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mehrere Tage oder ganze Wochen erteilt ivird und denr Inhaber das Lager und den Uebnngsplatz erschließt, bekoniint man in der Kommandantur, durch die wehende Kriegsflagge iveilhin erkennbar, ohne weiteres ansgestellt. Hat man im Lager selbst keine bekannten Führer, so kann man doch sicher sein, überall freundliche Auskunft zu erhalten.
Seit Mitte Mai herrscht hier im Lager ein eigenartiges, reges Leben und Treiben. Hier werden die Compagnien des neu errichteten Feldregiments für Südwestafrika, zusammengesetzt ans Freiwilligen fast aller deutschen Regimenter und wieder eingetretenen Reservisten, zu einem festen Ganzen znsammengeschwcißt, ehe sie hinansziehen znm Kampfe für Deutschlands Macht und Ehre im fernen Afrika. Das erste Bataillon wird in Swakopmund landen, das dritte in der Lüderitzbucht und, wahrscheinlich zur großen lleberraschnng der Eingeborenen, die noch nie eine größere deutsche Truppe zusammengesehen — früher betrug die Stärke der gesausten Schntztrnppe für das ungeheure Gebiet von der portugiesischen bis zur englischen Grenze nur etwa 700 Mann, jetzt rücken die Kompagnien mit 0 Offizieren, 22 Unteroffizieren, 4 Hornisten und 154 Reitern aus — plötzlich den jetzt fast ganz von Truppen entblößten Süden, von Keetmanshvp bis Warmbad, wieder besetzen. Das zweite Bataillon folgt zehn Tage später und geht ebenfalls nach Swakvp- mnnd; es besteht hauptsächlich aus Süddeutschen und Sachsen und ist durch seinen „Meister" nachher so berühmt geworden. In jedem Bataillon ist der erste Zug der ersten Kompagnie, nur aus Pionieren zusammengesetzt, mit allem nötigen Gerät ausgerüstet und wird von einem Pivnier- vfsizier geführt.
Gleich auf dem Bahnhof bekam ich eine Anzahl von „Reitern" — die Leute heißen alle so, ohne Rücksicht, ob sie früher Infanteristen, Kavalleristen oder Artilleristeil nsw. waren — zu sehen. Sie waren mit dem Verladen des Gepäcks beschäftigt, sollten am Abend allsrücken und trugen schon die Feldnnifvrm. Ans aller Augen strahlte die freudige Erwartung, die jugendfrischen, kräftigen Gestalteil in der so kleidsamen und praktischen, den besondereil Verhältnissen des Landes, in dem die Truppe fechten soll, angepaßten Uniform machten einen überaus vorteilhaften Eindruck. Als altem Kriegssoldaten, der aber mit der Zeit fortgeschritten, lachte einem das Herz im Leibe vor Freude, wenn man Leute, Pferde, Waffen und Ausrüstung mit Kennerblick musterte und sah, wie sorgsam z. B. in der Ausrüstung alles durchdacht und ausgesührt ist, bis ins Kleinste. Wer unter unfern Südwestafrikanern einen Angehörigen oder Freund hat, um den er sich sorgt, dem kann ich die beruhigende Versicherung geben, daß, was Menschengeist vermag, alles für das Wohl der Leute nur Erdenkliche geschehen ist! Ja, die haben es besser wie wir 1870! Die Mängel, namentlich der Infanterie-Ausrüstung, in der noch heute so vieles zwecklos massig, schwer und unschön ist, sind ja bekannt; mancher verdiente Offizier hat sich, in der guten Absicht, sie zu beseitigen, um Kopf und Kragen geschrieben und doch nichts erreicht. Wenn so ein alter Gamaschenheld aus früherer Zeit jetzt unsere afrikanischen Regimenter sähe, ich glaube, er würde sich im Grabe umdrehen über den nach dein alten Zopf so „unmilitärischen" Anblick. Es sind noch nicht zehn Jahre her, da äußerte ich einem alten General gegenüber, daß die einzige Möglichkeit, in einem kommendeil