60899 * Abomiemrntspreis: (Maiijiatjr. ff.*.— MitPostzusend. fl.L.LO. Vierteljahr.^—.50. „ „ Einzelne Hummern 1 kr. r Or^att zur ^lbw^r des Antisemitismus. Redacii°n r°iio» (trjriiciut a» jedem Sonntage. , Micu i ( !| I. Sioifcraatto io. ^ 9in»ll»er 1. Wien, iO. April I8‘.l‘2. I. Jahrgang.! pNuitb^rl jdbft nach der Erklärung der Atcilschcurcchte wird'eine von deren schönsten Erriinceeufchafto» wieder in F'ragc gestellt, ■'*'/ norden die Grundfesten der modernen . Gesellschaft an einem wichtigsten Punkte aufs Neue bedroht. Elne ganze Gruppe unserer AAtbürgcr, die ^suden, sind den gehässigsten und schmachvollsten Angriffen ausgesekt;- sie sollen in ihren Rechten ver¬ mindert, politisch und social enterbt, in -ein mitkelalterliches Duldungsverhältniß zurückgeschleudert, fremden und AusnahmsgeseKen unterworfen werden. Eine solche Strömung spricht der bsumanität und Gerechtigkeit Uobn, sie birgt Gefahren in sich nicht bloß für die Juden, sondern für die gesammte Gesellschaft. Der Antisemitismus stellt hie Erfolge bundertjähriger .EulturaVbe» gleichivie die Aussicht künftigen Fortschritts in Frage. Es muß gegen ihn im . Ramen-der Alenfchbeit laut und feierlich Protest erhoben werden. 1 . r-. , __ . ~Mi vielen Städten Deutschlands und, wie bekannt, auch in IDien bildete sich ein „Bereit! zur Abwehr des Antifemitismus". Zahlreiche unabhängige und angesehene Alänner aus allen Gesellschaflsclaffen schlossen sich diesern Dereine an, um jeden Eingriff gegen die in der Natur begründeten und durch die Verfassung verbrieften Rechte unserer jüdischen Aiikl arger entschlossen zrirückzuweisen. Dies ist der Boden, auf welchem auch dieses Blatt steht. Seinem b.eso,>d..k ^lufgabe >vird es sein, die Unlauterkeit der antisemitischen Tendenzen in ihrer theoretischen Begründung wje in ihrer praktischen Betbäligüim mit durchaus unailsechtl'are» Beweisen bloßzulegxn. Mir werden eine beständige und rücksichtslose Eorrectur und liritik üben an den in der antisemitischen Presse erbck'cn'n Behauptungen, sowohl was ihrei' Thatsächlichkeit als was ihre mterlaubte Berallgemeinerung anlangt ' ' w ii.ifvi. ivt s ist uns dabei rcrg.sch^i.b a; .c ist d - dw )P.ch-'.a. -pu>.»- tpob'lui.indiak-'it Eine .^udenfrage gibt es für uns nicht. , , ' 3m festen Bertrauen auf unsere gute Sache treten ivir- für dieselbe in die publicistiH.be Bahn. Mein es gleich uns ernst ist um die Herrschaft der humanen und freien 3deen, der schließe n.b uns an. - Die Uedartiml. Zur antisenütischeu Bewegung. Der AnlisemitismnS ist in Oesterreich kein cinhc-imischcS Pro duct, sonder» auswärtiger Provenienz. Als er vor Fahr und Tag an der Spree zu ^grassiren begann, konnte man in Wien oft genug vernehmen, daß wir eine geistige Epidemie dieser-Alt nicht zu besorgen haben, daß in österreichischen Landen der Boden für eine solche Seuche nicht geeignet sei, indem der gesunde Sinn isnd die GntmiWilkeit der Bevölkerung daö beste Schutzmittel gegen etwaige Ansteckungsgefahr gewähr.m Diese Annahme erwies sich gar bald als trügkrisch, und selbst von jenen, die sie ver träuenSvoll gcäußert hatte», konnte sich gar mancher vor einer j Jnsection nicht bewahren, Es