Literaturblatt der Jüdischen Rundschau Beilage zu ״Jüdische Rundschau“ J ahrg. XII. No. 17 Herausgegeben von Dr. Heinrich £oewe. p Redaktion: BERLIN N. W. 52, Melanchthonstrasse 4. No. 8. Berlin, 13. Jjjär 5667 — 26. April 1907 Jahrg. III Die Familie Zwi (Aufführung des Vereins zur Förderung jüdischer Kunst im Schüler Theater N, Berlin.) Im Jüdischen Almanach steht eine Skizze von David Pinsky, die zum schönsten gehört, was uns die moderne jüdische Kunst bisher gegeben hat, eine Geschichte von wundervoll zartem Reize. Ein gelehrter Talmud- schü'ler, in dessen Herz die Liebe einzieht. Auf wenig Seiten und in engem Rahmen eine Entwickelung von zartester, innigster Keuschheit. Die Bühne hat Rampenlicht. Schon mancher, dessen Dichtungen wir für uns in Andacht gemessen konnten, war uns fremd, wenn die Gestalten seiner Phantasie auf der Szene leibhaftig vor uns standen. In desselben Dichters ״Eisik Scheitel“ allerdings steckt dramatische Bewegung — Be- wegung ist alles im Drama —, und wie sich der grüblerische Erfinder, dien ein spekulativer Geschäftsmann um den Preis seiner Mühe bringt, plötzlich aufrafft, seine Maschine in Trümmer haut und dann nach dieser einen Tat seines Lebens zusammensinkt, ist dramatisch so wirksam w,ie die Tragödie in Milieustimmung und Charakterzeichnung wahr ist. Ganz wesentlich schwächer ist das Drama, das uns der Verein zur Förderung jüdischer Kunst geboten hat. Zwar setzt es auch mit einem das Milieu plastisch zeichnenden Akte ein, zwar blitzt hier und da noch ein Druck dramatischen Geistes hindurch. Aber wenn der Held, der fromme starke Makkabäerenkel, um die heilige Tora im Pogrom zu retten, drei Akte hindurch die Feigen in Israel anzueifern sucht, so ergibt diese Dekla- mation noch kein Drama. Und doch ist der gesamte Inhalt damit er- schöpft, nicht etwa nur die äusseren Geschehnisse, für deren fehlen man etwa durch die Entwicklung von Charakteren entschädigt wird. Nein — die Menschen sind am Schlüsse genau, wie sie am Anfang waren, (denn die Art, wie Leon plötzlich sein jüdisches Empfinden entdeckt, verrät keine besondere Kunst der Charakterisierung). Auch die Menschen, die doch z. B. in Schalom Aschs Drama (wo man auch nicht von einer inneren Entwicklung sprechen kann), als interessante Porträts erscheinen, sind hier nichts als Typen, wir sehen den aufrichtig und den heuchlerisch Frommen, den Sozialisten, den Schacherjuden, den Zionisten. Man sieht auch, wie Prinsky diese Typen gliedern will, der Glaubensstarke — |