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Die Mitglieder des Inietbundes verwenden bei ihren Zusammenkünften keine Masken und Kostüme. Sie übernehmen die Verpflichtung, sich gewisser Fleischspeisen, insbesondere des Schweinefleisches zu enthalten.
Der Ursprung des Iniet ist in Dunkel gehüllt, und über sein Wesen sind wir nur lückenhaft unterrichtet, denn der Eingeborene gewährt Fremden nicht gern einen Einblick in sein Innenleben. Die Berichte einzelner aber müssen mit großer Vorsicht aufgenommen werden.
Eine treffliche Schilderung gibt uns Parkinson 1 , der persönlich einigenInietversammlungen beigewohnt hat. Aber Parkinson selbst verkennt dabei nicht, daß die Eingeborenen sich in Gegenwart von Europäern Zwang antun und besonders in sexueller Beziehung zurückhaltend sind.
Eine wesentliche Rolle bei den Inietfesten und Zaubereien bilden Steingebilde aus hartem Stein, „to melemar" oder auch „malangar na iniet 0 genannt. Diese Gebilde, die in der Regel fabelhafte Tier- gestalten, aber auch menschliche Figuren obszöner Art darstellen, gelten als Wohnung mächtiger Inietgeister, und es besteht die Meinung, daß das Berühren, ja das bloße Anschauen eines solchen Steines den Tod bringt 2 . Auf alten Versammlungsplätzen, sog. Maravot- platzen, sind sie in der Erde vergraben.
Der Inietbund und seine Mitglieder üben eine geheime Gerichtsbarkeit aus, ähnlich wie die Femgerichte im Mittelalter. Bei ihren Exekutionen greifen sie sehr häufig zum Gift. Jeder Häuptling mußte früher dem Bunde angehören und blieb auch nach seinem Tode noch Mitglied-, er galt dann als mächtiger Bundesgenosse und Schutzgeist der lebenden Mitglieder, die sich besonders dann seiner Hilfe bedienten, wenn es galt, einen Feind oder Verräter aus dem Wege zu schaffen.
1 Vgl. hierzu Parkinson, a. a. 0. S. 598 ff.
2 Diese Steine sind nicht zu verwechseln mit den vielfach von den Eingeborenen aus Lehm nachgebildeten Steinen, die gern an Europäer verhandelt werden. Zur Zeit meines Aufenthaltes in Paparatava am Varzin wurden auf dem Grundstücke des Herrn Pflanzers Wolff Trümmer von alten Inietsteinen gefunden, die in meinen Besitz übergegangen sind (jetzt Lindenmuseum, Stuttgart). Wolffs Frau und Kind wurden im Jahre 1902 von Eingeborenen ermordet Vielleicht ist der Grund für diese Ermordung darin zu suchen, daß die Familie sich auf einem Maravotplatze, einem Heiligtume der Eingeborenen, angesiedelt hatte.