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von Siedlungen zu einem Ganzen, und die Bewohner ein und des­selben Gaues bilden, verbunden durch das Zusammenwohnen und die hierdurch bedingten gemeinsamen Lebensinteressen, die Gau- oder Dorfgemeinschaft.

Eine Siedlung besteht aus dem Gehöft (guman) und der Pflan­zung (üma). Die Gehöfte liegen im Innern, z. B. am Varzin, wo sich die Leute nach allen Richtungen hin ausdehnen können, oft weit von­einander ab und sind über den ganzen Gan zerstreut, so daß sie keine dorfartige Anlage in unserem Sinne bilden. Da sie außer­ordentlich versteckt und abseits vom Wege liegen, so würde man sie kaum wahrnehmen, wenn nicht die hochragenden Kokos- und Arekapalmen ihre Lage kenntlich machten. An der Küste und be­sonders auf den Inseln pflegt man sich infolge des Raummangels dichter beieinander zu siedeln. Ein Gehöft umfaßt in der Regel mehrere Hütten (pal na günei), die von verschiedenen Personen be­wohnt werden. In einer Hütte wohnt ein Ehepaar, während in den anderen Hütten junge Leute, meist Kinder des Ehepaares oder auch Einzelpersonen hausen. Letztere brauchen nicht notwendig zur Sippe der übrigen Bewohner zu gehören. In den Gauen, in denen die Bevölkerung durch Verfolgung oder Krankheit zusammengeschmolzen ist, stehen viele Gehöfte leer. So soll dasDorf" Taptavul am Var­zin 92 unbewohnte und 34 bewohnte Gehöfte umfassen.

Abseits vom Gehöft liegt die Pflanzung, auf die wir noch später zurückkommen werden.

Die Gauinsassen sind grundsätzlich gleichberechtigt, und eine Ständegliederung gibt es nicht l . Unbeschadet dieser Gleichberechtigung haben es einige reiche und entschlossene Männer verstanden, sich ein besonderes Ansehen zu verschaffen*, das sind die Häuptlinge (uviäna). In einigen Gauen bestehen besondere Oberhäuptlinge (a ngäla) und Kriegshäuptlinge (lüluai) 2 . In der Regel sind aber beide Würden in einer Person vereinigt, und der Eingeborene bezeichnet im all­gemeinen seinen Häuptling als denlüluai".

Die Macht und der Einfluß eines Häuptlings richtet sich nach seinen Gharakteranlagen und nach seinem Vermögen. Oft wird der

1 Die Sklaverei war ursprünglich unbekannt. Im Laufe der Zeit machte man die gefangenen Taulil und Bainingleute zu Sklaven.

2 Die jetzt von der Regierung eingesetzten und mit gewissen Autoritäts­befugnissen ausgestatteten Häuptlinge haben für uns keine Bedeutung, weil sie keine endemische Einrichtung dieses Volkes bilden.