Seite 6. Gesterreichisch-ungarische Lantoren-Zeitung. Nr. IS. richtete, in welcher er unter Dankesworten die Ausführung dieses der Stadt zur Ehre und Zierde gereichenden monumentalen Baues pries. Bei dem Empfang der Honoratioren richtete der Vorstcurd an den Herrn k. k. Statthaltereirath Karl Vogl sowie an denHerrn^Bürgermeister-Stellvertreter, kais. Rath I. W atz ka die Bitte, die hohe Regierung und die löbliche Stadtvertretung mögen den Institutionen der Gemeinde und zugleich auch diesem zum Zwecke der Gottesverehrung errichteten Hause allezeit gnädi- gen Schutz angedeihen lassen. Beide Funcüonäre zollten die vollste Anerkennung den großen seitens der Gemeinde diesem Helligen Werke geweihten Opfer und schlossen ihre Gegenreden unter Zusicherung des ausgiebigsten Schutzes. Nachdem sämmtliche Dignitäre ihre angewiesenenen Plätze in den ersten Bankreihen eingenommen hatten, begann der Einleitungs-Choral Mah־to־w 11 mit Orgelbegleitung, ausgesührt von Herrn Obencantor Tiger aus Carlsbad und dem unter der trefflichen Leitung des Herrn Sonnenberg stehenden gut geschulten Chore. Mn folgte das Anzünden des ewigen Lichtes und Verrichtung des Weihgebetes durch den Localrabbiner S. Popper. Nach Beendigung des- selben wurden sämmtliche Thorarollen ausgehoben und in feier- lichem Umzug unter Absingung der bei Hakofaus üblichen Ge- sänge in den Gängen der Synagoge herumgetragen und mit ebenso weihevollen Gesängen wieder in die heilige Lade eingestellt. Während eines Orgelpräludiums bestieg Herr Dr. Ziegler aus Carlsbad die Kanzel und hielt die Festpredigt, die ein Musterwerk oratorischer Beredtsamkeit sowohl in ihrer Diction als auch in der Durchführung (den großen, unschätzbaren Werth des Gottes- Hauses zum Ausgangspunkt nehmend) eine mächtige Wirkung auf die Festversammlung übte; dieselbe dürste über Wunsch Vieler demnächst in Druck erscheinen. Ein wirksam vor- getragenes Gebet für die Festtheilnehmer, die Stadt und die Cultusgemeinde bildete ben Schluss der Predigt. Nach Aufführung des Beethoven'schen Chores ״Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre" wurde die heilige Lade geöffnet und Herr Dr. Ziegler sprach das Kaisergebet, dem die Volkshymne folgte. — Mit dem Weiheacte wurde zugleich der erste Gottesdienst, das Minchagebet, verbunden, das Herr Oberkantor Tiger celebrirte und in höchst würdiger und zugleich künstlerischer Weise mit Sulzers großem Adon Olom zum Abschluss brachte. Nicht unerwähnt darf bleiben, dass der gesammte Carlsbader Tempelchor in steunduachbarlicher, uneigennütziger Weise unter der trefflichen Leitung seines Herrn Dirigenten S o n n e b e r g sich um die Hebung dieses Weiheactes wohlverdient machte. — Ein recht animirtes Tanzkränzchen, das die zahlreich anwesenden jungen Leute bis zum Tagesanbrüche in freudigster Stimmung beisanuneichielt, bildete beit Abschluss dieses für die Egerer Juhenheit überaus denkwürdigen Tages. Wällisbirkrrr (Böhmen). In der hiesigen Gemeinde sind zwei Parteien, welche sich feindlich gegenüberstehen, und unter den fortwährenden Reibungen derselben hat der Angestellte am meisten zu leiden. Jüngst ereignete sich daselbst ein Vorfall, der ein wahrer CMllul haschem genannt werden muß und bei der Staatsanwaltschaft in Pisek zur Anzeige gelangte. Der Ver- lauf dieses höchst bedauerlichen Vorfalles war folgender: Herr Nathan Popper, Sohn des Herrn Heinrich Popper, ein junger Mann von 24 Jahreu, plauderte an einem Freitags-Abende, als eben der Cantor das übliche leeho-dodi Gebet recitirte, recht vernehmbar mit seinem Sitznachbar und störte dadurch den Gottesdienst. Der zweite Vorstand verwies den Störefried zur Ruhe, doch dieser rief dem Vorsteher laut zu: ״Sie haben mir nichts zu schaffen!" Darauf entstand ein so großer Tumult im Tempel, dass der Cantor aufhören musste zu beten und der Gottesdienst jähen Abbruch fand. Herr Popper hatte es hiebei besonders auf den Cantor abgesehen, den er bei jedem Anlasse zu kränken und zu verletzen suchte. Mit diesem einen Skandale gab er sich jedoch nicht zustieden, er wollte seiner Gehässigkeit noch mehr Ausdruck verleihen und vergaß sich so weit, dem Cantor, als derselbe an einem Samstag mit dem Sefer-Torah die Runde machte, ostentativ den Rücken zuzuwenden. Hierüber herrschte allgemeine Entrüstung, und selbst die christlichen Be- wohner des Ortes waren empört über die Handlungsweise des jungen Menschen. Die Sache wurde beim Kreisgerichte in Pisek angezeigt, woselbst demnächst die Verhandlung stattfinden wird.