Kräfte ein weites Feld der Be¬ tätigung eröffnen. Was jeder Zionist schon jetzt zur zweckdienlichen Förderung der jüdischen Besiedlung Palästinas tun kann, ist neben der — noch weiter zu berührenden — rastlosen Agitation für unsere finanziellen Instrumente, die Jüdische Kolonialbank und den Jüdischen Nationalfonds, insbesondere die Erweckung und Wachhaltung des Interesses für das Land unserer Sehnsucht, die Verbreitung und Populari¬ sierung der Kunde des Landes und seiner Zustände und eine, möglichst tatkräftige Unterstützung aller für unsere Zwecke förderlichen Bestrebungen der palästi¬ nensischen Juden. Es sei hier an das Belkind'sche Schulprojekt erinnert, dessen Realisierung einen Grundstock national gesinnter, landeskundiger, praktisch ausgerüsteter jüdischer Ackerbauer, Handwerker und Agronomen heranbilden würde, der für die zweck¬ dienliche Besiedlung Palästinas im Sinne des Baseler Programmes von unermesslicher Bedeutung wäre. Was die Gliederung und Zusammenfassung des jüdischen Volkes betrifft, die das Baseler Programm fordert, so können wir mit Genugtuung auf die organisatorischen Grosstaten zurückblicken, denen wir es zu verdanken haben, dass unsere Vereinigungen und Verbände sich über Land und Meer verzweigten und uns an den entferntesten Punkten der Erde neue Genossen warben, wie sie die alten in straffer und doch zwangloser Gruppierung aneinanderschlossen. Die Mängel, dia das auf dem dritten Kongresse ge¬ schaffene Organisationsstatut noch aufwies, wurden auf dem fünften Kongresse an der Hand der Er¬ fahrung verbessert, und es wurde dadurch für die Weitere agitatorische Wirksamkeit der zionistischen Organisationen ein angemessener Rahmen hergestellt, der nun einer zweckmässigen Ausfüllung harrt. Der zweite Kongress schuf die Jüdische Kolonial¬ bank, unserem Willen das Werkzeug. Dass die Mehr¬ heit der Kongressdelegierten im Rechte war, als sie auf die unverweilte Begründung dieses unseres wich¬ tigsten Instrumentes drang, bekräftigten die zionistischen Ma-sen durch die wahrhaft grossartige, opferfreudige Teilnahme an der Schaffung der Bank. Die Bank¬ subskription war eines der erhebendsten Momente in der Geschichte dieser fünf Jahre. Bei keinem anderen Anlasse trat die schier grenzenlose Hingabe der grossen jüdischen Massen, namentlich des Ostens, an |