ist gelungen, bei einem der Zahl nach immerhin ansehnlichen Bruchiheite der Bevölkerung die Nithcitskraft zu schwächen und das Gemülh zu verderbe». Aufizabe' des Historikers wird es sein, alle Momente darzulegen und sogar die „Imponderabilien" ;» veranschaulichen, welche dabei mit gewirkt haben. Aber schon^ der Tagcschronist darf constatiren, baß die Entstehung des Antisemitismus sowie dessen Berpflanznng nach Oestcrrcih und sein Fortwuchern daselbst ans eine ganze Reihe staatlicher Bigebenheilen und Gestailnngcn zurnekzuführen sind, und daß die Geschichte einst über die intellectuelle» Urheber und deren, setbstsüchlige ldompliccn ein strenges Unheil fällen, die Mehrzahl der Breiteten" dagegen aus dem Grunde der llnzsirechnungsfähigkeit frcisprechcn wird., ' , So viel auch schon über de» AntisemiliSinuö geschrieben wurde, eine ^iräcise Definition dcöselben-.ist noch immer ausständig. Wir haben rS hier nicht nur mit einer Wiederauferstehung-des dank der Wirksamkeit erleuchteter Geister eingesargten mittelalterlichen Fanatismus in eonfessionellcn Dingen zu lhun, sondern auch mit einer krankhaften Entartung des modernen Rationalismus. Damit ist aber der Begriff dcp Antisemitismus, beiweilem nicht erschöpft. Der confessionelle Hhpereif» hindert die liiiiJ» nicht, sich über Die Satzungen des eigenen G.anbens, namentlich über chic Be- dklltnng des SacramenlS der Taufe, hinw.'g.zusetzen, und dgs Be kennlniß zum unverfälschten Rationalismus verrammelt den An deren keineswegs de» Weg zum ARchluffe internationaler Schul) und Tl'utzbündnisse wider diejenigen Bolksgenosssn, denen Freiheit, gleiches Recht Aller und Viebe zu- den Mitmenschen, hoher stehen als confessionelle Gehässigkeit .und nationaler'Dunkel, lii» U: solideres,Merkmal der antiieinitifchen Bewegung, welche''"sie üo» der Judenverfolgung in früheren Jahrhunderten untersecheioet. ist \ es, daß sich zur Berwersiichleit des G.bahrens die demselben ’;»- Grunde liegende Böswilligteil gesellt, Einem Toraueitl id.i mochte allenfalls der Gedanke vorschwebe», die Heuer wider ihre» Willen zu „retten", der Antisemit aber gesteht -unverltoh'c»,. daß die B' drängung von-Milnrenschen ihm Selbstzweck ist. Der Anhang des Antisemitismus Tn Oesterreich zerfallt, wenn wir von den ouich Eigenliebe, unterschiedliche Ränke' und Sonder vortheile erzeugten mannigfachen Spielarten absehe», in zwei Hanplgruppen; je nachdem-in ihreti, Heelsen nationaler Hochmuth ode» konfessionelle Engherzigkeit das heroorstechende Rkonienl bildet. Beide Gruppen schlage» sich und vertragen sich; sie suchen' sich gegenseitig z» überlisten und eine.die ggdere für ihre fp.c^elle» Zwecke aüszultüucn, Glücklicher in dieser Beziehung war jkSeiifalls jene Gruppe, welche, mehr den Glaubenseifer ».als die nationale' Tendenz hervorkehrt. Ihr schloffst' sich alle rückschrittlichen Ele mente an, und die sogenannten nationalen Antiseiniken, die»r sprünglich wähnten, de» Berrn'.h a» de» Grundfäuen der^Freiheil und der Hninanität localisircn und ihn auf daS Verfahren gegen. über den Jndeg beschränke» zu können, haben nach und uach, Iheils freiwillig, theilö gezwungen, sich in den Dienst jener |