88 LITERATURBLATT No. 10 uns diern Gang der Politik bis auf die jüngste Gegenwart gedrängt, aber erschöpfend vorführt. Das Gleiche gilt von ״Polen“ (mit 2 Karten) und ״Portugal“. Inr vorliegenden zählten wir im ganzen 38 farbige und schwarze Tafeln in künstlerischer Ausführung. 14 vorzügliche Karten und 10 Text- beilagen. Notizen Ein 6000 Jahre alte babylonische Vase. Die archäologische Expedition, die von der Universität Chicago unter Leitung des Professor E. J. Banks nach Babylonien entsandt wurde und die soeben nach umfangreichen Arbeiten in die Heimat zurückgekehrt ist, hat in Bismya, der ältesten Stadt in Zentral-Babylonien, eine Vase aus blauem Seifenstein gefunden, die einzig in ihrer Art ist und höchst wert- volle Aufschlüsse über d!ie älteste Kultur des Londes gibt. Die reich mit eingravierten menschlichen Gestalten verzierte und mit Elfenbein und Juwelen ausgelegte Vase war bei der Auffindung zerbrochen; unter Hunderten von Trümmern anderer Vasen fand man jedoch drei Teile in einem Abfallhaufen des alten Tempels, auf den die Vase offenbar achtlos geworfen worden war. Die Kulturschicht, in dier sie begraben lag, geht nach der Annahme des Professors Banks etwa auf das Jahr 3800 v. Chr. zurück, doch der Ornamentstil der Vase weist auf eine noch bedeutend frühere Zeit hin. Der Durchmesser des Gefässes betrug etwa 22 cm., die Höhe ihrer fast senkrechten Seitenwände 20 cm; aber die drei aufgefundenen Bruch- stücke bilden nur etwa ein Viertel des Ganzen. Auf den drei Bruchteilen sind nicht weniger als dreizehn menschliche Gestalten dargestellt. Die zwei Mittelfiguren sind Musikanten; sie schreiten vorwärts und spielen im Gehen auf ihren Instrumenten, einerjünf- und einer siebensaitigen Haufe. Schon dadurch ist die Arbeit besonders wertvoll; denn sie gibt ein klares Bild der Musikinstrumente vor 6000 Jahren. Hinter den Musikanten schreitet die Gestalt irgend einer hervorragenden Persönlichkeit vielleicht des Königs. Hinter ihm gewahrt man noch zwei weitere Gestalten; die eine stellt ihrer Grösse nach offenbar ein Kind dar, die zweite erhebt mit einer Geberde der Anbetung die Hände. Vor und über den Musikanten sind mehrere Figuren in raschem Lauf dargestellt; sie eilen offenbar herbei, die Prozession zu sehen. Eine dieser Gestalten trägt in der Hand einen Zweig mit Laub. Die herbeieilenden Gestalten legen die Vermutung nahe, dass es sich um den Triumphzug eines siegreichen Herrschers handelt. Aber das Interessanteste an dem Fund ist zweifellos die Ausführung der Arbeit. . Während der blaue Stein den Hintergrund bildet, sind alle Figuren zum’ grösseren Teil aus eingelegten Materialien gearbeitet. Bei der Auffindung fehlten die eingelegten Stücke, mit Ausnahme einiger Lasur- steinstücke in den Laubzweigen; aber die tiefen Lücken zeigten deutlich, wo solche Einlageteile angebracht waren. Später entdeckte Banks ein kleines flaches Stück Elfenbein, das nach näherer Untersuchung zuz dieser. Vase gehört hatte; es bildete den kurzen Hüftenrock für die Gestalt, die den Labzweig trägt. Aus diesem Elfenbeinstück kann man schliessen, dass die Kleidung der anderen Gestalten aus. demselben Material dargestellt war. Auffallend ist, dass, alle Gestalten mit riesengrossen Nasen dargestellt• sind, so dass sie fast an die Karikatur treifen. Die wenigen Dokumente frühbabylonicher Kunst, die wir besitzen, zeigen die Nase in einer■ geraden Linie mit der Stirn zusammengefasst; man findet nur bei einigen Terra- kottastatuetten ein derartig übertriebenes Herausarbeiten der Nase. |