— Noch ein weiterer trauriger Vorfall ist aus dieser Gemeinde zu berichten. Am 16. Juli brannten zwischen 12 und 1 Uhr zwei jüdische Wohnhäuser ab. In einem derselben wohnte der Cantor, der mit Müh und Noth nur sich, seine Frau und seine vier Kinder retten konnte. All seine Habe wurde ein Raub der Flammen. Budapest. Der Pester israelitischen Cultusgemeinde wurden im Jahre 1889 zum Bau eines Schulhauses im V. Bezirke nächst dem Justizpalaste zwei städtische Griinde überlassen. Die Cultusgemeinde hat nun bekanntlich angesucht, dass sie ein Schulhaus auf einem eigenen Grund im VI. Bezirk bauen will, und gleichzeitig gebeten, dass ihr außer den erwähnten zwei Gründen auch die anstoßenden vier städtischen Gründe zum Bau eines Tempels überlassen werden mögen. Die Grund- verkaufskommision hat sich für die Bewilligung dieses Gesuches ausgesprochen. Die gewünschten Gründe (Schätzungswerth 600,000 sich sollen der Cultusgemeinde unentgeltlich zu dem auf 21/2 Millionen Gulden veranschlagten Tempelbau ״zur Benützung" überlassen werden. Der Bau des Tempels ist in 6 Jahren zu vollenden. Der nicht verbaute Grund wird Parkirt und eingestiedet werden und einen öffentlichm Park bilden. Das Schulhaus für 800—1000 Schüler soll in dem äußeren Theile des VI. oder VII. Bezirkes binnen drei Jahren gebaut werden. Raab. Löbliche Redaction! Ich ersuche höflichst, folgenden Zeilen in den Spalten unseres Fachorganes Raum geben zu wollen: Die jüngst erschienenen Tenrpelgesänge ״Mateh Aharon*‘ von Herrn Adolf Grünzweig, Chordirigent am israel. Cultus- tempel zu Arad, welche meine׳ Gemeinde bezogen hat, liegen mir heute vor und hat mich deren Durchsicht außerordentlich ent- zückt. Was synagogalen Styl, Melodie und Stimmführung betrifft, ist jede einzelne Piece mustergiltig. Besonders der Cantor ist mit sehr schönen Solis und Recitativen bedacht, und es möge darum jeder Musikfreund, hauptsächlich aber die israel. Cultus- gemeinden, resp. deren Cantoren bestrebt sein, diesem ausge- zeichneten Werke Grünzweigs die weiteste Verbreitung zu verschaffen. Adolf Szanto, Obercantor am Naaber israel. Tempel. Der voranstehenden Empfehlung wollen wir uns mit vollster Ueberzeugung anschließen, indem wir noch besonders betonen, dass hervorragende Fachmänner einzelne Nummern dieses Werkes als wahre Perlen der Synagogenmusik bezeichnet haben. Herr Grünzweig verdient umsomehr die weitgehendste Förderung der Fachüeise, als derselbe nicht, um ein Geschäft zu machen, sondern einzig und allein aus Liebe zur heiligen Sache bei Herausgabe des ״Mateh Aharon ‘ große materielle Opfer gebracht hat. (Die Redaction). Tapolcxa. Unter überaus zahlreicher mtb aufrichtiger Theilnahme der hiesigen Bevölkerung ist Freitag, den 16. Juli Frau Johanna Grünberger, geb. Hornig, Gatün des Ober- cantors Bernhard Grünberger, zu Grabe getragen worden. Ein junges, blühendes Lebeil wurde durch das unerbittliche Schicksal jäh vernichtet, und gramgebeugt stand der unglückliche Gatte mit vier unmündigen Kindern an der Bahre seiner geliebten Gatün, die mit ihm in siebenjähriger, glücklicher Ehe vereint war. Ober- rabbiner Herzog aus Kaposvar Hielt eine üefempfundene Leichenrede, die kein Auge trocken ließ. Berlin. Nach einer Meldung des ״K l e i n e n Journal" hat Jusüzminister v. Schelling das Gesuch eines nach Dienstalter, Zeugnißen und Leisümgen geeigneten. jüdischen Assessors um eine Amtsgerichtsstelle ablehnend beschieden und in der darauf nachgesuchten Audienz sich geäußert, dass er mit Bedauern augenblicklicher: Strömungen nach- zugeben gezwungen und daher vorläufig nicht in der Lage sei, einen Juden als Richter anzustellen. Wie das genannte Blatt hinzufügt, hat auch der Präsident des Kammergerichtes, Drenkmann, sich in gleicher Weise aus- gesprochen. Die Volkszeitung bezweifelt einstweilen die Richtigkeit der Meldung, verlangt aber unter Hinweis auf die verfassungsmäßige Gleichberechtigung aller Staatsbürger eine baldige amtliche Erklärung. Sie macht außerdem geltend, dass hierin eine öffentliche Herabsetzung der zur Zeit im Staatsdienste |