Redaktion und Administration: WIEM IX., Türkiistrastt Nr. 9. Telephon 14.199. Erscheint jeden Freitag. Zuschriften sind nicht an einzelne Personen, sondern an die Redaktion oder Administration : Wien, IX.; Türkfmstrasse 9, zu richten. Unfrankierte Briefe werden nicht angenommen und unverlangte Manuskripte weder zurückgesendet noch aufbewahrt. Preise d«r Aazcigen : laut auifli<*g«n<l<*im Tarif, Der iraeratentsil wird Dienstag ebenda geaehioasss Elnzsln« Munßstaftr« 80 Hultar. ko7iincnrotca * Öesterrsicu-Ungarn: gau^jaimg Kr. 12.—, naibjänrig Kr. 6.- , vierteljährig Kr. 3.-. Für da* Austens: 0l3£Uyd|JI üiOO. Deutschland ganzjährig Mk. 13.70, halbjährig Alk. 6.85, vierteljährig Mk. 3,45, England ganzjährig Shg. 14.—, halbjährig Shg. 7.—, vierteljährig Shg. 3.10, Russlaad ganzjährig R. 7.-, halbjährig R. 8.50, vierteljährig R. 1.75, Schweiz, Frankreich, Italien, Türkei, Rumänien, Bulgarien, Serbien, Griechenland, Aegypten ganzjährig Pr:s. 17.—, halbjährig Pres. 8.50, vierteljährig Pres 4.25. Amerika pranzjährii? Doli« 3.40,' h$lbjähr*g Doli 1.70. vi.er**i)äbriirD^il. Nr. 42. Wien, 20. Oktober 1905. — 21. Tischr: 5666 9, Jahrgang. Ein toter Götze. Die orthodoxen Prediger der aileinseeligmachenden internationalen Sozialdemokratie haben von altersher die Zionisten in ihr Herz geschlossen, wo es am wütendsten war. Da uns das rote Tuch nicht reizte, so wurden sämt¬ liche Flüche der Bibel, auf welche sich die meisten sozial¬ demokratischen Redakteure meist sehr gut verstehen, auf unser sündiges Haupt herabgeschleudert und die rohesten Sprachausdrücke erfüllten ihren Daseinszweck, indem sie zur Bezeichnung unserer „verbohrten" nationalen Sonderbe¬ strebungen in Anspruch, genommen wurden. In dieser Be¬ ziehung blieben religiöse und antireligiöse Tempel- und Parteipäpste einander und uns gleich. Wir gingen über ihr Geschrei zur Tagesordnung über. Inzwischen ist noch jemand über die internationale .Orthodoxie ,zur Tagesordnung übergegangen, und das sind die — Sozialdemokraten. Die grosse Ziegelei, in welcher die jüdischen Former die Gehirne der Parteigenossen in der ganzen Welt nach einer und derselben Form pressen wollen, ist bankrott geworden, weil ihr das Material ausgegangen ist. Die verbohrten nationalen Sonderbestrebungen sind auf der ganzen Linie der Sozialdemokratie in die Höhe ge¬ schossen. Zwischen der deutschen und polnischen Sozial¬ demokratie klafft ein unüberbrückbarer Riss; die französi¬ schen Regierungssozialisten werden von der Wiener „Arbei¬ ter-Zeitung" abgekanzelt. Der ganze rote Kontinent ist ent¬ rüstet über die englischen Gewerkschaften, weil sie rein wirtschaftliche Verbände bilden. Danri Einzelfälle der Ver¬ bohrtheit : Bebel spricht von der Bereitwilligkeit der deut¬ schen Arbeiter, in einem Kriege Deutschlands gegen Frank¬ reich, mitzutnn; der österreichische Pole Daszynski findet im Parlament die'schmetterndsten Trompetentöne für seinen polnischen Patriotismus. Pernerstorfer weist jede Verdäch¬ tigung seines Deutschturas entrüstet zurück. Ja, Bauer, das ist was anderes! Das sind Christen und sie dürfen die Wahrheit reden und das Natürliche zu¬ geben, ohne den Boden unter den Füssen zu verlieren, wie .die parteigenössisdien Juden, die den Kopf'unters Tauf¬ becken stecken, um den Ruf nicht zu hören: Jeder zu sei¬ nem Stajnme ! Denn sie wissen sehr gut, dass vom Natio¬ nalismus zum Antisemitismus nur ein Schritt ist" und auch zu diesem hat das Proletariat den Fuss bereits erhoben. Es ist die Frage, ob die jüdischen Sozialisten dasselbe tun wollen wie seinerzeit die Liberalen und warten werden, bis auf diesen Schritt ein Tritt folgt. Das eine liegt doch klar, dass sie niemals mehr im¬ stande sein werden, den internationalen Brei herzustellen, in dem sie so behaglich versehwinden. Zwei Tatsachen der letzten Zeit haben ihnen ein dringendes Mene Tekel ge¬ schrieben. In Budapest, wo die Wogen des ungarischen nationalen Kampfes am höchsten gehen, hat. ein Massen¬ übertritt von internationalen Sozialdemokraten zur natio¬ nalen sozialistischen Partei stattgefunden; und im vielum¬ strittenen Prag, wo eine imposante Demonstration für das allgemeine Wahlrecht stattfand, haben der Führer der tschechischen und der Führer der deutschen Sozialdemo¬ kratie gesprochen. Das heisst doch klar, dass in keinem Volke die Arbeiter willens sind, aus der natürlichen, natio¬ nalen Kulturgemeinschaft zu Zeiten der Not auszutreten und dass sie den richtigen und ursprünglichen Sinn des internationalen Gedankens erfasst haben, ihren. Einfluss auf den Fortschritt der Menschlichkeit im eigenen Volke zu richten, damit blühende Nationen in einem festen Gebäude des Weltfriedens die Güter ihrer eigenartigen Kultur und Zivilisation miteinander tauschen können. Jeder andere Begriff der internationalen Verbrüde¬ rung ist ein jämmerlicher Popanz, der auf Füssen aus Zei- tungspapier steht, ein altes Götzenbild, dem die Scharen seiner früheren Anhänger längst schon den Rücken gekehrt haben. Nur die Juden liegen noch andächtig davor auf den Knien und die jüdischen Vorbeter werden umso fanatischer, je einsamer sie sich fühlen. Leider wollen sie nicht ihren natürlichen Platz einnehmen und ihrem, dem jüdischen Volke, helfen, im internationalen Bund der Nationen den würdigen Platz einzunehmen. Wir Zionisten tun das, wir waren also die Vorläufer des Sozialismus wie er heute ist und nicht die verschrienen Reaktionäre. Wir haben schon in "unser Erstlingsprogramm jene nationalsozialen Grund¬ sätze aufgenommen, die heute das Ende jener sozialistischen Entwicklung geworden ist, deren jüdische Wortführer früher gegen uns so grossgetan haben. Wo lag denn der wahre Grund ihrer Feindseligkeit? Gewiss nicht in der Wahrheit. Eine unterdrückte Minorität ging daran, sich eine Wohnstätte zu schaffen, ein Begin¬ nen, das vom zugehörigen Proletariat als Lebensnotwendig- i |